Wenn man einen klaren Plan definiert hat und diesen - im Gegensatz zu so ziemlich jedem anderen F1-Team - in jeder Saison deutlich übererfüllt hat, gibt es keine Ausreden mehr. BMW Sauber muss 2009 Rennen gewinnen, also Plural, mehr als eins und damit in der vergangenen Saison. Das Ziel ist klar, wie Mario Theissen bestätigt: "Wir haben den Anspruch, uns im Verhältnis zur Konkurrenz weiter zu steigern."

Mit dem Doppelsieg in Kanada und insgesamt elf Podestplätzen habe man 2008 ein Zeichen gesetzt. "2009 wollen wir unsere erstklassige Zuverlässigkeit beibehalten und parallel unsere Leistungsfähigkeit steigern, um konstant an der Spitze mitfahren zu können." Das Ziel ist es, auf Ferrari und McLaren aufzuschließen.

Dem Fahrplan stimmen die Fahrer zu. Robert Kubica wünscht sich, "dass wir zu Saisonbeginn so stark sind wie 2008 und diese Performance bis zum Finale halten können." Nick Heidfeld baut auf die gute Vorbereitung über den Winter. "Das Team hat die umfangreichen Veränderungen früh in Angriff genommen. Ich bin zuversichtlich, dass wir gut aufgestellt sind und freue mich auf den Auftakt, wenn wir sehen werden, ob sich die Kräfteverhältnisse verschoben haben."

Theissen erinnert: "Wir haben in den drei Jahren des Bestehens des BMW Sauber Teams unsere selbst gesteckten Ziele immer erreicht und sind zuversichtlich, dass uns dies auch im kommenden Jahr gelingen wird." Einfach wird das nicht, denn die vielen neuen Regeln sind für den neuen F1.09 eine schwierige Herausforderung. Das weiß auch Theissen: "Man kann die eigene Leistungsfähigkeit planen, nicht aber Resultate."

Kampf gegen das Reglement

Die Arbeit am neuen BMW Sauber F1.09 begann bereits im Februar 2008, also kurz nach den ersten Tests mit dem Vorjahresauto. Notwendig wurde der frühe Entwicklungsstart durch die umfangreichen Regeländerungen für 2009: ab sofort dürfen die Teams das so genannte Energierückgewinnungssystem KERS einsetzen, kehren die profillosen Slick-Reifen zurück, müssen die Motoren drei Rennwochenenden halten und dürfen maximal 20 pro Saison verbraucht werden und wurde die Aerodynamik drastisch beschnitten.

Ein neues Auto ist immer eine spannende Aufgabe, Foto: BMW AG
Ein neues Auto ist immer eine spannende Aufgabe, Foto: BMW AG

"Ein neues Formel-1-Auto zu entwickeln, ist immer eine spannende Aufgabe, aber diesmal war alles noch viel aufregender", gesteht Willy Rampf, der in der neuen Saison die Aufgaben des Technischen Direktors an Walter Riedl abgibt und sich als Technischer Koordinator nur noch um den Renneinsatz kümmert. Man habe sprichwörtlich bei Null begonnen.

"Unser Ziel war es", so Rampf, "ein Auto mit einer hohen aerodynamischen Effizienz zu bauen und dabei möglichst viel von dem Abtrieb zurück zu gewinnen, der aufgrund des neuen Reglements verloren geht." Besonderes Augenmerk legten die Ingenieure auf die Flügel, die vorne wie hinten einer Generalüberholung unterzogen wurden.

Eine neue Aerodynamik

BMW Sauber debütierte mit seinem Interimsauto namens F1.08 als erstes Team die neuen Front- und Heckflügel für die kommende Saison. Bei den ersten Wintertests im November und Dezember bezogen sie dafür - unberechtigt - Prügel. Das Autos wurde als hässlich bezeichnet. Die Verantwortung dafür trug jedoch das Reglement. "Die Tatsache, dass man den Luftstrom nicht mehr durch Turning Vanes lenken kann, macht die Aufgabe wesentlich anspruchsvoller", erklärt Walter Riedl. Das Ergebnis ist ein Dreielement-Frontflügel, der sich reglementgerecht über die gesamte Breite des Autos erstreckt. Er verfügt über mehrere Zusatzelemente im äußeren Bereich, die alle zum Ziel haben, die Luft möglichst wirkungsvoll um die Vorderreifen herumzuleiten. Je weniger Luft direkt auf die sich drehenden Räder trifft, desto weniger unkontrollierte Verwirbelungen treten auf.

Markant verändert hat sich zudem die Nase des Autos, die im Vergleich zum Vorgänger deutlich höher und vor allem viel breiter ist. Diese Variante hat sich nach vielen Versuchen als die effizienteste in Verbindung mit dem neuen Frontflügel erwiesen. Ebenfalls neu ist der Heckflügel, sowohl in seiner Form als auch in seiner Position. Anstatt 1.000 Millimeter ist er nur noch 750 Millimeter breit. Seine Höhe beträgt jetzt jedoch 950 Millimeter anstelle von bisher 800 Millimeter. Besonders markant sind die seitlichen Endscheiben, deren Form großen Einfluss auf die optimale Wirkungsweise des Heckflügels hat.

Auf die Kühlung kommt es an

Eine weitere Herausforderung stellt das neue Reglement an das Kühlkonzept, weil die lamellenartigen Öffnungen in der Motorabdeckung - sprich die Kiemen - nicht mehr erlaubt sind. Deshalb tritt die Luft nun im hinteren Bereich zentral durch eine Öffnung zwischen der Motorabdeckung und dem Getriebe aus. Der Führung des Luftstroms kommt dabei eine ganz besondere Bedeutung zu, weil die heiße Luft alle in der Nähe liegenden Komponenten erhitzt. Konnte man bisher die Kühlleistung über unterschiedlich große Kamine oder Lamellenöffnungen variieren, so beschränkt sich das nun auf die Größe der Austrittsöffnung.

Er fährt, Foto: Hartley/Sutton
Er fährt, Foto: Hartley/Sutton

Damit nicht genug, denn es müssen ja neuerdings auch die KERS-Elemente gekühlt werden. Während die in den beiden Seitenkästen sehr kompakt untergebrachten Energiespeicher durch den Luftstrom im richtigen Temperaturbereich gehalten werden, verfügt das KERS-Steuergerät, das im rechten Seitenkasten untergebracht ist, über ein integriertes Kühlsystem.

Die Seitenkästen sind vorne hoch und fallen nicht mehr ganz so stark nach hinten ab wie in früheren Jahren. Da die heiße Abluft nicht mehr durch Kamine oder Lamellenöffnungen entweichen darf, ist ein größeres Volumen des gesamten Heckbereichs inklusive Motorabdeckung notwendig, um einen optimalen Luftstrom auch im hinteren Teil des Fahrzeugs zu ermöglichen.

Nicht auf den ersten Blick zu erkennen, ist die ebenfalls durch das Reglement bedingte Veränderung des Diffusors, der nun über einen längeren Bereich ansteigt und weiter nach hinten führt. Dadurch tritt er nicht mehr direkt in eine Interaktion mit dem unteren Element des Heckflügels, was das Auto unempfindlicher auf unterschiedliche Luftströmungen macht.

Mehr Kilometer, mehr Leistung

Die Änderungen hören aber nicht am Chassis und der Aerodynamik auf. Zwar sind die Motoren weiterhin eingefroren, doch müssen sie für die erhöhte Laufleistung von drei GP-Wochenenden zuverlässiger gemacht werden. "Die Zuverlässigkeit in der Saison 2008 resultierte aus einer verstärkten Konzentration auf die Bauteilqualität", erklärt Antriebsleiter Markus Duesmann. "Wir haben die Versuchsumfänge und die Lebensdauerziele kontinuierlich erhöht. Für 2009 war es unsere Aufgabe, die Erhöhung der Motorenlaufleistung um 100 Prozent abzusichern."

Die Ziele sind hoch, Foto: Hartley/Sutton
Die Ziele sind hoch, Foto: Hartley/Sutton

Neben der Standfestigkeit lag bei der Entwicklung für 2009 ein großes Augenmerk auf der weiteren Optimierung der Fahrbarkeit. Der Drehmomentverlauf ließ sich mit Maßnahmen im - teilweise nach wie vor freien - Motorumfeld verbessern. "Wir haben vor allem Modifikationen an der Abgasanlage vorgenommen", so Duesmann, "um für 2009 einen gleichmäßigeren Drehmomentverlauf zu erreichen."

Gleichzeitig musste KERS integriert werden. Dank des Systems dürfen pro Runde an der Antriebsachse während der Beschleunigungs¬vorgänge insgesamt 400 kJ Energie bei maximal 60kW mechanischer Leistung zugeführt werden. So kann der Fahrer per Knopfdruck für 6,5 Sekunden pro Runde 60 kW an Zusatzleistung freigeben, um Überholmanöver zu ermöglichen.

BMW Sauber F1.09 - technische Daten

Chassis: Kohlefaser-Monocoque
Radaufhängung: Obere und untere Querlenker (vorne und hinten), innen liegende, über Druckstreben aktivierte Federn und Dämpfer (Sachs Race Engineering)
Bremsen: Bremssättel mit sechs Kolben (Brembo), Beläge und Scheiben aus Kohlefaser (Brembo, Carbon Industrie)
Kraftübertragung: 7-Gang-Schnellschaltgetriebe, längs gerichtet, Kohlefaserkupplung
KERS Elektronisches System, BMW Sauber F1 Team
Chassis-Elektronik: MES
Lenkrad: BMW Sauber F1 Team
Reifen: Bridgestone Potenza
Räder: OZ
Abmessungen: Länge 4.690 mm
Breite 1.800 mm
Höhe 1.000 mm
Spurweite vorne 1.470 mm
Spurweite hinten 1.410 mm
Gewicht: 605 kg (inklusive Fahrer, Tank leer)

BMW P86/9 - technische Daten

Bauart: 8-Zylinder-V-Saugmotor
Bankwinkel: 90 Grad
Hubraum: 2.400 ccm
Ventile: vier pro Zylinder
Ventiltrieb: pneumatisch
Motorblock: Aluminium
Zylinderkopf: Aluminium
Kurbelwelle: Stahl
Ölsystem: Trockensumpfschmierung
Motorsteuerung: Standard-ECU (MES)
Zündkerzen: NGK
Kolben: Aluminium
Pleuelstangen: Titan
Maße: Länge 518 mm
Breite 555 mm
Höhe 595 mm (insgesamt)
Gewicht: 95 kg
Maximale Drehzahl: 18.000 U/min