Schon jetzt ein heißer Anwärter auf das Duell des Jahres im Motorsport: Der wahnsinnige und waghalsige Zweikampf der beiden Porsche-Fahrer Mathieu Jaminet und Laurens Vanthoor um den Klassensieg bei den 24 Stunden von Daytona 2022. Jaminet im #9 Porsche 911 GT3 R behielt die Oberhand gegen den KCMG-911er mit der Startnummer #2 und führte das Team Pfaff Motorsports zum Triumph in der neugeschaffenen GTD-Pro-Kategorie.

Das kontaktreiche Duell in den letzten beiden Runden hätte zu einem völligen Debakel aus Sicht von Porsche Motorsport führen können, viele Zuschauer wären angesichts der Härte nicht überrascht gewesen über einen doppelten Ausfall.

Ganz so arg kam es bekanntermaßen nicht, doch auf den sichergeglaubten Doppelsieg musste der Autobauer aus Zuffenhausen verzichten. Vanthoor drehte sich beim letzten Versuch, Jaminet die Führung abzuknöpfen, auf der Strecke und verlor Platz zwei an den im Vorfeld des Rennens gefürchteten Ferrari 488 GT3 von Risi Competizione. So überquerte der Belgier, in Daytona der schnellste aller GTD-Pro-Fahrer, die Ziellinie 'nur' als Dritter.

"Holy Shit", kommentierte Jaminets Pfaff-Teamkollege Matt Campbell das durchaus episch anmutende Rad-an-Rad-Duell in den letzten beiden Runden auf dem Daytona International Speedway. "Ich war lange Zeit ruhig, wusste aber, dass es wild werden würde. Ich kenne ja beide Fahrer. Und einer musste gewinnen. Ich habe wirklich noch nie so laut geschrien!"

Über viele Runden und insgesamt 17 Full-Course-Yellow-Phasen hinweg hatte sich ein enges Duell zwischen den beiden stark besetzten Porsche abgezeichnet. Irre wurde es nach Jaminets letztem Boxenstopp, als er mit einer halben Sekunde Vorsprung vor Vanthoor auf die Strecke zurückkehrte. Der KCMG-Pilot ging mehrfach robust zu Werke und übernahm in der vorletzten Runde sogar die Führung.

Doch Jaminet war in diesem Moment ebenfalls kein Kind von Traurigkeit und konterte im letzten Umlauf. Vanthoor probte einen finalen Aufstand gegen den drohenden zweiten Platz, drehte sich nach einem Kontakt aber von der Strecke. Jaminet hatte Glück, blieb von einem Reifenschaden verschont und überquerte die Ziellinie als Erster.

"Die letzten zwei Runden waren die stressigsten meines Lebens", sagte Jaminet, der sich den Pfaff-Porsche mit Matt Campbell und dem früheren Formel-1-Piloten sowie heutigem Porsche-Werksfahrer Felipe Nasr teilte. Der Brasilianer, der ab 2023 einen LMDh-Porsche steuern wird, konnte gleich bei seinem ersten Renneinsatz im 911er eine der begehrten Rolex-Uhren abstauben. Nasr: "Ich hatte nur das Ziel, es nicht zu verkacken. Ich denke, das ist mir gelungen."

Der Mann des Rennens zwar zweifelsohne Jaminet. "Was für ein verrückter Kampf", sagte er während der Sieger-Pressekonferenz. "Wir wissen alle, wie gut Laurens ist. Er zählt zu den besten GT-Fahrern der Welt. Wir hatten einen tollen Fight, es war an der Grenze, vielleicht auch mal drüber. Aber wir wollten es bis zum Ende schaffen und in der letzten Schikane war es wirklich crazy."

Der verlorene Doppelsieg in der prestigeträchtigen GTD-Pro-Kategorie dürfte ein Thema bei der Nachbesprechung von Porsche Motorsport gewesen sein. Gewonnen haben die Zuffenhausener dafür neben der Herzen der Motorsport-Fans auch den Klassensieg in der GTD-Kategorie, in der sich der Wright Motorsports Porsche 911 GT3 R (Hardwick/Heylen/Lietz/Robichon) durchsetzen konnte. Für Porsche waren es die Klassensiege Nummer 79 und 80 in Daytona.

Foto: Porsche AG
Foto: Porsche AG

Und Vanthoor, der bereits Siege bei den 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, in Spa-Francorchamps und in Le Mans auf dem Konto hat? "Ich wollte auch endlich mal das 24-Stunden-Rennen in Daytona gewinnen, um das Quartett zu komplettieren", wurde er in einer Porsche-Pressemitteilung zitiert. "Ich habe am Ende alles darangesetzt, dieses Ziel zu erreichen. Ich habe alles versucht. Es ist leider daneben gegangen. Die Szenen aus den letzten Runden werden mir ganz sicher noch unzählige Male durch den Kopf gehen. Auf dem Weg zurück in die Boxengasse habe ich geheult: alles versucht, aber nicht gesiegt."