Der deutsche Automobilhersteller Porsche erlebte 2023 mit seinen Autos die mit Abstand erfolgreichste Saison seiner seit 2019/20 eingeschlagenen Formel-E-Laufbahn. Sechs Siege, 18 Podestplätze und zwei Pole Positions konnte der neue Porsche 99X in 16 Saisonrennen sammeln. In den drei Formel-E-Jahren zuvor ergatterte nur ein einziges Mal ein Porsche-Fahrzeug den obersten Podestplatz.

Beim Saisonfinale 2023 in London Ende Juli kürte sich dann sogar Jake Dennis mit Porsche-Power zum Weltmeister. Einziger Haken am Triumph: Es war schlussendlich kein Werks-Porsche, der in Großbritannien den Titel-Triumph feiern konnte, sondern ein Kundenauto vom US-Traditionsrennstall Andretti.

Jake Dennis beim Formel-E-Rennen in London
2023 triumphierte zwar ein Porsche, das Werksteam ging jedoch leer aus, Foto: DPPI/Hankook

Steiner: "Wollen mehr als nur Fahrzeug für den Weltmeister stellen"

Zwar freute man sich auch bei Porsche über den Erfolg des eigenen Autos in den Händen des neuen Kundenteams von Michael Andretti - ein hauseigener WM-Titel durch Wehrlein oder Teamkollege Antonio Felix da Costa wäre dem Team um Teamchef Florian Modlinger aber sicherlich noch eine ganze Spur lieber gewesen...

Dass ein Kundenteam in der Formel E nicht noch einmal dem Werksteam den Rang ablaufen soll, das machte Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner höchstpersönlich vor Kurzem deutlich. "Wir wollen unbedingt die 24 Stunden von Daytona gewinnen, Le Mans ebenso. Und in der Formel E wollen wir mehr als nur das Fahrzeug für den Weltmeister stellen. Wir wollen den Teamsieg holen und haben uns Großes vorgenommen", sagte er bei der traditionellen Porsche Night of Champions in Weissach, bei der auch Motorsport-Magazin.com zu Gast war.

Porsche AG Vorstand für Forschung und Entwicklung der Porsche AG.
Klares Ziel vor Augen: Porsche-Entwicklungsvorstand Michael Steiner, Foto: Porsche Media

Wehrleins Titel-Attacke: "Haben sehr gute Chance"

Wehrlein, der seit 2021 für das Porsche-Werksteam in der Formel E fährt und sich in der Saison 2023 mit dem vierten Platz begnügen musste, war optimistisch, dass es im zweiten Jahr mit den Gen3-Autos klappen kann. "Ich denke, wir haben eine sehr gute Chance", sagte der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer in einer Online-Medienrunde an diesem Donnerstag, an der auch Motorsport-Magazin.com teilnahm, angesprochen auf die Titelchancen für 2024. Das Potenzial sei definitiv da, war der 29-jährige Familienvater überzeugt.

Als Knackpunkt für den gescheiterten Titel-Anlauf 2023 machte Wehrlein das Qualifying aus, die seit längerer Zeit bekannte Porsche-Großbaustelle "Das hat uns insgesamt die Meisterschaft gekostet", hielt er fest. Zu Beginn der Saison habe das Porsche-Team die schwachen Qualifyings mit starker Rennpace zwar noch ausgleichen können, aber: "Gegen Ende der Saison hatten wir ein paar schwache Qualis und jeder hatte mit dem Gen3-Auto dazugelernt. Da war es dann nicht mehr so leicht, nach vorne zu fahren. Wir konnten zwar Plätze gutmachen, aber von P15 gewinnst du kein Rennen."

Bekommt Porsche das Qualifying in den Griff?

Dementsprechend sei das Qualifying nächste Saison entscheidend. "Ziel muss es sein, uns konstant in den Top-6 oder Top-8 zu qualifizieren, denn von da gewinnt man Rennen oder kann konstant aufs Podest fahren", gab Wehrlein die Marschroute für die ambitionierte Porsche-Truppe vor. "Das müssen wir in der kommenden Saison erreichen, dann haben wir sehr gute Chancen."

Dass die Gen3-Autos für 2024 aus Kostengründen technisch unverändert bleiben, stellte für den DTM-Meister von 2015 kein Hindernis da. "Für unseren Hauptbereich, das Qualifying, gibt es vieles, was man am Auto machen kann. Das Setup, da gibt es gefühlt Millionen von Optionen. Dann die Software, die sehr wichtig in der Formel E ist und mehr Performance bringt als das Setup."

Rene Rast und Pascal Wehrlein crashen bei Formel-E-Finale in London
Im Saisonendspurt gelang Porsche und Pascal Wehrlein nicht mehr viel, Foto: LAT Images

Starke Porsche-Konkurrenz in der Formel E

Dass der erneute Angriff auf den WM-Titel kein Selbstläufer wird, war für Wehrlein angesichts der starken Konkurrenz klar. "Der Wettbewerb ist stark. Es gibt vier Porsche-Autos, Jaguar war sehr stark in den letzten Saisons, auch DS", rechnete Wehrlein vor, dass es wegen der Konstellation aus Werks- und Kundenteams mindestens zehn Titelaspiranten gebe.

Dennoch ist klar: Eine Wiederholung der letzten Saison, als Wehrlein und Porsche im letzten Saisondrittel einbrachen und die Gegnerschaft ziehen lassen mussten, soll es nicht mehr geben. "Wir haben in der letzten Saison lange Zeit geführt, nur nicht dann, als es wirklich zählte", so Wehrlein.