Nachdem Audi seinen Rückzug aus der DTM angekündigt hat, ist Porsche im kommenden Jahr die einzige Marke aus dem Volkswagen-Konzern, die sich mit ihren Werksengagements nicht ausschließlich auf den elektrischen Motorsport beschränkt. Der Autobauer aus Weissach setzt aktuell auf Werksprogramme in der Formel E sowie in der WEC und der IMSA-Meisterschaft mit den bekannten 911ern.

An eine Veränderung beim Sportwagenhersteller glaubt Michael Steiner, Porsche-Vorstandsmitglied für Forschung und Entwicklung, in absehbarer Zeit nicht. "Porsche erwartet, dass in naher Zukunft unterschiedliche Technologien wie Autos mit Verbrennungsmotoren, Hybride und vollelektrische Fahrzeuge weiterhin sowohl im Motorsport als auch auf der Straße nebeneinander existieren", sagt Steiner in der aktuellen Folge des Porsche-Podcasts 'Inside E'.

In der Frage, ob die Zukunft der Serienproduktion in Verbrennungs- oder in Elektromotoren liege, sieht Steiner keine klare Grenze: "Wir denken, dass unsere Kunden immer noch lieben, ihre Autos selbst zu fahren. Es spielt keine Rolle, ob sie vollständig elektrisch, von einem Hybridsystem und von einem Verbrennungsmotor angetrieben werden."

Taycan mit LMP1-Knowhow

Die Elektrifizierung hat bei Porsche neben den traditionellen Modellen längst begonnen. Der Taycan ist der erste vollelektrische Sportwagen, den Porsche auf den Markt gebracht hat. "Die Erfahrungswerte aus dem LMP1-Projekt haben auf die Entwicklung des Porsche Taycan einen wesentlichen Einfluss genommen. Wir erwarten uns vom Formel-E-Projekt ähnliche Synergieeffekte sowie Inspiration für künftige Sportwagen", erklärt Steiner.

Laut dem 55-Jährigen kann durch die Erkenntnisse aus der Formel E in unterschiedlichen Bereichen ein Wissenstransfer entstehen: "Im Zentrum steht die Entwicklung von Schlüsseltechnologien wie Motor, Wandler, Getriebe, Kühl- und Energiemanagement. Ein weiterer Fokus liegt auf der Energieeffizienz. Die Hardware und die Software entsprechen den Herausforderungen, die wir bei der Entwicklung der Straßenautos haben."

Michael Steiner ist Vorstandsmitglied bei Porsche, Foto: Porsche AG
Michael Steiner ist Vorstandsmitglied bei Porsche, Foto: Porsche AG

Für das Vorstandsmitglied bietet die Formel E das beste Umfeld, um die technische Kompetenz unter Beweis zu stellen. Denn in keiner anderen Meisterschaft ist die Herstellerdichte so groß. Aktuell engagieren sich zehn Hersteller mit eigenen Antrieben.

Die Elektromeisterschaft floriert aktuell unter anderem, weil die Kostenkontrolle gut funktioniert. Allwetterreifen, Einheitschassis und Testbeschränkungen verhindern ein Ausufern der Budgets. Das bestätigte Pascal Zurlinden, Gesamtprojektleiter Werksmotorsport bei Porsche, kürzlich im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Zu den Gerüchten, das Werksteam operiere mit einem Budget eines kleinen Formel-1-Teams sagte Zurlinden: "Definitiv nicht, wird sind weit weg davon. Es gibt immer große Erwartungen wegen des Namens 'Porsche'. Jeder denkt, wir kommen nur, um zu gewinnen. Wir haben aber oftmals nicht das größte Budget."

Porsche-Vorstand warnt vor Kostenexplosion

Das kann sich aber schnell ändern. Porsche-Vorstandsmitglied Steiner gibt zu bedenken, dass die Kosten leicht aus dem Ruder laufen könnten, wenn die technische Entwicklung weiter freigegeben würde. Deswegen plädiert er dafür, dass die Formel E ihr Konzept bewahrt.

"In der Batterieentwicklung kann es Vorteile geben, wie einen durch den Wettbewerb ausgelösten Boost der Innovation. Das ist Teil der Porsche-DNA. Die Batterieentwicklung könnte der Formel E bei einem möglichen Anstieg der Kosten schaden. Exzellente Teams hätten keine Chancen, weil sie nicht den besten Batteriehersteller an Bord haben", mahnt Steiner.

Frühes Podium eine Überraschung

Porsche ist zu Beginn der laufenden Saison 2019/20 mit einem Werksteam in die Formel E eingestiegen. Bereits beim ersten Wochenende in Saudi-Arabien fuhr Andre Lotterer auf das Podest. "Das Ziel in unserer Rookie-Saison war ein Podestplatz", sagt Steiner. "Das haben wir mit Andre Lotterer bereits erreicht. Es war auch für uns eine Überraschung. Die Pole Position in Mexiko war ein weiteres Highlight."

Doch das gute Ergebnis hielt in den darauffolgenden Rennen nicht an. Nach fünf Meisterschaftsläufen liegt Porsche auf dem neunten von zwölf Plätzen in der Konstrukteurs-Wertung. Die 25 Punkte des Teams hat Lotterer eingefahren. Sein Schweizer Teamkollege Neel Jani blieb bislang punktlos.

Porsches traditionelles Betätigungsfeld, der Motorsport mit Verbrennungsmotoren könnte in Zukunft gestärkt weden. WEC und IMSA arbeiten an einem gemeinsamen Reglement, mit dem Prototypen ab 2022 in beiden Meisterschaften an den Start gehen könnten. Fritz Enzinger, Leiter Motorsport bei Porsche, zeigte sich zufrieden, als am Donnerstag weitere Details zum Reglement bekannt wurden.

"ACO und IMSA haben unsere Erwartungen erfüllt. Es wird möglich sein, mit einem Fahrzeug um Gesamtsiege in den wichtigsten Langstrecken-Serien zu kämpfen. Wir beginnen jetzt mit einer von unserem Vorstand in Auftrag gegebenen Konzeptstudie", sagte Enzinger.