Wieviel Arbeit hatten Sie mit der Abstimmung auf die Einheitselektronik?
Luca Marmorini: Eine Menge. Wir haben viele lange Testruns fahren müssen, weil der eingefrorene Motor mit einer anderen Elektronik entwickelt worden ist, die von Magneti Marelli stammt. Zusätzlich mussten wir mit den Beschränkungen bezüglich Traktionskontrolle, Motorbremse usw. fertig werden. Das allein wäre schon eine bedeutende Änderung gewesen, auch wenn es uns freigestellt gewesen wäre, die eigene ECU anzupassen, hinzu kam aber noch die Einheitselektronik. Wir haben zwar die Dokumentation zu den Standardsystemen erhalten, zur Anpassung sind aber nicht nur Prüfstandtests, sondern auch Tests auf der Strecke erforderlich. Die Überarbeitung war so komplex, dass wir nicht mehr alles testen konnten, ich glaube aber, dass wir die meisten Unsicherheiten abgedeckt haben.

Wie groß sind die Unterschiede zwischen der vorherigen Elektronik und der neuen Einheitselektronik?
Luca Marmorini: Sie sind erheblich, nicht nur aus Motorsicht, sondern auch in Bezug auf das Getriebe und die Schaltsteuerung. Eine nahtlose Schaltsteuerung ist eine sehr delikate Sache, bei der man sich keine kleinen Unstimmigkeiten oder Fehler leisten kann. Das Team hat hierbei einen hervorragenden Job geleistet, es war aber viel Entwicklungsarbeit erforderlich. Wegen des eingefrorenen Motors und der Einheitselektronik sieht es von außen vielleicht so aus, als ob überhaupt keine Entwicklung mehr nötig wäre, tatsächlich ist der Aufwand aber enorm und mit der Entwicklung eines völlig neuen Motors vergleichbar. Wir hatten eine Menge Probleme mit Inkompatibilitäten und haben lernen müssen, innerhalb der richtigen Parameter zu arbeiten.

Gibt es für das Team noch etwas über die Einheitselektronik zu lernen?
Luca Marmorini: Definitiv. Man braucht ja nur daran zu denken, dass wir bei unserem vorherigen System zu jedem Rennen eine Art Software-Upgrade mitgebracht haben, nicht nur für die Performance, sondern auch zur Optimierung der Strategie. Wir haben also noch eine Menge darüber zu lernen, wie die Einheitselektronik vollständig optimiert werden kann. Wir haben das neue Steuergerät im Griff und können damit Rennen fahren, ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir schon alle möglichen Bedingungen getestet haben. Ich glaube, das Team hat hervorragend gearbeitet, es gibt aber noch eine Lernphase. Ich kann nicht davon ausgehen, dass alle Probleme gelöst sind, was auch in Australien zu sehen war. Dort hatten wir Schwierigkeiten mit Timos Getriebe, weil wir falsch interpretiert hatten, wie das System einzurichten ist.

Die Autos fahren sich nun anders, Foto: Hartley/Sutton
Die Autos fahren sich nun anders, Foto: Hartley/Sutton

Was hat sich in Bezug auf das Verhalten der Fahrzeuge geändert?
Luca Marmorini: Ein direkter Vergleich zwischen diesem und dem letzten Jahr ist sehr interessant. Im letzten Jahr war die Gaspedal-Stellung sehr viel stärker digitalisiert und schon in Kurvenmitte linear, während die Motordrosselklappe verzögert wurde. Dieses Jahr stehen Drosselklappe und Fußbewegung in einer direkten Entsprechung zueinander, wodurch der Fahrer selbst zu tun hat, was im letzten Jahr die Elektronik übernommen hat. Damit wird das Gasgeben für ihn schwieriger. Natürlich helfen wir, indem wir für einen glatteren Lauf des Motors sorgen. Am Ende ist der Unterschied in den Rundenzeiten minimal, es erhöht sich aber das Risiko von Fehlern. Über eine Renndistanz und bei veränderlichen Grip-Bedingungen nimmt auch der Stress des Fahrers zu.

Ist der Wegfall der Motorbremse für die Fahrer ein größeres Problem als die Traktionskontrolle?
Luca Marmorini: Bei der neuen Regelung war man anfangs geneigt, sich nur auf die fehlende Traktionskontrolle zu konzentrieren und zu unterschätzen, wie wichtig der Beitrag des Motors zu effektivem Bremsen ist. Es hat sich aber gezeigt, dass dies für die Fahrer sehr bedeutend ist. Der Fahrer muss bei wechselnden Grip-Verhältnissen vorsichtig sein, weil Instabilität beim Bremsen bedeuten kann, dass er die Kontrolle über den Wagen verliert. Unter der neuen Regelung können wir einige Motorkennfelder verwenden, um etwas zu helfen, im Vergleich zum letzten Jahr ist das aber sehr wenig.

Wie sehr hat sich der Startverlauf geändert, da jetzt die Startkontrolle fehlt?
Luca Marmorini: Er hängt jetzt viel stärker vom Können des Fahrers ab. Wir können ein spezielles Startkennfeld mit weniger Gasannahme bei kleinen Drosselklappenwinkeln verwenden, womit der Fahrer bessere Kontrolle über das Durchdrehen hat, dieses Kennfeld muss aber 90 Sekunden lang beibehalten werden. Es darf also nicht zu extrem sein, weil man sonst einen Dreher in der ersten Runde riskiert. Vollgas bedeutet Vollgas und kann nicht gedrosselt werden. Wenn man ein Drosselklappenkennfeld verwendet, das sehr sanft einsetzt und dann sehr schroff wird, wäre dies riskant, wenn die Fahrer in der ersten Runde um die Positionen kämpfen. Die Betonung liegt also nicht nur auf dem Start, sondern auch auf der Performance in der ersten Runde. Schließlich will man nicht, dass der Wagen schleudert, wenn es z.B. durch eine Haarnadelkurve geht. Die Vorschrift ist so konzipiert, dass man dem Fahrer mit dem speziellen Startkennfeld nicht allzu viel helfen kann.