Nick Cassidy (Envision) hat die Schleichfahrt von Portland gewonnen. Der Neuseeländer gewann das Debütrennen der Formel E auf dem IndyCar-Kurs im US-Bundesstaat Oregon vor Jake Dennis (Andretti) und Antonio Felix da Costa (Porsche). Beim Zieleinlauf nach 32 Runden inklusive zweier Safety-Car-Phasen trennten die Top-3 nur 1,1 Sekunden.

Cassidy feierte seinen dritten Saisonsieg und den sechsten Podestplatz im zwölften Rennen der Saison 2023. Der Neuseeländer hatte das Rennen vom zehnten Startplatz aufgenommen, sich früh durch das Feld nach vorne gearbeitet und in der dritten Runde erstmals die Führung übernommen. Das Rennen entwickelte sich zur erwarteten Energiespar-Schlacht, in der zunächst kein Fahrer führen wollte. Zwischen den Safety-Cars wechselte sich die Spitze mehrfach ab.

Formel E: Dennis neuer WM-Spitzenreiter

Die erste Rennhälfte wurde durch zwei lange Safety-Car-Phasen in Folge von Ausfällen des Mahindra-Piloten Roberto Merhi sowie Nico Müller (Abt-Cupra) unterbrochen. Pole-Setter Dennis eroberte beim Heimspiel seines US-Teams Andretti mit P2 die Führung in der Weltmeisterschaft. In der letzten Runde überholte er den eifrig verteidigenden Felix da Costa, für Cassidy reichte es trotz eines leichten Energie-Vorteils aber nicht mehr. Der Brite führt vor den letzten vier Rennen der Saison mit 154 Punkten. Rennsieger Cassidy übernahm den zweiten Platz mit 153 Zählern.

Der bisherige WM-Spitzenreiter, Pascal Wehrlein (Porsche), musste sich nach einem schwierigen Qualifying und Startplatz 18 am Ende mit dem achten Platz begnügen. Dadurch fiel der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer mit 138 Punkten auf den dritten Gesamtrang zurück. Der bestplatzierte deutsche Fahrer war Maximilian Günther (Maserati) auf Platz sechs nach Start von P5. Rene Rast (Startplatz vier) musste sich mit P15 außerhalb der Punkteränge begnügen. Auch Andre Lotterer (Andretti) ging mit P19 leer aus.

Hinter den Top-3 sammelte Mitch Evans (Jaguar) als Vierter gute Punkte. Der Neuseeländer war von P20 gestartet, weil er das Qualifying wegen eines technischen Problems verpasst hatte. Sebastien Buemi (Envision), Günther, Lucas di Grassi (Mahindra) und Wehrlein komplettierten die Top-8. Der von Platz drei gestartete Norman Nato (Nissan) und Robin Frijns (Abt-Cupra) staubten als Neunte und Zehnte die letzten WM-Zähler ab. Jaguar-Pilot Bird fiel wegen einer 5-Sekunden-Zeitstrafe nachträglich vom siebten auf den 17. Platz zurück.

Nach dem USA-Gastspiel kehrt die Formel E für die letzten beiden Doppel-Rennen des Jahres nach Europa zurück. Rom (15./16. Juli) und das Saisonfinale in London (29./30. Juli) beschließen die neunte Saison in der Geschichte der Elektro-Rennserie.

Formel E in Portland: So lief das Rennen

Die Startaufstellung: Jake Dennis sicherte sich die Pole Position und übernahm durch die 3 Extra-Punkte automatisch die WM-Führung von Pascal Wehrlein. Der Porsche-Pilot kam im Qualifying nicht über den 18. Platz hinaus. Titelanwärter Mitch Evans musste wegen eines technischen Problems gar komplett auf die Zeitenjagd verzichten. Die beiden DS Penske von Stoffel Vandoorne und Jean-Eric Vergne wurden wegen einer Strafe in die letzte Startreihe verbannt. Mit Rene Rast (P4), Maximilian Günther (P5) und Andre Lotterer (P8) schafften es drei Deutsche in die Top-8 der Startaufstellung.

Der Start: Das gesamte Feld schlich geradezu durch die ersten Kurven! Niemand wollte Pole-Setter Jake Dennis überholen. Rene Rast setzte sich von P4 vorbei an Norman Nato und übernahm die dritte Position. Nick Cassidy gaste mehr an und verbesserte sich vom zehnten bis auf den fünften Platz, bevor Felix da Costa am Envision vorbeiging und sich auf P5 festsetzte. In der zweiten Runde fielen die Rundenzeiten bereits um rund 5 Sekunden. Wehrlein beendete die zweite Runde auf dem 16. Platz.

Die erste Rennhälfte: In der 3. Runde holten sich gleich neun Fahrer den ersten Attack Mode des Rennens ab. Cassidy übernahm in der selben Runde erstmals die Führung von Dennis, bevor der Neuseeländer ebenfalls einen Attack Mode zündete. Nato erbte den ersten Platz vor Felix da Costa und Dennis. Nach einem Ausfall von Roberto Merhi rückte das Safety Car zur 4. Runde aus.

Die Rennleitung gab das Rennen zu Beginn der 8. Runde wieder frei. Sacha Fenestraz musste von P6 in die Box abbiegen, um sich nach einem Kontakt mit Teamkollege Nato einen neuen Frontflügel abzuholen. Acht Fahrer aktivierten umgehend ihren Attack Mode - den wollen die meisten Fahrer inzwischen so früh wie möglich aufbrauchen. Die Abt-Fahrer Müller und Frijns standen wegen einer Kollision unter Beobachtung der Rennleitung (No Further Action). Andre Lotterer fiel in Runde 8 wegen eines zunächst unbekannten Problems bis ans Ende des Feldes zurück.

In Runde 10 crashte Nico Müller auf der Geraden auf dem Weg zu Turn 10 und beschädigte seinen Abt-Cupra kapital. Das sorgte für die zweite Safety-Car-Phase des Rennens, während der Schweizer sein Auto selbstständig verlassen konnte. Die Top-10 zu diesem Zeitpunkt: 1. Cassidy, 2. Günther, 3. Nato, 4. Mortara, 5. Felix da Costa, 6. Dennis, 7. Rast, 8. Di Grassi, 9. Ticktum, 10. Hughes.

Der weitere Rennverlauf: Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Müllers Auto von der Strecke geschleppt worden war. Noch während der SC-Phase tauschten Günther und Nato die Plätze. Nato wurde an Cassidy vorbei auf P1 gelotst. Die Rennleitung zeigte zu Beginn der 16. Runde wieder grüne Flaggen. Bis dahin konnte man nicht von einem 'echten' Rennen sprechen...

In Runde 16 holten sich Spitzenreiter Nato, Günther und Mortara aus dem vorderen Feld ihren zweiten Attack Mode ab. Auch Rast, Frijns, Bird und Hughes überfuhren die Aktivierungsschleifen in Runde 7, um den 350-kW-Modus zu aktivieren. Cassidy übernahm automatisch die Führung vor Felix da Costa, Günther und Dennis. Die 20 verbliebenen Fahrer fuhren zu diesem Zeitpunkt innerhalb von weniger als 2 Sekunden!

In Runde 21 zog die Pace im Feld wieder schlagartig um mehrere Sekunden an. Cassidy führte vor Felix da Costa und Günther. Einen Umlauf später übernahm der Porsche-Pilot erstmals die Spitze. In Runde 22 purzelten die Rundenzeiten noch einmal um mehrere Sekunden in den Keller - endlich pushte die Spitzengruppe! Klammheimlich hatte sich Vergne bis auf den vierten Platz nach vorne gekämpft - nach Start aus der letzten Reihe.

Die Rennleitung zeigte wegen der beiden Safety-Car-Phasen eine Verlängerung des Rennens um 4 Runden (32 statt 28) an. Cassidy schnappte sich in Runde 26 Felix da Costa und damit den ersten Platz. Wehrlein auf P9 war der letzte Fahrer im Feld, der noch seinen zweiten Attack Mode einsetzen musste. Auch Dennis ließ Felix da Costa stehen und übernahm die zweite Position, während Günther von P4 bis auf den neunten Platz durchgereicht wurde.

In Runde 29 setzte sich Felix da Costa sehenswert gegen Cassidy durch, doch der Envision-Pilot konterte umgehend. Mortara musste seinen Maserati wegen eines zunächst unbekannten Problems in der Box parken. Felix da Costa wehrte in der letzten Runde einen Angriff von Dennis in Turn 1 erfolgreich ab. Wenige Kurven später gelang das Überholmanöver, aber für Sieger Cassidy reicht es hauchdünn nicht mehr aus beim Sprint über die Ziellinie.

Formel E 2023 Portland: Highlights und Zusammenfassung (04:54 Min.)