Dieses Rennauto ist ein echter Hingucker: BMW hat am Montagmorgen seinen neuentwickelten LMDh-Rennwagen für den Einstieg in die US-amerikanische IMSA-Serie ab 2023 der Weltöffentlichkeit präsentiert. Der Bolide hört auf den Namen 'BMW M Hybrid V8' und gibt sein Renndebüt bei den 24 Stunden von Daytona im Januar kommenden Jahres.

In der neuen LMDh-Klasse (Le Mans Daytona hybrid) trifft BMW ab 2023 auf Porsche, Acura und Cadillac, 2024 stoßen mit Lamborghini und Alpine zwei weitere Marken hinzu. Der Autobauer aus München hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, im Debütjahr der LMDh-Ära nur in der IMSA-Serie antreten zu wollen. Spätere Engagements in der WEC mit den 24 Stunden von Le Mans und dem Wettbewerb mit den LMH-Hypercars (u.a. Toyota, Ferrari, Peugeot, Glickenhaus) sind eine Option.

Neuer BMW M Hybrid V8 mit altem DTM-Motor!

Der Name des BMW M Hybrid V8, zunächst in einer Test-Lackierung zum 50.-jährigen Jubiläum der BMW M GmbH präsentiert, gibt einen eindeutigen Hinweis auf die Motorisierung des Langstrecken-Prototypen. Unter der Haube schlummert neben dem für alle LMDh einheitlichen Hybridsystem von Bosch, Williams und Xtrac ein V8-Motor aus eigenem Hause. BMW hält sich in seiner Pressemitteilung vornehm mit technischen Details zurück, doch tatsächlich handelt es sich um ein stark überarbeitetes Aggregat aus vergangenen DTM-Zeiten!

Konkret dient als Basis ein Vierliter-V8-Saugmotor aus der DTM-Ära von 2012 (BMW-DTM-Rückkehr) bis Ende 2018 (V8 durch Turbo abgelöst). BMW gewann 2012 mit Bruno Spengler und 2014 sowie letztmals 2016 durch Marco Wittmann die Fahrer-Meisterschaft in der Tourenwagenserie.

BMW-Motorsportchef: "Bester Kompromiss für den Motor"

Das Aggregat mit der internen Bezeichnung P66 erhielt nach der Saison 2016 ein technisches Update und leistete zuletzt rund 500 PS. Der neu gegossene V8-Motor erhält für das LMDh-Projekt einen Turbolader und Direkteinspritzung. In der LMDh-Kategorie beträgt die maximal erlaubte Systemleistung 680 PS.

"Aus Sicht des Reglements und wie sich die Leistungskurve verhält, haben wir untersucht, was der beste Motor sein könnte", sagte der von Audi zu BMW gewechselte Motorsportchef Andreas Roos bei Sportscar365. "Die Untersuchungen haben gezeigt, dass wir den V8 aus der DTM als Basis mit einem Turbolader nutzen können. Das ist der beste Kompromiss für einen solchen Motor." Der umgebaute V8-Turbo läuft seit einer Weile auf dem Prüfstand, der Rollout soll nach Informationen von Motorsport-Magazin.com im kommenden Monat über die Bühne gehen.

Foto: BMW M Motorsport
Foto: BMW M Motorsport

BMW hatte mehrere Motoren-Optionen

Interessant: BMW M Motorsport hat sich bei der Motorenwahl für ein älteres Modell entschieden, obwohl in der DTM ab 2019 ein neuer Zwei-Liter-Turbo den arrivierten V8 ablöste. Der neuere Motor reicht von der Basis her zwar näher an die vom LMDh-Reglement geforderte Leistung heran, galt aber stets als äußerst anfällig für Schwingungen. Mit diesem Problem hatte BMW massiv während des zweijährigen Einsatzes in der DTM zu kämpfen - Konkurrent Audi dominierte mit seinem Turbo-Motor das Geschehen nach Belieben.

Ein V8-Motor gilt unterdessen als sichere Bank auf der Langstrecke: zuverlässig, hohe Laufleistung und mit einem breiten Leistungsspektrum ausgestattet. Warum sich BMW für den älteren DTM-Motor entschied statt den 2018 entwickelten P63-Motor aus dem BMW M8 GTE - ein V8 mit Twinturbo und bis zu 600 PS Leistung - zu nutzen, war zunächst unklar.

Mit dem sportlich wenig erfolgreichen und zudem sehr teuren BMW M8 GTE starteten die Münchner nur 2018 und 2019 bei den 24 Stunden von Le Mans, bevor der Europa-Stecker gezogen und das Engagement komplett in die IMSA verlegt wurde.

Roos über die Motorenwahl für das LMDh-Auto: "Man muss einiges am Motor ändern, weil er aufgeladen wird. Der DTM-Motor wurde 2012 entwickelt, vor einiger Zeit, also gibt es einige Dinge, die wir ändern mussten. Die ersten Läufe wurden mit dem Basismotor gefahren, und jetzt gibt es einige Updates. Es sieht gut aus und ich denke, es ist ein guter Weg, um die Vorschriften in Bezug auf die Leistungskurve zu erfüllen."

Foto: BMW M Motorsport
Foto: BMW M Motorsport

Van Meel: "Der BMW M Hybrid V8 ist ein BMW!"

Aus optischer Betrachtungsweise hinterlässt der BMW M V8 Hybrid weniger Fragezeichen. Die riesengroße Niere an der Front identifiziert den Prototypen eindeutig als ein Produkt aus der bayerischen Hauptstadt. Weitere Elemente wie der 'Hofmeister-Knick' an den Seitenscheiben und die Außenspiegel sollen an die sportlichen Serienprodukte erinnern.

Das Chassis musste BMW aus einer vorgegebenen Palette der aktuellen LMP2-Lieferanten wählen, die Wahl fiel schon am 08.September 2021 auf Dallara in Italien. Für den damaligen Geschäftsführer der BMW M GmbH, Markus Flasch war entscheidend, "dass Dallara mit all seiner Expertise und Erfahrung unbedingt mit BMW M Motorsport zusammenarbeiten wollte. Sie teilen mit uns unsere Leidenschaft, unsere Professionalität und unseren großen Ehrgeiz im Motorsport, ab 2023 eine neue Erfolgsstory in der Historie von BMW M Motorsport zu schreiben". Jeder Hersteller kann die Außenhaut in gewissen Bereichen nach eigenen Wünschen gestalten.

"Die kritischste Aufgabe und die größte Herausforderung für das Designteam im LMDh-Programmdesignteam bestand darin, dass der Prototyp klar als BMW M Motorsport Fahrzeug erkennbar sein muss", sagt Franciscus van Meel, CEO der BMW M GmbH. "Und ich kann allen Fans sagen, nur ein Blick genügt, um zu bestätigen, dass der BMW M Hybrid V8 ein BMW ist. Er trägt eindeutig die Gene von BMW M in sich. Ich kann es kaum erwarten, den BMW M Hybrid V8 bald auf der Strecke zu sehen."

Foto: BMW M Motorsport
Foto: BMW M Motorsport

Wer fährt die BMW M Hybrid V8 - und wann und wo?

Noch ist nicht bekannt, wo die ersten Strecken-Testfahrten stattfinden. Obwohl das Auto zunächst nur in der IMSA-Serie eingesetzt wird, sollen die ersten Tests nach Informationen von Motorsport-Magazin.com in Europa ausgetragen werden. Dabei ist ein Testträger im Einsatz.

In der IMSA sollen ab 2023 zwei Rennwagen eingesetzt werden. BMW blickt in der US-Rennserie auf eine lange GT-Historie am wichtigen US-Markt zurück, den einzigen Sieg in Le Mans errang 1999 ein vom Schnitzer-Team eingesetzter BMW V12 LMR. Das Einsatzteam – seit 2009 ist Rahal Letterman Lanigan (RLL) Racing für die Werkseinsätze in Nordamerika verantwortlich - und das ist die Mannschaft aus Hilliard/Ohio auch 2023.

Dagegen sind die Fahrer öffentlich noch nicht bekannt. Der aktuelle Werks-Fahrerkader besteht auch 19 Piloten, wovon - wie schon in der Vergangenheit - wohl acht bei den längeren Distanzen wie 10, 12 oder 24 Stunden muss Einsatz kommen sollen. Schaut man sich das bestehende Fahrer-Line-up an, gibt es gleich sieben Piloten, die seit ihrer Verpflichtung mindestens ein IMSA-Langstreckenrennen gewonnen haben, darunter die beiden US-Boys Connor De Phillippi und John Edwards sowie Philipp Eng, Augusto Farfus, Jesse Krohn, Alexander Sims und Bruno Spengler.

Foto: BMW M Motorsport
Foto: BMW M Motorsport

Dass sie zu den Kandidaten zählen könnten, hat van Meel bereits am Rande des letztjährigen IMSA-Saisonfinales (Petit Le Mans) in Braselton vielsagend angedeutet, als er davon sprach, dass BMW M Motorsport bei der Auswahl der Werksfahrer auf Erfahrung, Klasse und Kontinuität setzen werde, also genau die Kriterien, die „die glorreichen Sieben“ verkörpern. Laut van Meel brauche man für solch ein Projekt Fahrer, „die Rennserien und Rennstrecken sehr gut kennen und sich voll darauf konzentrieren können, regelmäßig die maximale Performance aus dem Gesamtpaket herauszuholen.“

Dazu zählen möglicherweise auch noch Sheldon van der Linde, Nick Yelloly und Marco Wittmann, die sich ebenfalls schon mit guten Leistungen in der IMSA-Serie und bei Langstreckenrennen für das IMSA-Programm empfohlen haben. Sicher ist: Die Zeit drängt! Das erste Rennen (24h Daytona 2023) steht bereits in weniger als acht Monaten an.