Heimspiel! Die Formel E gastiert zum sechsten Rennwochenende der Saison 2022 in Berlin (14./15. Mai). Auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof warten am Samstag und Sonntag die Rennen Nummer sieben und acht in der laufenden Saison.

Die deutsche Hauptstadt ist der einzige Austragungsort in der Geschichte der Formel E, an dem die Elektro-Rennserie in jedem Jahr seit 2015 mindestens ein Rennen ausgetragen hat. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die spannendsten und kuriosesten Berlin ePrix.

Saison 1 (2015): Disqualifikation bei Rennpremiere

21.000 Zuschauer sahen im Mai 2015, wie Lucas di Grassi seinem Team Abt Sportsline - damals noch eigenständig - den Sieg beim Heimrennen bescherte. Allerdings bekam an der Strecke niemand mit, dass der Brasilianer wenige Stunden nach dem Rennende disqualifiziert wurde! Wegen nicht homologierter Teile am Frontflügel von di Grassis Auto kam es zum Ausschluss aus der Wertung.

Stattdessen erbte der heutige Venturi-Teamchef Jerome D'Ambrosio, damals noch im Dragon-Boliden, den Sieg vor Sebastien Buemi (Renault e.dams) und Teamkollege Loic Duval. Der ehemalige Formel-1-Pilot Jarno Trulli hatte in Berlin übrigens die erste und einzige Pole Position seines eigenen Teams Trulli GP erzielt.

2015: Das erste Formel-E-Rennen in Berlin, Foto: Formula E
2015: Das erste Formel-E-Rennen in Berlin, Foto: Formula E

Saison 2 (2016): Ausflug in die Innenstadt

Am 21. Mai 2016 gastierte die Formel E zum ersten und einzigen Mal nicht in Tempelhof, sondern mitten in der Innenstadt von Berlin. Ein 2,03 Kilometer langer, temporärer Kurs erstreckte sich rund um die Karl-Marx-Allee in den Ortsteilen Friedrichshain und Bezirk Mitte. Grund für die Verlegung waren die Auswirkungen der damaligen Flüchtlingswelle, in deren Folge tausende Menschen in den Tempelhof-Hangars untergebracht waren.

Die Formel E zog - wie in so vielen Innenstädten - den Unmut einiger Anwohner auf sich, die sich eingeschränkt fühlten. Auch aus Politikkreisen gab es Kritik und so blieb das Berliner Innenstadt-Rennen mit Sieger Sebastien Buemi (Renault e.dams) vor Daniel Abt und Lucas di Grassi (beide Abt) eine einmalige Angelegenheit.

2016: Die Formel E rast durch die Berliner Innenstadt, Foto: LAT Images
2016: Die Formel E rast durch die Berliner Innenstadt, Foto: LAT Images

Saison 4 (2018): Heimsieg!

Legendäre Anekdote: Als Daniel Abt nach seinem Heimsieg in Berlin 2018 am nächsten Morgen gegen fünf Uhr samt Döner in der Hand angeheitert im Hotel aufkreuzte, erwischte ihn der soeben aufgestandene Audi-Teamchef Allan McNish - und postete prompt ein Bild von Döner-Daniel auf Twitter! Hatte sich der Allgäuer aber auch verdient nach dem historischen Erfolg in Tempelhof. Abt war der erste Fahrer in der Geschichte der Formel E, dem der Grand Slam mit Pole, Sieg, schnellster Rennrunde und allen angeführten Runden gelungen war.

Dass Audi mit Lucas di Grassi auch noch einen Doppelsieg schaffte - den ersten in der Geschichte des Teams - machte den Triumph umso schmackhafter. Mit Gesamtplatz fünf nach zwei Siegen und vier Podestplätzen erlebte Abt 2017/18 seine erfolgreichste Saison in der Formel E.

Party in Berlin: Heimsieg für Daniel Abt 2018, Foto: LAT Images
Party in Berlin: Heimsieg für Daniel Abt 2018, Foto: LAT Images

Saison 6 (2020): Berlin-Marathon

Sechs Rennen innerhalb von neun Tagen an einem Ort: Die Formel E veranstaltete 2020 rein Corona-bedingt das wohl außergewöhnlichste Saisonfinale in der Geschichte des Motorsports. Statt wie geplant in den Innenstädten von Seoul, New York oder London zu fahren, diente der stillgelegte Flughafen Tempelhof in Berlin als Kulisse für das Saisonfinale. Um die Rennen vor leeren Tribünen etwas aufzupeppen, kamen unterschiedliche Streckenvarianten bei den drei Double-Headern innerhalb gut einer Woche zum Einsatz.

Die Begeisterung hielt sich nach dem Sixpack in der Hauptstadt eher in Grenzen - außer bei Antonio Felix da Costa, der seinem neuen Team DS Techeetah die dritte Meisterschaft in Folge bescherte und mit seinen dominanten Siegen in den ersten beiden Rennen nicht dazu beitrug, Spannung bis zum Schluss aufkommen zu lassen. Die TV-Quoten, damals lief die Formel E noch bei Eurosport, waren bei Rennen am Nachmittag unter der Woche unterirdisch. "Hoffentlich nie wieder", kommentierte Motorsport-Magazin.com im Anschluss das triste Corona-Finale.

Konnte und wollte niemand sehen: Das Sechsfach-Finale in Berlin 2020, Foto: LAT Images
Konnte und wollte niemand sehen: Das Sechsfach-Finale in Berlin 2020, Foto: LAT Images

Saison 7 (2021): Titel-Wahnsinn in Tempelhof

Die von einer Qualifying-Lotterie dominierte Saison 2021 gipfelte im wahnsinnigen Berlin-Finale, vor dem 18 (achtzehn!) Fahrer theoretische Chancen auf die Formel-E-Weltmeisterschaft hatten. Ähnlich eng blieb es nach dem Samstags-Sieg von Lucas di Grassi, der Audi den letzten Triumph vor dem Formel-E-Ausstieg bescherte. Das anschließende Sonntags-Rennen entwickelte sich zu einem Drama in mehreren Akten, als Titel-Favorit Mitch Evans beim Start nicht vom Fleck kam und Mit-Favorit Edo Mortara dem Jaguar-Piloten mit hoher Geschwindigkeit ins Heck rauschte. Der Venturi-Fahrer musste anschließend im Medical Center gecheckt werden.

Nach einer 25-minütigen Unterbrechung ging das Rennen wild weiter, als mit Jake Dennis ein weiterer Titel-Anwärter die Kontrolle über seinen BMW verlor und in die Streckenbegrenzung abbog. Vorjahres-Champion Antonio Felix da Costa, der sich ebenfalls noch Meisterschafts-Chancen ausrechnen konnte, fiel nach einer Kollision ebenfalls aus. Am Ende reichte Mercedes-Werksfahrer Nyck de Vries der siebte Platz zum WM-Titel, weil vier Fahrer aus den Top-7 der Tabelle vorzeitig aus dem Rennen crashten. Die Top-5 in der Meisterschaft trennten letztendlich nur zehn Zähler.

Titelträume und Autos zerstört: Evans und Mortara in Berlin 2021, Foto: LAT Images
Titelträume und Autos zerstört: Evans und Mortara in Berlin 2021, Foto: LAT Images

Formel E in Berlin: Alle Sieger seit 2015

JahrSiegerP2P3
2015Jerome D'AmbrosioSebastien BuemiLoic Duval
2016 (Karl-Marx-Allee)Sebastien BuemiDaniel AbtLucas di Grassi
2017/1Felix RosenqvistLucas di GrassiNick Heidfeld
2017/2Sebastien BuemiFelix RosenqvistLucas di Grassi
2018Daniel AbtLucas di GrassiJean-Eric Vergne
2019Lucas di GrassiSebastien BuemiJean-Eric Vergne
2020/1Antonio Felix da CostaAndre LottererSam Bird
2020/2Antonio Felix da CostaSebastien BuemiLucas di Grassi
2020/3Maximilian GüntherRobin FrijnsJean-Eric Vergne
2020/4Jean-Eric VergneAntonio Felix da CostaSebastien Buemi
2020/5Oliver RowlandRobin FrijnsRene Rast
2020/6Stoffel VandoorneNyck de VriesSebastien Buemi
2021/1Lucas di GrassiEduardo MortaraMitch Evans
2021/2Norman NatoOliver RowlandStoffel Vandoorne