Monaco war für mich ein echter Heim-Grand-Prix, mit allem, was dazu gehört. Vor allem mit ziemlicher Überfüllung in meinem Appartement in Fontviellie - meine Mutter war da, zum ersten Mal in diesem Jahr bei einem Rennen, dann meine beiden Schwestern mit ihren Freunden... Und zu tun hatte ich auch im Vorfeld schon einiges. Am Dienstag hatte ich Besuch von der BBC, habe mit denen auch im Hafen ein bisschen gedreht - wobei eine Möve dem Kameramann von Reporterin Lee McKenzie alles andere als wohl gesonnen war: Sie hat aus der Luft eine größere Portion unliebsamer Dinge auf ihn fallen lassen, die Geschichte hat dann noch einige Zeit im Fahrerlager die Runde gemacht.

Bruno versuchte sich in Monaco als Feuerwehrmann, Foto: Sutton
Bruno versuchte sich in Monaco als Feuerwehrmann, Foto: Sutton

Am Mittwoch bekamen wir HRT-Fahrer dann bei der Feuerwehr von Monaco, die ja auch beim Grand Prix für die Sicherheit verantwortlich ist und mit ihren glänzenden Helmen zum Bild des Rennens einfach dazugehört, eine Trainingsstunde. In voller Montur mussten wir zum Beispiel durch einen 50 Meter langen Hindernis-Drahtparcours kriechen, dann mit Feuerlöschern einen kleinen Brand bekämpfen, der sich gar nicht so einfach löschen lassen wollte - und dann schließlich noch in einem Korb an der Spitze einer Drehleiter auf gut 30 Meter Höhe schweben. Zum Glück habe ich keine Höhenangst. Aber vor allem die Sache mit dem Hindernisparcours war schon ziemlich eindrucksvoll - wenn man sich dazu noch vorstellt, das die Feuerwehleute so was im Einsatz komplett im Dunklen, mit Atemschutzgerät in dichtem Rauch machen müssen, dann sieht man, was sie leisten müssen.

Von der Katastrophe zur Normalität

Weniger Spaß hatte ich zunächst, als es am Donnerstag mit dem freien Training losging. Da war das Auto immer noch eine Katastrophe - das gleiche Problem wie in Barcelona, der völlig fehlende Abtrieb hinten - und dann ist in der zweiten Session auch noch ziemlich am Anfang das Getriebe kaputt gegangen, der zweite Gang gebrochen. Ein Tag zum Vergessen also. Beim Nachmessen der Abtriebswerte hat sich übrigens herausgestellt, dass die noch schlechter waren als in Spanien - statt 15 Punkte weniger waren es eher 20 weniger...

Mit dem neuen Unterboden war Bruno wieder schnell, Foto: Sutton
Mit dem neuen Unterboden war Bruno wieder schnell, Foto: Sutton

Für den Samstag habe ich endlich einen neuen Unterboden bekommen, wir haben ja ganz stark vermutet, dass das Abtriebsproblem von Abnutzung und leichten Beschädigungen an dem alten, den ich seit Bahrain gefahren bin, herrührt. Und siehe da, Unterboden gewechselt, dazu noch das Differential, das auch ein paar Probleme gemacht hatte - und prompt fühlte sich das Auto wieder normal an, konnte ich wieder richtig Gas geben, war das plötzliche extreme Übersteuern, das es vorher natürlich gerade in Monaco unmöglich gemacht hatte, Vertrauen in das Auto zu haben, weg.

Vor dem Teamkollegen

Im freien Training habe ich mich noch zurückgehalten, wollte mich unter den neuen, besseren Bedingungen erstmal richtig eingewöhnen. Ich wusste aber, dass da für das Qualifying noch einiges drin ist. Da wollte ich auch wirklich ein Ausrufezeichen setzen, zeigen, dass ich, wenn mein Auto passt, sehr wohl schneller als mein Teamkollege sein kann - auch, weil zuletzt viel geredet wurde, meistens, ohne auf die Hintergründe zu achten.

Diesmal war es wirklich deutlich, sogar über eine Sekunde. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass in der heutigen Formel 1 die großen Abstände zwischen Teamkollegen, wie das früher einmal war, normalerweise nicht mehr so existieren. Ich bin überzeugt, dass vom puren Speed her der Unterschied zwischen den besten und den schlechtesten Fahrern im Feld irgendwo im Bereich zwischen drei und fünf Zehnteln liegt. Ist es mal mehr, dann kommen eher Abstimmungsfragen oder Fehler mit ins Spiel.

In Monaco hatte Bruno viele Besucher und Fans, Foto: Sutton
In Monaco hatte Bruno viele Besucher und Fans, Foto: Sutton

Insofern ist es fast unmöglich, die Erwartungen zu erfüllen, die einige Leute - auch aus Brasilien höre ich das ja öfters - haben, ich müsse Karun konstant mindestens eine Sekunde abnehmen. Das ist einfach nicht realistisch, vor allem, weil er auch nicht gerade langsam ist, wie ich schon aus unserer gemeinsamen GP2-Zeit weiß.

Clevere Strategie

Im Rennen hat mich mein Renningenieur gleich am Anfang der ersten Safety-Car-Phase a die Box geholt. Die Idee war gut, mit dieser Strategie, dann das ganze Rennen ohne weiteren Stopp durchzufahren, hat uns die Chance gegeben, zumindest vor die anderen Neuen zu kommen - wobei es natürlich noch besser und klarer funktioniert hätte, wenn nicht nachher zwei weitere Safety-Car-Phasen wieder alles zusammengeschoben hätten. So ist auch mein Teamkollege wieder ziemlich nahe an mich rangekommen, der ja anfangs mit den weichen Reifen natürlich ein bisschen schneller sein musste als ich mit den harten, auf die ich noch dazu ziemlich aufpassen musste - schließlich sollten sie über die komplette Distanz halten.

Ich hatte dann aber keinen schlechten Rhythmus gefunden, auch später immer mit der Vorgabe, die Reifen nicht zu überfordern. Als Karun dann nach dem letzten Safety-Car mit einigen schnellen Runden anfing, mir deutlich näherzukommen, habe ich halt auch wieder ein bisschen nachgelegt - und so blieb der Abstand dann bis zu meinem Ausfall in der 58. Runde auch wieder konstant. Die Hydraulik war es wieder einmal, die uns einen Strich durch Rechnung gemacht hat. Wäre ich zu Ende gefahren, wäre ich 13. geworden, das wäre für das Team unheimlich schön und wichtig gewesen, weil es uns in der Konstrukteurswertung an Lotus vorbei auf den zehnten Platz gebracht hätte.

Hunde an die Leine

2008 rannte Bruno ein Hund ins Auto, Foto: adrivo Sportpresse
2008 rannte Bruno ein Hund ins Auto, Foto: adrivo Sportpresse

Jetzt müssen wir halt versuchen, das in der Türkei zu schaffen. Die Strecke dort ist von der Charakteristik her natürlich ganz anders, eine Kombination aus langsamen, mittelschnellen und schnellen Kurven, aber auch wieder aus zwei Geraden, wo uns hoffentlich unser recht guter Topspeed, den wir ja haben, wieder ein bisschen hilft. Ich bin zweimal in der Türkei in der GP2 gefahren, ich denke, dass ich von daher die besonderen Herausforderungen dieser Strecke schon ganz gut kenne.

Die Kombination aus den Bodenwellen und den schnellen Kurven wird sicher nicht einfach für unser Auto - aber solche Schwierigkeiten machen es auch wieder interessant. Ich werde jedenfalls wieder voll auf Angriff fahren, vor allem natürlich im Qualifying wieder das Allerletzte aus dem Auto herausquetschen. Im Rennen gilt es dann sicher, die richtige Mischung zwischen absoluter Aggressivität und schonendem Umgang mit den Reifen zu finden, das ist ja in Istanbul, gerade wenn es heiß wird, immer ein Thema. Und dann hoffe ich, dass sie diesmal rund um die Rennstrecke alle Hunde eingefangen haben - so einen Zwischenfall wie 2008 in der GP2, als mir bei Tempo 280 ein Hund ins Auto lief, möchte ich wirklich nicht noch mal erleben...