Nach dem Ausstieg von Michelin aus der Formel 1 werden 2007, zum ersten Mal seit sechs Jahren, wieder alle Autos auf den gleichen Reifen antreten und die Umstellung auf die neuen Pneus ist für alle gewöhnungsbedürftig. Das zeigte sich ganz deutlich bei den Testfahrten in Barcelona vergangene Woche. Ganz besonders überrascht von den neuen Gummis zeigte sich Ferrari-Pilot Felipe Massa, obwohl er einer derjenigen war, die auch schon in der Vergangenheit auf den Bridgestone-Reifen unterwegs waren.

"Die waren ein Schock", sagte der Brasilianer. "Sie sind viel härter und langsamer als die von 2006. Man hat sehr wenig Grip, kann gar nicht richtig attackieren. Ich muss früher bremsen und kann gar nicht so hart in die Kurve gehen, weil die Reifen sonst sofort blockieren. Deswegen hoffe ich, dass die Reifen bis zum Saisonanfang etwas weicher werden." Zufrieden war dagegen BMW Sauber Mann Nick Heidfeld, dem die Umstellung von Michelin auf Bridgestone offenbar recht leicht fiel.

Trotz Einheitsreifen dreht sich alles um die Gummis, Foto: Sutton
Trotz Einheitsreifen dreht sich alles um die Gummis, Foto: Sutton

"Sicher sind sie langsamer, aber das Fahren macht immer noch genauso viel Spaß. Und innerhalb der früheren Michelin-Teams waren wir ja auch wieder gut mit dabei, das war schon ganz viel versprechend," erklärte der Deutsche. "Nur Ferrari hat halt noch einen ziemlichen Vorsprung. Das hatte ich allerdings auch erwartet, wenn auch vielleicht nicht ganz so extrem. Aber es ist ja logisch. Selbst wenn die Reifen jetzt anders sind, selbst wenn Bridgestone jetzt alle gleich behandelt, was ich wirklich glaube." Durch die langjährige Zusammenarbeit sei zwischen Ferrari und Bridgestone alles "unglaublich verzahnt", man kenne gegenseitig alle Details. "Es gibt sicher in der ganzen Bridgestone-Palette nicht einen Reifen, der nicht zum Ferrari passt. Deshalb sind die für mich auch erstmal ganz klar die Top-Favoriten für 2007."

Renault-Neuling Heikki Kovalainen war von den neuen Reifen alles andere als angetan und beschwerte sich, dass man künftig wohl nicht mehr richtig angreifen könne. "Ich war 5-6 Sekunden langsamer als die Zeiten, die ich früher hier gefahren bin. Mit denen kann man gar nicht aggressiv fahren. Ich muss viel vorsichtiger bremsen, und auch beim Ausfahren von den Kurven drehen sie leicht durch. Diese Reifen werden den Fahrstil stark verändern." Wie auch Heidfeld geht der Finne davon aus, dass Ferrari zumindest am Anfang der Saison noch einen Wissensvorsprung in Sachen Reifen haben wird. "Ich glaube aber auch, dass wir genug Know-how haben, um diesen Vorsprung im Laufe der Saison aufzuholen."

"Sie rutschen viel mehr," erklärte auch Super Aguri-Fahrer Anthony Davidson über die neuen Reifen. "Das fordert den Fahrer viel mehr. Physisch ist es aber nicht anstrengender, im Gegenteil, da wir langsamer sind. Aber es ist schwer, sie auf Arbeitstemperatur zu bringen, ganz besonders auf der ersten Runde und insbesondere bei diesen kalten Wetterbedingungen," erklärte Davidson gegenüber Autosport. Das größte Problem sieht der Brite aber darin, die Reifen auf Temperatur zu halten. "Bei meiner letzten Runde bin ich heute vom Verkehr aufgehalten worden und musste vom Gas gehen. Dann musste ich wieder angreifen, aber die Reifen waren total abgekühlt und hatten keinen Grip mehr." Es sei zwar nicht gefährlich und mache irgendwie sogar Spaß, erklärte er weiter, aber es sei eben schwierig das Auto und die Reifen miteinander zum arbeiten zu bekommen.

Bridgestone-Techniker Hisao Suganuma erklärt, dass man für Barcelona allerdings auch eine besonders harte Reifenmischung gewählt habe. "Barcelona ist ein Hochgeschwindigkeitskurs und einer der anspruchsvollsten für die Reifen. Deswegen haben wir unsere harte Trockenspezifikation für alle anwesenden Teams mitgebracht," so der Japaner. "Das Augenmerk liegt auf Ausdauer und Konstanz und deswegen war der allgemeine Grip geringer. Diese Situation ist aber für alle die selbe. Für die Ingenieure und Fahrer liegt die Herausforderung nun darin, durch das Setup das meiste aus den Reifen herauszuholen. Insgesamt hat der Reifen unsere Anforderung für die Situation als alleiniger Hersteller übertroffen."

Die Situation ist für alle gleich, sagt Hisao Suganuma, Foto: Sutton
Die Situation ist für alle gleich, sagt Hisao Suganuma, Foto: Sutton

Und wie war es nun, mit den neuen Teams zu arbeiten? "Angenehm," sagt Suganuma. "Wir haben bereits zuvor mit vielen der Teams und dem Personal gearbeitet, also sind sie für uns keine Fremden. Sie haben sich schnell an die Reifen angepasst und über den Winter haben sie die Gelegenheit, die Feinabstimmung für die optimale Leistung zu machen." Zum Thema Wissensvorsprung und Vorteil für Ferrari gegenüber den anderen Teams, besonders gegenüber den Neulingen, den besonders Flavio Briatore schon angesprochen hat, meint Suganuma, dass sich da wohl keiner Sorgen machen müsse.

"Die 2007er-Spezifikation der Reifen ist für Ferrari so neu wie für die anderen zehn Teams. Sie mussten, wie alle anderen, ihr Setup anpassen. Der einzige Vorteil, den sie haben, liegt in den persönlichen Beziehungen, was natürlich ist. Nichtsdestotrotz, McLaren hat Meisterschaften und Titel mit unseren Reifen gewonnen und wir haben mit den meisten Fahrern und Ingenieuren im Feld Erfahrung bei der Zusammenarbeit." Eines ist jedoch schon jetzt sicher. 2007 wird auf alle Fälle ein Bridgestone-Team Weltmeister und das Ziel für die Japaner besteht darin, allen die gleichen Chancen zu bieten. "Sieg bedeutet für uns jetzt, dass alle elf Teams am Ende der Saison zufrieden sind, weil Bridgestone ihnen sichere, haltbare und benutzerfreundliche Reifen gegeben hat und zu allen fair war. Das ist unser Ziel und unsere Motivation," so Suganuma abschließend.