Die Rennen

Wichtig ist auf der Rennstrecke. Vier verschiedene Sieger in elf Rennen, vier Titelanwärter, spannende Rennen, Zweikämpfe bis in die Schlussrunden. Die Saison 2007 hatte alles zu bieten, was sich der F1-Fan wünscht. Am meisten blieb das Chaosrennen am Nürburgring in Erinnerung, bei dem Lokalmatador Markus Winkelhock in einem Spyker Führungskilometer sammeln durfte. In Kanada ging es nicht minder chaotisch zu, der Horrorunfall von Robert Kubica lässt die Fans noch heute zusammenzucken. Aber auch andere Rennen hatten es in sich. In Malaysia gerieten Felipe Massa und Lewis Hamilton aneinander, in Monaco jagten sich erstmals die beiden McLaren-Piloten - damals noch mit Teamtaktik zu Gunsten von Alonso. In Indianapolis der nächste Anlauf: diesmal durfte Hamilton siegen. Der Höhepunkt des silbernen Duells folgte in Budapest, allerdings schon im Qualifying - das Rennen war die übliche Prozession. Es ist eben nie alles Gold in der Formel 1-Welt, dennoch machten die ersten elf Saisonläufe Lust auf mehr.

Die Neuen

Drei Neue: einer schlug ein wie eine Bombe, einer schlägt sich noch durch und einer schlug öfter in der Wand ein., Foto: Sutton
Drei Neue: einer schlug ein wie eine Bombe, einer schlägt sich noch durch und einer schlug öfter in der Wand ein., Foto: Sutton

Es gibt sie in jeder Saison: Rückkehrer wie Alex Wurz, Quasi-Neulinge wie Sakon Yamamoto, Robert Kubica und Anthony Davidson, die vorher nur eine Handvoll Rennen bestritten haben, und natürlich auch Einmalneulinge wie Markus Winkelhock, die danach leider keine weitere Chance erhalten sollten. Zu dieser Kategorie hätte beinahe auch Sebastian Vettel gehört, doch jetzt bekommt er bei Toro Rosso seine zweite Chance.

Über einen Neuling braucht man in diesem Jahr nicht viele Worte zu verlieren: Lewis Hamilton stand in seinen ersten neun F1-Rennen immer auf dem Podium, führt die WM an und hat bereits drei Siege auf seinem Konto. Besser geht es kaum. Keinen solchen Fabelstart, aber doch einen besseren Einstieg, hat man vor Saisonbeginn Heikki Kovalainen zugetraut. Doch der Finne konnte den Vorschusslorbeeren in den ersten Rennen nicht gerecht werden. Erst später kam er in Fahrt und zeigt Giancarlo Fisichella mittlerweile immer öfter, wieso er vor Saisonbeginn als GP-Sieger gehandelt wurde. Adrian Sutil kann davon nur träumen. Trotzdem machte er seine Sache gut - auch wenn er mehrmals selbstverschuldet in der Mauer landete; er hatte alle seine Teamkollegen fest im Griff.

Die Regeln

Die größte Änderung im Vergleich zum Vorjahr sind die neuen Einheitsreifen, die nur noch in vier verschiedenen Mischungen daherkommen. Die Folge: jeder Fahrer muss im Rennen beide Mischungen einsetzen, es kommt noch mehr auf die richtige Taktik an. Wann werden welche Reifen für wie viele Runden eingesetzt? Die erhofften Überholmanöver brachte die neue Reifenregel nur in Sonderfällen. Etwa in Kanada, wo Takuma Sato im Super Aguri am McLaren von Fernando Alonso vorbeiging!

Manche dürfen vorbei, manche nicht - die Safety Car Regeln sind noch nicht ausgereift., Foto: Sutton
Manche dürfen vorbei, manche nicht - die Safety Car Regeln sind noch nicht ausgereift., Foto: Sutton

Auf dem Papier war die Einfrierung der V8-Motoren der größte Einschnitt für die Saison 2007. Doch bemerkt hat das kalte Händchen an den Motoren niemand. Am Kräfteverhältnis oder den Rennen an sich hat sich dadurch nichts verändert. Ganz anders bei den neuen Testbeschränkungen. Die drei Stunden freies Training am Freitag machen sich bezahlt, die Fahrer sind meistens länger unterwegs, die Zuschauer bekommen mehr zu sehen. Doch die Testlimitierung zwischen den Rennen ist vor allem für junge Talente und Testfahrer ein Graus: für sie bleibt kaum noch Testzeit übrig. Die unsinnigste Neuerung in dieser Saison ist die neue Safety Car-Regel. Wenn den Überrundeten eine Runde geschenkt wird und sie mit Vollgas um den Kurs heizen, um sich wieder hinten einzureihen, fragt sich so mancher, was das eigentlich bringen soll?

Die Gewinner

Ein Blick auf die WM-Tabelle sagt alles: Lewis Hamilton ist der Gewinner des Jahres - das steht schon nach elf von siebzehn Rennen fest. Egal ob er gleich in seiner ersten Saison Weltmeister werden sollte oder nicht. Zehn Mal stand er auf dem Podium, hat seinen Teamkollegen, immerhin ein zweifacher Weltmeister, mehrmals geschlagen; gleichzeitig aber auch sehr viel von ihm, seinem Setup und der Arbeit des Teams gelernt. Eigentlich müsste man auch McLaren Mercedes zu den Gewinnern zählen, jedenfalls wenn es nur ums Sportliche ginge. Neben der Strecke sorgten die Silbernen jedoch für etliche Negativschlagzeilen - sowohl selbst- als auch unverschuldet.

Zwei richtige Gewinner sind BMW Sauber und Super Aguri. Die Weiß-Blauen setzten ihre Ankündigungen in die Tat um, fuhren aus eigener Kraft aufs Podest und sind die unumstrittene dritte Kraft in der F1-Welt. Zu den beiden Topteams fehlt allerdings noch ein Stück. Das gilt erst recht für Super Aguri, die mit 4 WM-Punkten jedoch schon weit über ihr Ziel hinausgeschossen sind. In den letzten Rennen hatten sie zwar keine Chance mehr auf weitere Punkte, aber die Leistung der ersten Rennen muss dennoch gewürdigt werden.

Die Verlierer

Kein gutes Jahr für Japan: Toyota enttäuscht, Honda ist frustriert., Foto: Sutton
Kein gutes Jahr für Japan: Toyota enttäuscht, Honda ist frustriert., Foto: Sutton

Wenn ein Fahrer zur Saisonmitte ausgetauscht wird, kann er kaum zu den Gewinnern zählen. Wenn er zudem noch Tankanlagen auseinandergerissen hat und fast immer von seinem Teamkollegen, einem Rookie, geschlagen wurde, dann gehört er erst recht zu den Verlierern der Saison. Christijan Albers kennt diese Situation bestens. Aber auch einige Teams wissen, wie sich Enttäuschungen anfühlen. Etwa Renault, die als Titelverteidiger in beiden WM-Wertungen mit großen Hoffnungen ins Jahr gestartet waren, nach einem Fehlstart aber noch immer um den Anschluss an BMW Sauber kämpfen.

Nicht viel besser erging es Toyota. Sie wollten mal wieder den ersten GP-Sieg in Angriff nehmen. Aber wie Renault kamen sie erst zur Jahresmitte in Schwung, wobei sie im Gegensatz zu den Franzosen noch immer dafür kämpfen, richtig in Schwung zu kommen. Ihre Landsleute von Honda sind davon unendlich weit entfernt. Das Auto fällt nur wegen der Lackierung auf, die ist im Fernsehen aber nur selten zu sehen - und wenn, dann nur bei Ausfällen oder Überrundungen. Honda ist zu langsam, das Auto eine Katastrophe. Ganz klar die Verlierer des Jahres.

Der Wahnsinn

Der Wahnsinn ist noch nicht vorbei., Foto: FIA
Der Wahnsinn ist noch nicht vorbei., Foto: FIA

Jedes Jahr hat seinen eigenen Wahnsinn. Fahrer, die im einen Moment das Team wechseln wollen, im nächsten dann nicht mehr. Präsidenten, die pausenlos Regeln ändern. Teamchefs, die für Fighting Funds eintreten. Pressekonferenzen, die eskalieren oder in Kommentarlosigkeit versumpfen. "Rennen", an denen nur sechs Autos teilnehmen. Auch die Saison 2007 hat nach elf Rennwochenenden schon etliches an Wahnsinn erlebt. Die Affären rund um flexible Flügel und Unterböden scheinen derzeit fast schon in Vergessenheit geraten zu sein. Sie wurden zur Jahresmitte von Spionagefällen abgelöst. Plötzlich drehte sich alles um Copyshopmitarbeiter, Verfolgungsjagden und geheime Dokumente. Kurz vor der Sommerpause kam in Ungarn noch der McLaren-Teamstreit hinzu. Bleibt nur zu hoffen, dass all das genauso schnell in Vergessenheit gerät, wie die Affären des letzten Jahres. An die Massedämpfer denkt heute niemand mehr, außer bei Renault, dort wird immer noch gerne über das Verbot gejammert.

Die WM

Die Saison 2007 hat auch ohne Wahnsinn viel zu bieten: Spannung, einen engen WM-Kampf, vier Titelanwärter, zwei gleichstarke Topteams, deren Kräfteverhältnis sich von Strecke zu Strecke verändert. Noch führt der Neuling, aber Fernando Alonso darf man nicht abschreiben. Und Ferrari will bekanntlich auch noch ein Wörtchen mitreden, jedenfalls beteuern die Roten das in jedem zweiten Satz. Der viele Wirbel bei McLaren könnte ihnen in die Karten spielen - was nicht nur für Verschwörungstheoretiker einer der Gründe für den Wahnsinn sein könnte. Am Hungaroring zeigte sich McLaren jedoch unbeeindruckt von den Querelen abseits der Strecke - sie dominierten auf dem Kurs. Noch ist die Saison aber nicht vorbei. Es kann noch viel passieren - hoffentlich auf und nicht neben der Strecke.