Christian, willkommen zurück in der Formel 1...
Christian Klien: Danke! Aber ich war eigentlich nie weg, weil ich in den letzten drei Saisonen als Ersatzfahrer immer Gewehr bei Fuß stand. Ich war bei Honda und BMW Sauber in allen Briefings, immer am Funk, ich musste mich körperlich fit halten, war in alle Entwicklungsdetails eingebunden und so weiter. Natürlich war ich auch jedes Rennen im Fahrerbriefing der FIA, denn es hätte ja jeden Moment so weit sein können. Letzten Herbst hat mir jemand gratuliert, weil ich mein 100.Grand Prix-Wochenende als Fahrer hatte. Da war ich selbst überrascht.

Warum gerade der Deal mit dem HRT F1 Team, Hispania Racing und warum gerade jetzt?
Christian Klien: Mein Ziel war es immer, in der Formel 1 wieder Fuß zu fassen. Deswegen habe ich sogar attraktive Verträge anderswo nicht unterschrieben. Ich bin damit auch volles Risiko gegangen und im Winter sah es für manche schon wie eine komplette Niederlage aus. Mir war immer klar, dass sich am Markt noch viel tun wird. Bei HRT ist definitiv genug Arbeit für mich da. Und Colin Kolles hat immer signalisiert, dass er einen Fahrer mit Biss und Grand Prix-Erfahrung braucht. Ich bedanke mich beim Teambesitzer José Ramon Carabante und Teamchef Colin Kolles für ihr Vertrauen in mich. Dass ich gerade beim Heim-GP des spanischen Teams erstmals im Einsatz bin, macht mich stolz. Und dass es so schnell gegangen ist, verdanke ich sicher zu einem großen Teil meinem Management mit Roman Rummenigge, der ganze Arbeit geleistet hat.

Was erwartet Dich bei Hispania Racing?
Christian Klien: Sicher die unglaublichste Teamgeburt der letzten zehn Jahre. Was da vollbracht wurde, kann nur jemand wirklich einschätzen, der in der Formel 1 ist. Dass diese Truppe am Start ist, grenzt echt an ein Wunder. Colin Kolles steht jeden Abend am Rennplatz in der Box, bis der letzte Mechaniker seine Arbeit abgeschlossen hat. Er motiviert durch seinen persönlichen Einsatz die gesamte Mannschaft. Es ist ein schöner Beweis, dass die Menschen in der Formel 1 noch den Unterschied machen können. Ich sehe auch mein Engagement so. Ich bin geholt worden, um als erfahrener GP-Pilot das Team und vor allem das Auto nach vorne zu bringen. Ich denke, Colin Kolles ist der Typ, der sich wie ein Frank Williams von der Pike auf an die Spitze der F1-Teams arbeiten kann. Bei Force India konnte er das schon zeigen und ich teile seine Passion und Begeisterung für die Formel 1. Wie immer wenn Ressourcen knapp werden, zählt der Mensch doppelt. Darauf freue ich mich besonders.

Dein Verhältnis zu den Teammitgliedern?
Christian Klien: Großer Respekt! Einige Mechaniker kenne ich von früher bereits. Sie haben mich sehr warmherzig empfangen, schon als ich in Shanghai in der Box war, um einmal ein wenig reinzuschnuppern. Bruno Senna und Karun Chandhok sind in einer ähnlichen Situation wie ich bei meinem Debüt 2004 bei Jaguar. Sie machen einen wirklich guten Job, denn sie haben das Auto ohne Tests erst beim Saisonstart kennengelernt. Die beiden sind im selben Alter wie ich und ich denke daher wir werden gut zusammen arbeiten.

Christian Klien mischt wieder auf der F1-Rennstrecke mit., Foto: Sutton
Christian Klien mischt wieder auf der F1-Rennstrecke mit., Foto: Sutton

Was ist Deine Aufgabe?
Christian Klien: Das Team will in erster Linie Aussagen über das Auto. Dallara hat ihnen ein Chassis hingestellt, über das Geoff Willis ja nicht gerade geschwärmt hat. Trotzdem muss man jetzt das Beste draus machen. Ich habe in den letzten Jahren die Testarbeit in zwei großen Werksteams kennengelernt. Auch wenn die Tests immer mehr beschnitten wurden, aber da lernt man doch sehr viel über Formel-1-Technik. In Barcelona ist meine Aufgabe, erst mal das Auto kennen zu lernen. Denn ich kenne weder die neuen Reifen noch die Balance des Autos mit längerem Radstand und einer vollen Benzinladung. Es wird interessant sein wie sich der Cosworth-Motor und das X-Track Getriebe sowie die Elektronik anfühlen. Ich freue mich enorm auf diese Aufgabe, auch wenn es keine leichte ist. Wenn es uns während der Saison an den Freitagen gelingt, das Auto durch akribische Rennfahrerarbeit wie Flügelstellungen, Aufhängungsgeometrie, Federn und Dämpfereinstellung schneller zu machen, dann haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht.

Worauf freust Du Dich am meisten?
Christian Klien: Das zu tun, wovon ich überzeugt bin, dass ich es am besten kann: In einem Rennauto arbeiten. Ich freue mich auf jede Runde, auf die Slicks, auf die schnellen Kurven im 6.Gang, auf alles, was mit der Arbeit und Weiterentwicklung am Fahrzeug zusammenhängt.

Was wäre theoretisch, wenn einer der beiden Fahrer erkrankt und nicht starten kann?
Christian Klien: Das sind alles Spekulationen, die unnötig sind. Ich bin da, um den beiden Teamkollegen zu helfen, und ich werde ihnen beim Abendessen sicher nichts ins Essen rühren. Wir machen jetzt schön einen Schritt nach dem anderen. Und mir ist klar, dass es ein nur kleiner Schritt ist, als dritter Fahrer am Ende des Feldes dabei zu sein. Aber ein Schritt in die richtige Richtung. Und falls einer der beiden tatsächlich ausfällt, gibt es ein klares Regulativ der FIA. Bis Samstag vor dem Qualifying darf der Fahrer noch gewechselt werden.

Was passiert nach Barcelona?
Christian Klien: Darüber verschwende ich keinen Gedanken. Das Team unter Führung von Colin Kolles wird entscheiden, was für das Team das Beste ist. Ich werde mich jedenfalls mit meiner ganzen Erfahrung für das Team einsetzen.

Ist es für dich eine Genugtuung, dass Du es wieder zurück in die Formel 1 geschafft hast?
Christian Klien: Ich empfinde große Genugtuung, dass es möglich ist, als GP-Pilot aufgrund seiner fahrerischen Qualitäten verpflichtet zu werden. Das ist ein großer Vertrauensbeweis von Colin Kolles in mich. Er hat offensichtlich nicht vergessen, wie meine Tests bei Spyker und Force India vor zwei Jahren verlaufen sind, wo er Teamchef war. Fahrer wie Jarno Trulli, Timo Glock und Heikki Kovalainen unterstützen mit ihrem Einsatz die neuen Teams. Ich freue mich, dass nun auch ich diese Gelegenheit bekomme, beim Aufbau eines der neuen F1 Teams mitzuwirken.