Würden Sie Ihrer Frau jetzt Ihr Haus überschreiben, wenn Sie genau wüssten, dass Sie sie in wenigen Monaten verlassen wird? Nein? Warum also sollten die Hersteller ihren aktuellen Fahrern am Montag dann Teile für 2011 geben? Oder warum tun sie es in manchen Fällen dann doch?
Der Fall Valentino Rossi dürfe klar sein - wenn er geht, bekommt er keine Teile. Zum Narren halten lässt man sich bei Yamaha sicher nicht. Daher dürften von diesem Test wohl Jorge Lorenzo und Ben Spies am meisten profitieren, was auch logisch erscheint. Andererseits, darf man es sich leisten, einen Rossi auf der Zielgeraden noch zu verärgern? Seine größten Erfolge werden immer mit der Marke Yamaha verbunden sein, hieß es neulich. Aber hatte es so nicht auch schon mal bei Aprilia und dann bei Honda getönt? Und wenn ihm dann doch noch ein zwei Titel auf Ducati gelingen und er als Italiener als Botschafter dieser italienischen Edelmarke bleibt und es in diesem letzten halben Jahr noch Querelen Seitens Yamaha gegeben hat, dann wird die Verbindung mit dieser Marke doch schmutzbehaftet sein, nicht? Oder war es doch die Honda RC212V die so überlegen war, dass nur Rossi Weltmeister werden konnte?
In den anderen drei Fällen der großen Vier sieht die Lage nicht unbedingt großartig anders aus. Stoner geht zwar davon aus, dass Ducati, wenn sie am Montag tatsächlich Teile für 2011 haben sollten, er diese probieren darf. Aber er zweifelt ja selbst daran, dass Ducati etwas bringen wird. Warum auch, wenn wirklich Rossi kommt, wird der eh einiges über den Haufen werfen. Daher zieht sich Stoner locker flockig mit der Aussage; "Ich weiß es nicht" aus der Affaire. Ich wette, es wird kaum bahnbrechende Fortschritte bei ihm geben. Bei Nicky Hayden bin ich mir da nicht so sicher.
Offen und ungeklärt bleibt die Situation bei Honda und damit Dani Pedrosa und Andrea Dovizioso. Die Vertragsmisere und der Versuch eines Dreimannteams hier ist bekannt. Und auch so viel ist klar: Casey Stoner wird am Montag in Brünn die Honda noch nicht fahren. Aber alles weitere? Honda ist das größte der japanischen Werke und dort leistet man es sich noch nach alten japanischen Werten zu handeln. Dreht man dem Hersteller einmal den Rücken, braucht man im Normalfall nicht zurückkommen. Aber was wird nun? Passt das Dreierteam? Muss man Pedrosa rauswerfen? Wird der spanische Ölgigant Repsol das mitmachen? Und mit welcher Begründung kann man sich Pedrosas entledigen, schließlich ist er der Einzige, der für die Marke gewinnt. Trotzdem sagt er weiter, dass er nicht wisse, was am Montag getestet wird. Klar, er hat ja auch noch nicht unterschrieben. Würden Sie Ihrer Frau Ihr Haus überschreiben, wenn Sie genau wüssten, dass Sie sich am Abend des 7. November 2010 von Ihnen trennt?
Derzeit scheint auch eine große Investition in die aktuelle Saison wenig sinnvoll. Lorenzo liegt klar auf Titelkurs und kann sich nur selbst stoppen, die Teams werden für nächstes Jahr ordentlich durchgerüttelt. Macht es da wirklich noch Sinn, groß in die zweite Saisonhälfte zu investieren, wenn der Drops eh gelutscht ist? Und bei manch einem Hersteller bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob nicht die Saison 2011 schon abgeschrieben worden ist. Sicher, Ducati, die als erste getönt haben, dass sie das neue 1000ccm-Reglement ausnutzen würden, können es sich nicht leisten, 2011, mit Rossi an Bord, nichts zu tun. Aber Honda? Die haben nun so lange nichts gewonnen, da kommt es doch auf ein Jahr auch nicht an. Ich würde fast wetten, dass eben Honda in Japan am Reißbrett schon heftig am tüfteln ist. Aber so viel ist sicher: Das 1000ccm-MotoGP-Motorrad von Honda, die RC2012V, RC211Vb oder RC213V, ja vielleicht sogar CBR1000RR-V, wie auch immer sie dann heißen wird, sie wird am Montag in Brünn noch nicht getestet werden.
diese MotoGP Redaktion