Digital statt real: In einem packenden Finale hat das URANO eSports Team die Meisterschaft in der Digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie gewonnen. Im fünften und letzten Saisonrennen reichte Alexey Nesov und Sebastian Schmalenbach der dritte Platz zum Titelgewinn.

Das Team Williams Esports Razer, das vor dem Finale die Tabelle anführte, musste sich bei nur zwei Punkten Rückstand mit Gesamtplatz zwei zufrieden geben, die Top-3 komplettierten das Team HRT by UoL. Das Besondere hierbei: Alle drei Teams waren auf der virtuellen Version des aus dem realen Rennsport bekannten Mercedes-AMG GT3 unterwegs.

Jan Seyffarth, früherer Rennfahrer und Projekt-Manager des virtuellen Motorsports bei Mercedes-AMG, zeigt sich begeistert von dem Erfolg: "Wir sind seit fast zwei Jahren im E-Sports aktiv und haben unser Ziel, uns zu platzieren und etablieren eindrucksvoll erreicht." Mercedes-AMG konnte damit seinen Titel aus der Saison 2021/22 verteidigen.

Seyffarth, ehemaliger Podestfahrer beim 24h-Rennen am Nürburgring: "Wir haben uns in der Szene einen Namen gemacht." Das Projekt sei aber noch lange nicht am Ende, betont der 36-Jährige. "Neben der Formel 1 und dem GT-Sport ist Sim Racing zur dritten Säule von Mercedes-AMG Motorsport geworden. Wir wollen das Thema weiter pushen und das enorme Potenzial dieses Marktes voll ausschöpfen. Das Besondere an der DNLS ist, dass Fahrer aus dem virtuellen Motorsport mit realen Fahrern zusammenarbeiten. Wir unterstützen die Teams so gut es geht und sorgen dafür, dass sie aus dem Vollen schöpfen können."

Platz 3 bei den 24h am Nürburgring 2018: Seyffarth wusste auch im realen GT3 aufzutrumpfen, Foto: Mercedes
Platz 3 bei den 24h am Nürburgring 2018: Seyffarth wusste auch im realen GT3 aufzutrumpfen, Foto: Mercedes

Trotz Prototypen-Boom: Fokus bleibt auf Formel 1

Mit dem seit Jahren höchst erfolgreichen Engagement in der Formel 1, dem Kundensportprogramm bestehend aktuell aus GT3 und GT4 sowie eSports wird der Performance-Marke aus Affalterbach sicherlich nicht langweilig, doch etwas fehlt noch im AMG-Portfolio: ein Projekt im aktuell enorm boomenden Langstrecken-Prototypen-Sport.

Die deutsche Konkurrenz um BMW und Porsche geht seit diesem Jahr mit LMDh-Autos in der IMSA bzw. WEC an den Start und misst sich mit US-Großkonzernen oder Ferrari, das an diesem Wochenende seine Rückkehr in die Topklasse der WEC gibt. Die 24 Stunden von Le Mans mit einer riesigen Fülle an Marken werden weltweit mit großer Spannung erwartet.

Seit den berühmten Unfällen 1999 in Le Mans, bei denen die Mercedes-Benz CLR ohne Außeneinwirkung abhoben und sich überschlugen, ging kein Mercedes-Bolide mehr an den Start. Christoph Sagemüller, Leiter Mercedes-AMG Motorsport, zeigt sich interessiert - allerdings nur persönlich: "Als Motorsport-Enthusiasten sind wir sehr neugierig und das Momentum, das wir gerade beobachten können, ist fantastisch. Für uns aber bleibt die Formel 1 die Speerspitze des Motorsports."

Die silbernen Wagen gingen das letzte Mal in den 90er-Jahren in Le Mans an den Start, Foto: LAT
Die silbernen Wagen gingen das letzte Mal in den 90er-Jahren in Le Mans an den Start, Foto: LAT

Mercedes-AMG: Mit GT3-Autos in Le Mans?

Einen Einstieg in die LMDh-Klasse analog zu BMW und Porsche schließt Sagemüller derzeit aus. Bei Mercedes setzt man neben der Formel 1 weiter auf den GT-Kundensport: "Wir haben in den letzten zehn Jahren ein umfangreiches Kundensportprogramm aufgebaut. Darauf werden wir uns auch in Zukunft fokussieren."

Öffnet sich für Mercedes-AMG vielleicht ein anderes Fenster, um nach Le Mans zurückzukehren? Ab 2024 werden die teuren GTE-Prototypen durch die deutlich kostengünstigeren GT3-Fahrzeuge ersetzt. Mercedes-AMG behalte Le Mans deshalb auch im Auge. Kundensportleiter Stefan Wendl: "Wir befinden uns in Gesprächen mit dem ACO, wissen aber noch nicht, ob wir Kunden entsenden könnten."

Die Herausforderung ab 2024: Hersteller wie Ferrari, Chevrolet, Porsche oder Lamborghini, die sich in der Hypercar-Klasse engagieren, dürften Priorität in der GT3-Kategorie genießen.

Sehen wir den Mercedes GT3 auch bald auf der Mulsanne-Straight im Sonnenuntergang?, Foto: Mercedes-Benz AG
Sehen wir den Mercedes GT3 auch bald auf der Mulsanne-Straight im Sonnenuntergang?, Foto: Mercedes-Benz AG

Mercedes-AMG GT2 in der Mache

Während Le Mans bei Mercedes-AMG noch Zukunftsmusik ist, steht das nächste Projekt in den Startlöchern: der Mercedes-AMG GT2. Wann genau das für den reinen Amateur-Sport konzipierte Fahrzeug sein erstes Rennen bestreitet, steht noch nicht fest. Aktuell hat der GT2-Mercedes rund 7.000 Test-Kilometer auf dem Buckel. "Die Autos werden im Laufe der Saison geliefert. Wir hängen an dieser Stelle von unserer Lieferkette ab", erklärt Wendl.

Das Investment in die GT2-Entwicklung sei aber definitiv der richtige Weg. "Die GT2 sind eine sehr wichtige Erweiterung für unser Kundensport-Programm. Wir sehen eine hohe Nachfrage in dieser Klasse. Nach der Präsentation haben wir zahlreiche Anfragen bekommen, das zeigt uns, dass das die richtige Richtung ist", so AMG-Leiter Sagemüller.