Auch wenn es am Auto doch nicht ganz so viel Neues gibt, wie er vielleicht gehofft hatte - was seine eigene Form angeht, ist sich Bruno Senna sicher, dass er seit China wieder auf dem richtigen Weg ist. Und wie Teamkollege Karun Chandhok ist er - aus seiner Perspektive wohl verständlich - noch nicht so ganz sicher, ob er den Einsatz von Christian Klien als Freitagsfahrer bei HRT wirklich für eine Superidee halten soll.

Wie siehst du die Entscheidung, dass Christian Klien jetzt am Freitagmorgen für Euch fährt - manche glauben ja schon, dass dadurch Druck auf euch Stammfahrer ausgeübt werden soll...
Bruno Senna: Das ist es ganz sicher nicht - das ist auch durch die Verträge entsprechend abgesichert. Christian soll helfen, uns technisch weiterzubringen. Ich weiß allerdings nicht, wie viel das wirklich bringt, weil wir in den Möglichkeiten, was wir im Moment machen und verändern können, sowieso noch eingeschränkt sind. Aber das ist eine Entscheidung des Team, wir müssen jetzt sehen, wie es sich auswirkt. Generell glaube ich schon, dass wir als Neulinge und vor allem, weil wir ja im Winter keine Tests hatten, jeden Kilometer im Auto bräuchten... Aber wie gesagt, wir müssen jetzt mal sehen, wie das weiterläuft, in welcher Richtung er uns helfen kann. In Monaco zum Beispiel glaube ich eher, dass da die ganze Zeit wir Stammfahrer fahren, weil es da besonders wichtig ist. Aber auch das ist letztlich eine Teamentscheidung.

Die Fans freuten sich über Sennas Autogramm, Foto: Sutton
Die Fans freuten sich über Sennas Autogramm, Foto: Sutton

Was habt ihr hier jetzt definitiv an Neuheiten am Auto?
Bruno Senna: Nicht ganz so viel, der neue Tank, auf den wir gehofft hatten, ist noch nicht fertig geworden, es gab da ein Problem beim Hersteller, wir müssen also noch mal mit dem alten fahren. Mein Auto war zwischen China und hier auf dem Rig bei Dallara in Italien, um vor allem mechanische Funktionstest im Aufhängungsbereich zu machen, Karuns Auto war für CFD-Tests in England bei unserer neuen CFD-Abteilung, aber bis da im Bereich Aerodynamik wirklich Neues kommt, wird es schon noch eineinhalb, zwei Monate dauern, denke ich. Wenn man erst mit zwei Monaten Verspätung mit den Updates anfangen kann, dann dauert das eben so lange.

Was ist denn bei den Aufhängungstests rausgekommen?
Bruno Senna: Wir haben da schon einige Überraschungen bei den Daten erlebt. 70 Prozent der Bewegung an der Hinterachse kamen vom Reifen, nicht von der Aufhängung, dadurch ist das Auto auch so stark gesprungen, hatte kaum Traktion - und die Vibrationen haben sich auch nach vorne übertragen... Weil da praktisch nur die Dämpfungswirkung von der Luft im Reifen da ist - nicht vom Stoßdämpfer. Ob es jetzt passt, müssen wir morgen auf der Strecke sehen, wir haben jedenfalls jetzt auch Dämpfer, die besser passen sollten. Wir müssen auf jeden Fall versuchen, mit der mechanischen Abstimmung unsere fehlende Downforce ein bisschen auszugleichen.

Die Kohlefaseraufhängen habt ihr aber noch nicht?
Bruno Senna: Nein das geht nicht so schnell, es wäre auch zu gefährlich, das auf die Schnelle zu machen, nicht nur was die Performance angeht, sondern auch die Sicherheit. Man muss da vorher mit Ruhe genügend Belastungstests machen...

Wie gehst du damit um, auf jeden Fall noch eine Weile ganz hinten fahren zu müssen. Hast du deine Einstellung, auch deine Ziele anpassen müssen?
Bruno Senna: Was ich auf jeden Fall gelernt habe, ist: Wenn man durch das Material nicht konkurrenzfähig ist und dadurch in einen gewissen Sicherheitsmodus schaltet, um auf jeden Fall anzukommen, dann verliert man gleich unheimlich viel. Ich hatte das am Anfang der Saison noch so ein bisschen aus der Le Mans-Series-Zeit drauf, dieses auf Nummer sicher gehen, die letzten Spitzen an Aggressivität wegzulassen. Das hat dann am Ende einen Riesenunterschied in der Performance des Autos gemacht. In China bin ich wieder volle Attacke gefahren - und der Unterschied war gewaltig. Die Erkenntnis ist klar. Ich muss also wirklich immer absolut so fahren, als ob ich um einen Sieg kämpfen würde, und das werde ich in Zukunft mit Sicherheit auch tun, immer ans absolute Limit gehen, egal in welcher Situation. Ich habe meine Aggressivität auf jeden Fall wieder gefunden.

Als HRT-Pilot musste Senna beim Teamheimspiel zur FIA-Pk, Foto: Sutton
Als HRT-Pilot musste Senna beim Teamheimspiel zur FIA-Pk, Foto: Sutton

Also hundertprozentig zurück in alter GP2-Form?
Bruno Senna: Jetzt fehlt es vielleicht noch ein bisschen an den allerletzten Feinheiten. Wie viel das ausmacht, habe ich erst am Dienstag wieder gesehen, wir waren da bei Sete Gibernau zu Hause eingeladen und auf dessen eigener Bahn Kartfahren. Es war nass, wir hatten nur Slicks, und da hat er mir am Anfang viel abgenommen, weil er einfach alle Details dieser Strecke und der Karts kannte... Da kann ich auch im Formel-1-Auto sicher noch feilen.

Wie weit glaubst du, hilft es dir, dass du hier in Barcelona schon einmal ein Formel-1-Auto gefahren bist, damals bei dem Honda-Test? Vor allem, was die technischen Aussagen angeht...
Bruno Senna: Ich glaube, eine ganze Menge. Ich weiß, wie sich das Auto damals angefühlt hat, wie es sich anfühlen sollte, kann zumindest was die Balance, nicht unbedingt die reine Performance, Vergleiche ziehen. Ich denke, das ist das erste Mal, dass ich den Ingenieuren genau sagen kann, was ich haben will. Und als wir heute früh gemeinsam um die Strecke gegangen sind, waren sie auch sehr interessiert daran, was ich von damals wusste und sagen konnte...