Das Pramac Racing Team glänzte vor dem Beginn der Saison nicht nur mit einem neuen Umweltkonzept und der Bezeichnung "Green Energy Team", sondern auch mit viel Ehrgeiz, Elan und großen Plänen. Mit Aleix Espargaro und Mika Kallio wollte man 2010 regelmäßig um die Top-8 Platzierungen kämpfen und damit das italienische Team mit Ducati Maschinen endlich als Top-Satellitenteam etablieren. Auf dem Papier wirkten die Voraussetzungen gut. Espargaro ging in seine erste volle MotoGP-Rookie Saison, nachdem er sich 2009 durch hervorragende Ergebnisse als Ersatzfahrer im Team empfohlen hatte. Für Kallio stand die zweite Saison in der Königsklasse an und die Ziele des Finnen waren: Konstanz, weniger Fahrfehler und Top-8 Plätze.

Der erste Fingerzeig

Die Testfahrten in Malaysia und Katar deuteten aber bereits an, dass es vielleicht doch schwieriger werden könnte, als erwartet, denn die Desmosedici GP10 erwies sich nicht als Liebe auf den ersten Blick, obwohl der erste Eindruck im November gut gewesen war. Die Zeiten waren okay, aber nicht im Top-8-Bereich. "Wir konnten uns verbessern, zugegeben, nicht ganz so viel wie wir erwartet hatten", hatte Kallio nach dem Nachttest in Katar angemerkt, bei dem er, für die Saison fast symbolisch, unbemerkt von allen mit leerem Tank auf der Strecke liegen geblieben war und vergebens nach Helfern suchte.

Rätselraten um Kallios Leistungen und Probleme mit der Ducati, Foto: Ronny Lekl
Rätselraten um Kallios Leistungen und Probleme mit der Ducati, Foto: Ronny Lekl

Dennoch reiste das Team optimistisch zum Saisonstart nach Katar und die nächsten Dämpfer folgten im Training für Aleix Espargaro, Platz 15 und in der Qualifikation für Mika Kallio, Platz zwölf. Im Laufe der Saison sollte sich traurigerweise herausstellen, dass Rang zwölf gar kein schlechtes Ergebnis war. Zuerst aber musste das Green Energy Team mit dem desaströsen Ergebnis von Katar fertig werden, denn mit einem Doppelausfall hatte keiner der Beteiligten gerechnet.

Die Reise nach Motegi musste aufgrund von Eyjafjallajökull verschoben werden, der Europa mit seinen Aschewolken lahm legte. Zeit also für Pramac Racing, sich für die nun zweite Station in Jerez zu sammeln und einen Neustart zu versuchen.

Das Saisonhighlight

Der Spanien Grand Prix begann so schlecht, wie Katar aufgehört hatte, doch er sollte für das Team das beste Saisonergebnis markieren. In Trainings und der Qualifikation war davon noch nichts zu ahnen. Aleix Espargaro stürzte in der Qualifikation für das Heimrennen, schaffte aber immer noch Platz 15 und schlug damit Teamkollege Kallio, der vom letzten Platz ins Rennen ging. Alle Vorzeichen standen auf einer Wiederholung des Katar-Rennens, doch das Blatt wendete sich mit dem Start. Zumindest für den Finnen, der sein bis dato bestes MotoGP-Rennen absolvierte und vom letzten Startplatz auf Rang sieben nach vorn fuhr. Das Geheimnis des Erfolges: Ein guter Start und ein Setup für seine Ducati, das ihm genug Vertrauen in die Maschine gab, um gegen Marco Melandri, Randy de Puniet, Alvaro Bautista, Marco Simoncelli und Colin Edwards zu kämpfen. Obwohl Espargaro auch im Rennen gestürzt war, an die Box fuhr und das Rennen mit drei Runden Rückstand doch noch beendete, sollte Jerez der einzige Lichtblick für Pramac und Kallio bleiben. Zwar schaffte sein spanischer Teamkollege es im Verlauf der Saison noch zweimal auf Rang acht, doch auch diese Ergebnisse reichten kaum, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden.

Zu viele Stürze für Aleix Espargaro, Foto: Milagro
Zu viele Stürze für Aleix Espargaro, Foto: Milagro

Abwärts

Es kehrte weiter kein Aufwärtstrend ein. Kallio, der eigentlich für die Ruhe und gute Konstanz im Team sorgen sollte, stürzte im Training von Le Mans unglücklich auf die Schulter, eine Verletzung die ihm, neben den Problemen mit der Ducati, für den Rest seiner Saison zu schaffen machte. Ähnlich wie Casey Stoner fehlte es dem Finnen an Vertrauen für die Front, wodurch er vor allem in der Qualifikation und den ersten Runden eines Rennens massive Probleme hatte. Anders als Werksfahrer Stoner, gab es für den 28-Jährigen aber nicht die Möglichkeit wieder die alte Vordergabel einzusetzen und so musste er sich erst einmal umstellen, wie er später erklärte. Doch die kleinen Änderungen und Kniffe, die im Laufe der Saison vom Team eingesetzt und ausprobiert wurden, brachten niemanden voran, die Motivation des Finnen sank, denn auf jeden kleinen Lichtblick, folgte der nächste Sturz oder Ausfall. Einzig in Laguna Seca, dem neunten Rennen der Saison, gab es mit Platz neun noch einmal ein gutes Ergebnis, das er sich auf der Ziellinie gegen Loris Capirossi erkämpft hatte. Dagegen standen aber drei weitere Ausfälle in Folge nach der Sommerpause und ein Pramac Team, das nicht wusste, wie es noch helfen könnte. Kallio gab das vorzeitige Ende seiner Saison bekannt, in Australien sollte er sein vorerst letztes MotoGP-Rennen bestreiten. Eine Ursachenforschung wird nie erfolgen, denn Pramac trennte sich gleichzeitig vom Finnen und änderte die Pläne mit jungen Fahrern eine Zukunft aufzubauen.

Zu jung, zu unerfahren, zu statisch

Denn auch Aleix Espargaro konnte sich nicht durchsetzen, obwohl er ab dem dritten Rennen in Frankreich konstant gute Ergebnisse holte und mit der Ducati besser zurecht kam. Regelmäßige Kämpfe mit seinen Rookie-Kollegen, konkurrenzfähige Rundenzeiten und gute Qualifikationen brachten einen Aufwärtstrend beim jüngsten MotoGP-Fahrer der Saison. Er sorgte für Konstanz und stimmte sein Team optimistisch, dass die Ducati doch zu bändigen sei. Nur bei den Heimrennen klappte es regelmäßig nicht für Espargaro, die Übermotivation spielte Streiche und sorgte für Stürze. Auf dem Sachsenring hatte Espargaro Pech, nach dem Rennabbruch nicht wieder starten zu dürfen oder vielleicht doch Glück, denn er hatte sich eine Halswirbel-Fraktur zugezogen. Dennoch gab Espargaro weiter Gas, doch trotz aller Bemühungen, das Vertrauen vom Team schwand und auch der Rookie-Bonus half nichts. In Italien und Australien holte der 21-Jährige mit zwei achten Plätzen seine besten Saisonergebnisse, die auch die besten seiner bisher kurzen MotoGP-Karriere sind.

Als Kallio-Ersatzfahrer sprang für die letzten beiden Saisonrennen Carlos Checa ein und obwohl dieser eine erfolgreiche Saison in der Superbike mit der Ducati-Satellitenmaschine hingelegt hatte, gab es nur ein vorzeitig abgebrochenes Rennen in Estoril und einen 15. Platz in Valencia.

Die Bilanz? Pramac Racing stellte mit Mika Kallio den schlechtesten Stammfahrer der Saison 2010, Platz 17 der Gesamtwertung, 43 Punkte. Die miserabelste Saison des Finnen seit seinem Einstieg in die Weltmeisterschaft 2002, sowohl was Ergebnisse betrifft, als auch die Qualifikationen. Wie Kallio hatte auch Aleix Espargaro sechs Ausfälle, der Spanier schaffte es aber öfter in die Top-10 und holte 65 Punkte. Dennoch bleibt auch er nicht als Nachwuchsfahrer bei Pramac, sondern geht, wie sein Teamkollege. Als Begrünung für das Scheitern beider Fahrer, benennt das Team zu wenig Erfahrung in der MotoGP und mit der Ducati. Wie aber kommt es dann, dass beide Fahrer 2009, als Kallio Rookie war und Espargaro Ersatzfahrer, mit der Desmosedici weitaus besser zurecht kamen, obwohl diese schwerer zu fahren war und instabil, sich selten schlechter als P11 klassierten? Beide Fahrer versuchten sich auf die GP10 umzustellen, andere Setup-Lösungen zu finden und mit dem zu arbeiten, was ihnen gegeben wurde - und beide scheiterten an der Aufgabe. Zudem mag Mika Kallio nicht der größte Entertainer im Fahrerlager sein, aber am technischen Verständnis mangelt es ihm nicht, darin sind sich alle im MotoGP-Zirkus einig. Pramac Racing sollte also, um nicht noch einmal eine Saison wie 2010 erleben zu müssen, auch schauen, ob auch das Team flexibel genug ist, Schwierigkeiten zu meistern.