In Melbourne wartet für Colin Kolles die Realität. Bis dahin will sich der Force India-Teamchef noch mit großen Prognosen zurückhalten. Er weiß nur so viel: Platz acht und neun ist wohl etwas zu optimistisch. "Wir fahren aber ein legales Auto und es gibt keinen Hokuspokus. Es könnte sein, dass wir vor ein paar anderen Teams sind", erklärte er gegenüber Autosport. Das glaubte er alleine schon deswegen, weil bis zum Saison-Start noch neue Teile für das Auto kommen und es sich laut Auskunft der Fahrer bereits stark verbessert hat. "Das kann man nicht anhand von Zehnteln quantifizieren, aber sie fühlen sich wohler im Auto und für Melbourne kommen neue Sachen", erklärte Kolles.

Was ihn weiter zuversichtlich stimmte, war die Kombination aus Fahrern, die sich mittlerweile beim Team gefunden hat. Kolles bezeichnete die Paarung aus Adrian Sutil und Giancarlo Fisichella sogar als eine der stärksten. "Giancarlo Fisichella hat in seiner Laufbahn 300 Punkte geholt, war zwei Mal neben Alonso Konstrukteurs-Weltmeister und es gab nicht viele Fahrer, die in seiner Laufbahn schneller waren als er. Er hat auch viel dazu beigetragen, dass wir zumindest einen Schritt nach vorne gekommen sind", betonte Kolles. Zudem hat Fisichella einen sehr geschmeidigen Fahrstil, was nach Meinung des Teamchefs beim Fahren ohne Fahrhilfen nützlich sein wird. "Das hilft auch Adrian, denn er kann sehen, wie ein erfahrener Fahrer fährt."

Doch auch wenn es mit dem Team weiter so aufwärts gehen sollte, wie sich Kolles das erhofft, so rechnet er doch mit einem schweren Weg, bis man einige der selbst gesteckten Ziele erreicht - beispielsweise einen Podestplatz 2010. "Man muss diese Herausforderungen haben, sonst wird es langweilig. Wir arbeiten und werden sogar dieses Jahr versuchen, auf das Podium zu kommen; es ist nicht so, dass wir es nicht probieren", sagte der Teamchef. 2009 erwartet er dann wie Mike Gascoyne einen größeren Sprung, da alle Teams wieder bei Null beginnen. "Wir arbeiten schon am Auto für 2009, wir haben das Modell im Windkanal, also gibt es auch genug Geld dafür. Es gibt keine Ausreden für die Ingenieure, wir müssen einfach Leistung bringen."

Als Team will man Indien begeistern, Foto: Force India
Als Team will man Indien begeistern, Foto: Force India

Die Einstellung im Team ist laut Kolles jedenfalls leistungsorientiert und alle Bitten der Abteilungen sind vom Vorstand abgesegnet worden. Alleine schon deswegen will er nun auch keine Ausreden mehr gelten lassen. Wenn die gewünschten Erfolge dann kommen, soll auch Indien mehr vom Formel 1-Virus infiziert werden, wo Kolles bereits eine kleine Rennsport-Kultur erkannt haben will. "Und wenn das Feuer größer und größer wird und mehr und mehr Leute Gefallen daran finden, was Force India macht, dann ist das etwas Positives für die F1-Welt", meinte er. Bis das erreicht ist, wird es aber Aufgabe von Kolles, den Vorständen klar zu machen, wie schwer der Weg in der Formel 1 sein kann.

Die Irrungen und Wirrungen in der Königsklasse zeigen sich ja in vielen Bereichen, unter anderem auch bei der Findung eines neuen Concorde Agreements, das laut Kolles bis Melbourne wohl nicht unterzeichnet werden wird. Die Absichts-Erklärung, die alle Teams unterzeichnet haben, um die Saison auf Basis des alten Agreements zu beginnen, findet er nicht wirklich ausreichend. "Sie ist zwar juristisch bindend, aber auch dahingehend, dass wir das aktuelle Concorde Agreement auf Vordermann bringen sollen. Und im aktuellen Concorde Agreement sind Kundenautos nicht erlaubt. Wenn ein neues Concorde Agreement kommt, das besagt, Kundenautos sind erlaubt, dann ist das ein fundamentaler Wechsel." Da dem aber noch nicht so ist, will Force India auch mit dem Gerichtsverfahren gegen Kundenautos weitermachen.