Die ersten vier Fahrer innerhalb von fünfeinhalb Sekunden - und dann sprechen nach dem Grand Prix von Spanien viele Experten dennoch von der großen Ferrari-Dominanz, davon, dass Kimi Räikkönen und Felipe Massa mit der Konkurrenz doch nur spielten? Andere dagegen, wie McLaren-Chef Ron Dennis, reden trotz des zweiten Ferrari-Doppelsieges in Folge davon, dass "alle drei Teams vorne", also Ferrari, BMW-Sauber und McLaren-Mercedes, auf dem gleichen Level wären. Ja was denn nun? Wie das Kräfteverhältnis in der Formel 1 nach dem Europaauftakt 2008 nun wirklich aussieht, bleibt immer noch umstritten.

Unter den Top Drei sehen zumindest die meisten freilich wenigstens eine leichte Überlegenheit der Roten. Auch Michael Schumacher natürlich, der "seine" Ferrari in einer sehr guten Ausgangsposition für den Rest der Saison sieht, allerdings auch vor übergroßer Euphorie warnte: "Ich glaube, dass wir gut vorbereitet sind in diesem Jahr, aber die Konkurrenz schläft nicht, ist uns dicht auf den Fersen. Es wird sicher eine sehr interessante Saison werden, aber wir dürfen sicher nicht davon ausgehen dürfen, dass wir jedes Rennen gewinnen können. Dafür müssen wir hart arbeiten."

Die entscheidende Frage bleibt: Um wie viel hätten Räikkönen und Massa in Barcelona noch zulegen können, wäre der Druck von hinten noch größer geworden? Räikkönen verkündete jedenfalls gleich mal selbstbewusst: "Ich hätte noch schneller fahren können." Sein Landsmann, Ex-Weltmeister Keke Rosberg, stimmte zu: "Ich glaube nicht, dass wir die wahre Leistung von Ferrari gesehen haben. Für mich ist Ferrari heute auf Sparflamme gefahren. Die hätten viel schneller gekonnt. Wenn es notwendig wird, werden die ihr wahres Gesicht zeigen. Ich glaube, dass sie noch sehr große Reserven haben."

Wie an der Perlenschnur: die Top-Teams im Sekundenabstand., Foto: Sutton
Wie an der Perlenschnur: die Top-Teams im Sekundenabstand., Foto: Sutton

Ausgerechnet Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali versucht das zu dementieren: "Wir haben gesehen, dass hinter uns wie verrückt gepusht wird. Es gab zwei Safety-Cars, wodurch unsere Pace unterbrochen wurde. Wir mussten also die Pace halten, aber auch gleichzeitig an die Zuverlässigkeit denken. Aber sie waren ja nur drei Sekunden hinter uns..." Es werde sicher keine leichte Saison für Ferrari, alles sei extrem eng, "und so ein Pech, wie es diesmal Heidfeld mit dem Safety-Car hatte, kann auch uns mal erwischen und dann verliert man gleich sehr viele Punkte..."

Bei der Konkurrenz gibt man sich jedenfalls weiterhin optimistisch: Ob Norbert Haug, Dr. Mario Theissen oder Peter Sauber - dass Ferrari wirklich nur vorne weg gebummelt sei, will da niemand gesehen haben. Dafür seien die Abstände zu gering gewesen - und das Tempo der Verfolger in Person von Hamilton und Kubica zu hoch. Ob das nur Zweckoptimismus ist oder ob Weiß-Blau und Silber tatsächlich in den nächsten Rennen genügend nachlegen können, wird sich zeigen. Ferrari hat jedenfalls schon mal angekündigt, dass man selbst auch heftig daran arbeite, die einzige noch vorhandene leichte Schwachstelle auszumerzen: den noch nicht für optimal erachteten Qualifying-Speed...

Im Mittelfeld scheint Renault doch ein etwas größerer Sprung gelungen zu sein als allgemein erwartet. Denn auch wenn Fernando Alonsos Platz in der ersten Startreihe mit für drei Runden weniger Benzin als etwa bei Felipe Massa erkauft war - der Zugewinn an Speed gegenüber den letzten drei Rennen im Vergleich zur Spitze war auch im Rennen zumindest bei Alonso deutlich zu sehen. Denn auch wenn er am Start gegen Felipe Massa keine Chance hatte - so schlecht sah der Weltmeister inmitten seiner früheren gewohnten Umgebung nicht aus, die Rundezeiten konnten sich durchaus sehen lassen. Bei Nelsinho Piquet ließen die eigenen Fehler ja leider keinen Rückschluss auf das Potenzial des Autos mit konventioneller Strategie zu, der völlig unnötige Ausrutscher in der fünften Runde zerstörte bereits alle Hoffnungen.

Aber mit dem Wissen um das Erreichte verließ zumindest Alonso die Stätte seines Heimrennens trotz des Ausfalls nicht unzufrieden - die Chancen, in Zukunft zumindest sicher "Best of the Rest" zu sein, auch wenn man mit den Top Drei auf Dauer noch nicht ganz mithalten kann, sind auf jeden Fall deutlich gestiegen. Was natürlich im Umkehrschluss für Toyota, Williams und auch Red Bull bedeutet: Der Kampf um den Einzug ins Q3 und um die letzten Punkte wird etwa für Nico Rosberg und Timo Glock noch härter werden als zuvor...