In der Formel 1 fiel die Wahl für den ab der Saison 2018 fest vorgeschriebenen Cockpitschutz vergangenen Sommer auf den Halo. Der Titanbügel setzte sich schlussendlich gegen Shield durch. Die IndyCar ist noch auf der Suche nach einem geeigneten Konzept. Der Halo scheint dabei jedoch außen vor - stattdessen wird in den USA mit einer Scheibe experimentiert.

Erste Tests fanden diese Woche in Phoenix statt. Der als Windscreen, also schlicht als Windschutzscheibe, bezeichnete Cockpitschutz erinnert stark an den von der Formel 1 getesteten Shield. Sebastian Vettel hatte diesen vergangenes Jahr am Trainingsfreitag in Silverstone getestet.

Das Urteil des Ferrari-Piloten fiel jedoch vernichtend aus. Vettel klagte durch die Wölbung der Scheibe über Sichtprobleme: "Ich denke, dadurch, dass das Glas oder die Scheibe ein bisschen gebogen ist, wurde mir ein bisschen schwindelig. Es war ein bisschen so, als würde man schielend durch die Gegend fahren."

In der Königsklasse hatte sich das Konzept mit der Scheibe nach wenigen Metern erledigt. Die Folge war die Einführung des Halo. In der IndyCar scheint dieses System hingegen eine Zukunft zu haben. Der von der IndyCar designierte Testpilot, Scott Dixon, schloss sein Testprogramm im Gegensatz zu Vettel ab.

In der Formel 1 setzte sich das Konzept mit einer Scheibe bisher nicht durch, Foto: Sutton
In der Formel 1 setzte sich das Konzept mit einer Scheibe bisher nicht durch, Foto: Sutton

IndyCar-Champion Scott Dixon von Halo-Alternative begeistert

"Es gab keine Probleme. Natürlich ist es anders, wenn man durch etwas schaut, das so dick ist", so Dixon im Gespräch mit dem US-amerikanischen Motorsportportal Racer. "Ich hätte erwartet, dass es mehr Verzerrungen gibt. Es war aber nichts dergleichen."

Besonders begeistert war Dixon von der Sicht bei Nacht. "Als wir in der Früh gefahren sind, hatten wir den stärksten Wechsel zwischen starkem Sonnenlicht und Schatten hinter den Tribünen. Aber später, als die ganze Strecke im selben Licht stand, hat es sich noch besser angefühlt", so der 37-Jährige, der sich aber auch erst eingewöhnen musste.

"Am Anfang war es so, dass die Scheibe im Weg war und dein peripheres Sehen irritiert wurde. Das war für die Jungs im Simulator teilweise auch ein Problem, wenn du versuchst nah an die Mauer heranzufahren und nicht richtig spüren kannst, wie breit dein Auto ist oder wo genau du dich befindest."

Nach einer Weile hatte sich aber auch das erledigt. "Du schaust durch ein beträchtliches Stück Material hindurch und da dauert es einfach eine Zeit, bis sich deine Augen daran gewöhnt haben", fügt Dixon an.

Wie Halo in der Formel 1: IndyCar muss noch am Windscreen arbeiten

Der viermalige IndyCar-Champion und Sieger des Indy 500 von 2008 schaute beim Test nicht nur darauf, wie sich die Scheibe auf die Sichtverhältnisse auswirkt. "Wir brauchen etwas Kühlung, denn es gibt keinen Luftstrom mehr durch das Auto", erklärte er, dass die Scheibe für eine höhere Hitzeentwicklung sorgt.

Auch das Fahrgefühl sei durch den Windscreen ein etwas anderes: "Es ist sehr seltsam, wie still es ist. Du hast keine Windgeräusche, das Auto fühlt sich so ruhig an. Es ist so, als ob man in einem sehr gut gedämmten Luxusauto sitzt."

IndyCar-Test mit Windscreen: Onboard aus der Sicht des Fahrers (02:44 Min.)

Nachdem das Konzept seine Feuertaufe auf dem Oval bestanden hat, muss es sich noch auf den anderen Streckentypen der IndyCars beweisen. Dixon ist gespannt: "Ich denke, es wird auf den Road- und Straßenkursen interessant. Es geht um die Wahrnehmung der Kurven und wie du sie ansteuerst. Wir werden sehen, ob es da Probleme gibt, wenn du durch die Kurve schaust und eine feinere Blickführung hast."

Erster Windscreen-Test für IndyCar-Boss ein voller Erfolg

"Wir hatten den Test in drei Schritte unterteilt und wenn einer davon nicht funktioniert hätte, hätten wir es abgebrochen", so IndyCar-Sportchef Jay Frye gegenüber Racer. Dixon erprobte das System bei unterschiedlichen äußeren Bedingungen.

"Wir konnten alle drei Schritte erfolgreich durchführen - Tageslicht, Morgen- sowie Abenddämmerung. Das war also ein echt guter Tag", so Frye weiter. Der Test auf dem eine Meile langen Tri-Oval in Arizona war die Premiere des Windscreens in der realen Welt.

"Wir hatten ihn im Simulator und im Windkanal, aber ihn auf der Strecke zu haben und ein richtiges Feedback von einem Fahrer zu bekommen ist eine andere Geschichte. Und Scott ist zweifelsohne einer der Besten, also war es großartig seinen Input zu haben."

Um das Konzept näher an die Serienreife zu bringen, muss die IndyCar noch einige weitere Tests durchführen. "Es wird wohl der nächste Schritt, auf einen Road- oder einen Straßenkurs zu gehen", erklärte Frye. Die Basis stimmt unter dem Strich aber: "Wir konnten ein paar Dinge lernen, die uns helfen werden. Nicht so sehr was die Optik angeht, sondern die Anpassungen an das Auto.

In der US-amerikanischen Top-Formelrennserie ist noch kein Einführungstermin für den Cockpitschutz festgelegt worden. Mit Justin Wilsons Unfall im Jahr 2015 hatte die IndyCar den letzten durch eine Kopfverletzung verursachten Todesfall im Formelsport zu beklagen, weshalb ein zusätzlicher Schutz für die Fahrer nur noch eine Frage der Zeit ist.