Der Samstag in Shanghai hat es wieder einmal bestätigt. Wenn es regnet, dann sind die Mannschaften von Bridgestone jenen von Michelin deutlich unterlegen. Michael Schumacher war der einzige, der sich mit den Pneus der Japaner unter die ersten Sechs fahren konnte. Sonst hatte Michelin ganz klar die Oberhand. Das Wetter könnte laut Vorhersagen auch am Sonntag eine wichtige Rolle spielen, weswegen fast alle der wichtigen S-Faktoren für den Renntag davon beeinflusst werden.

1. - S wie Startaufstellung

Sie spiegelt eben jenes Wetterphänomen wieder, das Gummi und Gummi weiter auseinanderrücken lässt als es jede Hitzewelle machen könnte. Vorne die beiden Renaults von Fernando Alonso und Giancarlo Fisichella. Dahinter die zwei Hondas von Rubens Barrichello und Jenson Button. In Reihe drei schließlich doch noch ein Bridgestone mit Michael Schumacher auf Startplatz sechs, der neben Kimi Räikönnen ins Rennen gehen wird.

Trotz Reifennachteil kam Michael Schumacher noch auf Platz sechs, Foto: Sutton
Trotz Reifennachteil kam Michael Schumacher noch auf Platz sechs, Foto: Sutton

"Im Regen sind wir nicht konkurrenzfähig, das ist offensichtlich", musste dann auch der Ferrari-Pilot feststellen. "Ich stehe nur auf Platz 6 und nicht auf Platz 20", betonte er. "Eine Aufholjagd kann also nur begrenzt stattfinden, aber ich strebe den Weg nach vorne an." Renault kann da natürlich gelassener auf die Startordnung blicken. Motorenchef Denis Chevrier meinte: "Wir haben die beste Ausgangsposition."

2. - S wie Start

Auch der Start wird stark vom Wetter abhängig sein. Denn ob die Meute stehend oder doch fahrend in das Rennen geht, hängt von der aktuellen Wasserstandsanzeige zum planmäßigen Rennbeginn ab. Nick Heidfeld ist der Meinung, dass die FIA es aber gut im Griff hat, ob stehend oder hinter dem Saftey Car gestartet wird. "Wenn ein paar Autos erst einmal ein paar Runden gefahren sind, dann ist es normalerweise deutlich besser", erklärte Heidfeld jedenfalls.

Wenn das Feld dann einmal unterwegs ist, warten aber erst die wirklichen Gefahrenpunkte. Da ist beispielsweise die Kurve gleich nach Start und Ziel, die wie eine Schnecke immer mehr zumacht und wo es während der ersten Positionskämpfe so richtig eng werden könnte. Die Renaults mit ihren guten Starts haben dort natürlich einen Vorteil, da sie sich gleich einmal ein wenig vor das Feld setzen können und ungehindert durch diese kritische Passage kommen dürften. Christian Danner stellt sich das folgendermaßen vor: "Fisichella wird etwas konservativer fahren und Alonso wird vorne davon ziehen können."

Michael Schumacher hat diesen Luxus auf Startplatz sechs nicht. Er ist zwischen den zwei McLaren eingeklemmt, davor sind auch noch die Hondas und hinter dem Silberpfeil von Pedro de la Rosa werden auch noch die BMW Sauber nach vorne Druck machen. Bei so vielen Autos kann der freie Platz recht eng werden und schon einmal das eine oder andere Teil vom Auto abgetrennt werden. Auch ein Michael Schumacher ist trotz aller Routine nicht vor dem Positionsdrang der anderen Piloten gefeit.

Wenn es so nass wird, dann wird der Start hinter dem Safety Car erfolgen, Foto: Sutton
Wenn es so nass wird, dann wird der Start hinter dem Safety Car erfolgen, Foto: Sutton

3. - S wie Setup

Die Abstimmung in Shanghai kann nur ein Kompromiss sein, denn den schnellen Geraden stehen einige schnelle und auch langsame Kurven gegenüber, die den nötigen Abtrieb erfordern, um dort nicht entscheidende Meter oder Zehntel auf die Konkurrenz zu verlieren. Normalerweise wird aber dem Top Speed der Vorzug gegeben, da man dadurch verhindern will, dass die Gegner einen einfach aus dem Windschatten überholen.

Auch die Reifen spielen aufgrund des Layouts der Strecke eine wichtige Rolle. Denn nicht nur das Wetter wird Auswirkungen darauf haben, wer schnell fahren kann, sondern auch der Reifenverbrauch. Die Vorderreifen werden vor allem in den Kurven eins, sieben und acht belastet. Die Hinterreifen dafür bei den besonders langsamen Turns, aus denen voll heraus beschleunigt wird.

Dabei wird auch die Aufhängung keine unbedeutende Rolle spielen. Da auch die Bremsphasen recht wild sind und die Richtungswechsel bei hoher und niedriger Geschwindigkeit einiges von den Aufhängungen verlangen, wird die Abstimmung vorne etwas härter und hinten etwas weicher sein. Dadurch reagiert das Auto besser und ist beim Anbremsen etwas stabiler.

4. - S wie Strategie

Auch die Boxenbesuche hängen vom Wetter ab, Foto: Sutton
Auch die Boxenbesuche hängen vom Wetter ab, Foto: Sutton

Auch sie wird natürlich stark vom Wetter beeinflusst sein. Denn wenn es regnet ist der Benzinverbrauch niedriger, als bei einer trockenen Strecke. Außerdem muss gerade bei nassem Wetter jederzeit mit einer Safety Car Phase gerechnet werden, wodurch die Karten wieder neu gemischt würden.

Bei normalen Verhältnissen hat sich bislang meist eine Drei-Stopp-Strategie bewährt, wobei beispielsweise Ferrari eine andere Taktik wählen könnte, um dem Verkehr auszuweichen. Für Renault läge eine Möglichkeit darin, Giancarlo Fisichella sehr schwer ins Rennen zu schicken, und das Feld hinter ihm zu halten, während Fernando Alonso vorne mit einem leichten Auto davon fährt. Bedingung dafür, ist natürlich ein Start nachdem diese taktische Spielerei aufgeht.

Die Tankfenster für Zwei- oder Drei-Stop-Strategie sind für ein trockenes Rennen jedenfalls relativ deutlich definiert. So würden die Fahrer, die zwei Stopps einlegen, in etwa zwischen den Runden 21 bis 24 und 34 bis 42 hereinkommen. Piloten, die drei Mal stoppen wollen kämen zwischen dem 15. und 17 Umlauf, Runde 30 bis 32 und der 45. bis 47 Runde herein.

5. - S wie Sonntagswetter

Der eine wichtige Faktor, der sich am Sonntag auf alles andere auswirken könnte. Laut wetter.com liegt die Regenwahrscheinlichkeit am Sonntag zwischen 70 und 80 Prozent, was den Michelin-Teams ungeachtet von Setup, Strategie und was auch sonst immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürfte.

Wie es aber am Sonntag wirklich wird, wagte auch Nick Heidfeld nicht genau zu beurteilen, da die Wetterorakel auch in der Formel 1 nicht unbedingt einer Meinung sind. Seine Prognose lautete: "Ähnlich wie heute. Es gibt zu cirka 60 bis 70 Prozent Regen. Es kommt aber darauf an, wo du guckst. Auch heute Morgen hatten wir alles an Vorhersagen."

Renault Teamchef Flavio Briatore war genauso vorsichtig, um nicht die Wolken mittels zu freudiger Erwartung zu vertreiben. Er sagte: "Man weiß nie, was das Wetter macht, aber uns ist alles recht - so lange es nicht 40 Grad heiß wird." Sollte es doch so sein, dann hätte es Petrus geschafft, innerhalb von 24 Stunden die Bedingungen von pro Michelin auf pro Bridgestone zu drehen. Damit rechnen allerdings nur die wenigsten.

6. - S wie Speed

Die langen Geraden bringen vor allem jenen Fahrern Vorteile, die darauf auch die besten Geschwindigkeiten erzielen. Wenn man guten Top Speed hat, dann lässte es sich dort auch leichter überholen. Im Qualifying wurden die beiden Renaults mit der höchsten Geschwindigkeit gemessen. Giancarlo Fisichella war 311,9 und Fernando Alonso 311,5 km/h schnell.

Giancarlo Fisichella hatte im Qualifying den höchsten Top Speed, Foto: Sutton
Giancarlo Fisichella hatte im Qualifying den höchsten Top Speed, Foto: Sutton

Michael Schumacher fand sich in dieser Wertung mit fünf Kilometern pro Stunde Rückstand auf dem vierten Rang. Da das Wetter aber bekanntlich nicht unbedingt geschwindigkeitsfreundlich war, lassen sich daraus nur schwer Rückschlüsse ziehen. Denn selbst Denis Chevrier von Renault betonte, dass es bei solchen Bedingungen immer darauf ankomme, wer wie viel Risiko gehe. Unter Renn-Adrenalin kann es da durchaus zu Verschiebungen kommen.

7. - S wie Spannung

Spannung wird also schon vor dem Rennen genug herrschen. Denn alle werden mit mindestens zwei Augen zum Himmel schauen, was sich denn dort oben tut. "Im Nassen wird es für Michael schwer", sagte Renault-Chefrenningenieur Pat Symonds, "Dann hat Fernando eine Art Favoritenrolle, aber Michael ist gut genug, um noch nach vorne zu fahren. Ich erwarte ein spannendes Rennen."

Auch Fernando Alonso traut sich keine Vorhersage zu, was den Spannungsfaktor natürlich weiter erhöht. "Es lässt sich nicht sagen, was morgen sein wird", so Alonso. "Gestern gab es leicht feuchte Bedingungen, aber unter trockenen Bedingungen haben wir gar keine Daten." Dennoch glaubt er, dass Renault auch im Trockenen "konkurrenzfähig" sein wird. Im Nassen sei man dies ohnehin, allerdings gilt dann Vorsicht: "Denn im Nassen muss man erst einmal ins Ziel kommen."

Michael Schumacher ist jedenfalls der Meinung, dass es nicht aussichtslos ist. "Unter normalen Bedingungen lässt sich da schon noch etwas machen, aus dieser Position zu siegen, wird natürlich um einiges schwieriger", meinte der Ferrari-Pilot. Doch das Rennen ist lang und es kann viel passieren. 56 Runden sind zu fahren und "das ist lang genug, um auch ganz vorne eingreifen zu können. Aber das ist aus dieser Position, bei dieser Wettbewerbsfähigkeit und unter diesen Bedingungen wesentlich schwieriger."

Ross Brawn betonte noch einmal, wie sehr die Bedingungen den Unterschied zwischen Mitfahren und um den Sieg mitfahren ausmachen können: "Wir müssen alles geben, aber angesichts unseres Reifennachteils ist Platz 6 klasse. Wenn es nass wird, wird es für uns schwierig, aber im Trockenen oder bei gemischten Bedingungen haben wir vielleicht noch eine Chance." Immerhin sei Schumacher im 3. Freien Training auf abtrocknender Strecke Bestzeit gefahren. "Es ist am wichtigsten so viele Punkte wie möglich zu holen und den Abstand nicht zu stark anwachsen zu lassen", meinte Brawn.

Auch Christian Danner machte eigentlich alles vom Wetter abhängig. "Je nach Bedingungen kann einmal der, einmal der andere einen Vorteil haben. Allerdings strotzt man bei Renault vor Zuversicht", sagte er. Deswegen sieht er Renault bei beständigen Bedingungen im Vorteil, egal wie diese aussehen. "Renault ist unter allen Bedingungen glasklarer Favorit. Renault hat also die besseren Karten, aber bei wechselnden Bedingungen kann alles passieren. Nämlich dann, wenn der Reifen zwar gut ist, aber die Bedingungen dafür nicht passen..."