Er war der Erste, der Zweifel rund um Daniel Abts Auftritt beim virtuellen Rennen der Formel E in Berlin vor zwei Wochen äußerte: Stoffel Vandoorne. Der Mercedes-Werksfahrer stellte bereits während der Live-Übertragung in Frage, ob Abt wirklich selbst in seinem Spielsitz saß - was er nicht tat, wie wenig später herauskam und den Kemptener letztendlich den Job bei Audi kostete.

"Das war eine schwierige Situation für Daniel, die Konsequenzen waren sehr hart", sagt Vandoorne nun bei Sat.1 ran. "Natürlich kann man nicht rauslassen, dass er einen Fehler gemacht hat und das nicht hätte passieren dürfen. Aber am Ende spielen wir ein Spiel."

Vandoorne selbst war während des Rennens in den Abt-Eklat involviert gewesen, als er sich mit dem Audi - den tatsächlich ein junger Sim-Profi steuerte - um den Sieg duellierte. Die Situation nutzte Nissan-Pilot Oliver Rowland und fuhr vor Vandoorne und dem Drittplatzierten Audi zum Sieg. Immerhin: Am vergangenen Wochenende sicherte sich der frühere Formel-1-Fahrer Vandoorne trotzdem den Gesamtsieg in der Race at Home Challenge der Elektro-Rennserie.

"Zu der Zeit war ich ein bisschen frustriert über die ganze Situation, weil ich wahrscheinlich das Rennen gewonnen hätte", erinnert sich Vandoorne zurück. "Als ich später realisiert habe, wie groß die Geschichte wurde... Ich kenne Daniel sehr gut, er ist ein guter Kerl. Er hat es gut gemeint und es war nicht seine Absicht, etwas Falsches zu machen. Ich habe ihn angerufen, wir haben darüber gesprochen und es gab absolut kein Problem zwischen uns."

Das bestätigte Abt, der meinte, dass Vandoorne zu den ersten Fahrern gehört habe, bei dem er sich für den Vorfall entschuldigte. "Er war einer der Ersten, der mich angerufen und gesagt hat, dass es ihm quasi leid tut, was daraus geworden ist", sagt Abt bei Sat.1 ran. "Wir verstehen uns ja auch, gerade die jungen Fahrer verstehen sich extrem gut. Das war dann auch wichtig für mich."

Kennen sich aus GP2-Zeiten: Vandoorne, Abt und Jolyon Palmer 2014, Foto: LAT Images
Kennen sich aus GP2-Zeiten: Vandoorne, Abt und Jolyon Palmer 2014, Foto: LAT Images

Abt erhielt in Folge des Shitstorms, der kurz nach dem Vorfall und noch vor seinem eigenen Statement über ihn hereinbrach, großen Zuspruch. Allgemeine Einschätzung des von ihm ausgelösten Skandals: dumme Aktion, Suspendierung durch Audi überzogen. Nicht zuletzt, weil der 27-Jährige laut gesicherten Informationen von Motorsport-Magazin.com ohnehin geplant hatte, seinen Abschied von Audi nach der sechsten gemeinsamen Formel-E-Saison bekanntgeben zu wollen.

"Das waren extrem turbulente Wochen für mich", blickt Abt zurück. "Am Anfang ging es mir absolut elendig und ich habe mich zuhause verkrochen." Auf Anweisung von Audi durfte er sich zunächst nicht ausführlicher zu seiner Aktion äußern, erst nach der Suspendierung veröffentlichte er ein 15-minütiges Statement auf seinem YouTube-Kanal. Im Anschluss schlug die Stimmung um und richtete sich verstärkt gegen Audi respektive die kompromisslose Entscheidung des Konzerns.

"Gott sei Dank habe ich so viel Unterstützung erfahren aus meinem engen Umfeld, der Community und auch aus der Formel E heraus", so Abt. "Die Ersten, die mir geschrieben haben, nachdem es bekanntgeworden ist, waren die Chefs der Formel E: 'Es tut uns leid und du bist für immer ein Teil unserer Familie'. Diese Unterstützung hat mir extrem geholfen. Es hilft nichts, sich zu verstecken oder sich zu bemitleiden. Der Fehler ist passiert, die Konsequenzen sind da. Aber das Leben muss weitergehen."

Abt lässt seine sportliche Zukunft nach dem Audi-Rauswurf und zwei Siegen sowie zehn Podestplätzen in den bisherigen 63 Formel-E-Rennen zunächst offen. "Wenn sich eine geile Chance auftun würde, natürlich. Ich wäre ja dumm, mir Türen zu verschließen", sagt Abt im Podcast 'Reden am Limit'. "Ich werde aber nicht irgendwas im Motorsport tun, nur, um dabei zu sein, obwohl ich nicht mit ganzem Herzen dabei bin. Wenn das nicht gegeben ist, werden andere Dinge und Themen kommen, die mir das geben."

Audi wirft Daniel Abt raus: gerecht oder zu hart? (43:08 Min.)