Der 23-jährige Adrian Sutil aus Gräfelfing bei München war heute am Nürburgring erstmals in seiner Karriere als Freitagsfahrer in der Formel 1 tätig. Im Interview spricht er über diesen Traumtag, seine ungewöhnliche Karriere und das Klavierspielen als Ablenkung zum Rennfahren.

Heute ist ein Traum von Ihnen wahr geworden. Sie waren zum ersten Mal als Freitagsfahrer im Einsatz. Wie fühlt sich das an?

Adrian Sutil: Das ist ein schönes Gefühl, denn ich habe lange darauf gewartet. Ich war schon oft in der F1 dabei, da schaut man in die Boxengasse und bewundert die Autos. Und jetzt steht mein Name da, wo ich noch letztes Jahr davor stand und dachte: Ich würde so gerne, aber es geht nicht.

Ist das hier schöner als nur eine Testfahrt?

Adrian Sutil: Das ist jetzt das richtige Rennwochenende. Die Zuschauer sind da, das ist etwas Neues. Noch schöner war aber der erste Test. Das ist ja so unvorstellbar, dass man überhaupt jemals in diesem Auto sitzt und aus der Boxengasse fährt.

Ihre Leistung heute war schon beeindruckend. Sie waren heute schneller als Nico Rosberg, Kimi Räikkönen oder Juan Pablo Montoya. Und das in einem Midland-Auto.

Adrian Sutil: Ja, das ist schon unglaublich. Denn egal wie schwer die gefahren sind, ist es immer ein gutes Zeichen, wenn man vor denen steht.

Wie wohl haben Sie sich in dem Auto gefühlt?

Adrian Sutil: Sehr wohl, viel wohler als in jedem Formel-3-Auto. Obwohl so ein Auto schon sehr schwer zu fahren ist. Weil der Grenzbereich so gering ist. Wenn man nur etwas zu viel pusht, ist man sofort im Kies.

Was wollten Sie heute erreichen?

Adrian Sutil: Alles geben, was in mir steckt, und keine Fehler machen. Und ein Zeichen setzen, damit ich irgendwie irgendwo doch noch reinkomme, obwohl es sehr schwer ist.

Wie zufrieden sind Sie?

Adrian Sutil: Sehr. Ich habe keine Fehler gemacht das Auto nach vorne gebracht und auch ein gutes Setup gefunden.

Waren Sie nervös?

Adrian Sutil: Positiv nervös schon. Und als ich dann rausfuhr und die ganzen Fotografen sah, das war schon irre.

Adrians nächste Ausfahrt ist in Magny Cours., Foto: Sutton
Adrians nächste Ausfahrt ist in Magny Cours., Foto: Sutton

Wann fahren Sie das nächste Mal?

Adrian Sutil: In Magny-Cours. Das steht fest. Aber jetzt muss ich beim Teamchef Colin Kolles betteln gehen. Vielleicht geht auch mehr.

Ihre Karriere ist schon deswegen außergewöhnlich, weil Sie erst mit 13 Jahren zum ersten Mal Kart gefahren sind. Wie kam das?

Adrian Sutil: Mein Bruder hat mich mal zu einer Kartbahn mitgenommen. Er wollte mir klar machen, dass das echt cool ist. Ich hatte am Anfang eigentlich keine Lust, weil ich dachte, es sei langweilig. Aber ich bin dann mitgekommen und es war super klasse. Es hat mir so viel Spaß gehabt. Ich habe auch sofort gemerkt, dass es mir liegt, dieses Auto am Limit zu bewegen. Es ist mir nicht schwer gefallen, dort schnelle Runden zu fahren. Dann sind wir ein paar Tage später wieder Kart fahren gegangen.

Bis dahin wollten Sie doch Pianist werden, oder?

Adrian Sutil: Ja. Ich habe mit vier Jahren angefangen, Klavier zu spielen. Aber da hat mir ein wenig Action gefehlt. Es war das Üben, das war ziemlich anstrengend für mich. Aber ich war so begabt, ich musste eine halbe Stunde dafür üben, was andere in drei Stunden schaffen. Ich hatte tolle große Auftritte, habe dafür auch ordentlich Geld bekommen dafür. Aber es hat mir nicht das gegeben, wonach ich gesucht habe.

Was haben Ihre Eltern damals zum neuen Hobby gesagt?

Adrian Sutil: Am Anfang waren sie nicht begeistert. Mein Vater hat mir keine müde Mark gegeben. Also habe ich mein Taschengeld gespart. Oder heimlich meine Mutter angerufen und sie dann angefleht, mir ein wenig Geld zu geben. Und dann habe ich mit meinem Bruder an der Kartbahn gearbeitet. Wir haben die Bahn gefegt und dafür ein paar Karten bekommen. So konnten wir wieder fahren. Als mein Vater dann gesehen hat, dass ich und mein Bruder beide sehr talentiert sind, und immer die schnellsten sind, dann hat er uns auch unterstützt.

Ihre Karriere ging sehr schnell voran. 2003 waren Sie in der Formel BMW, dann zwei Jahre in der Formel 3 Euroserie, wo Sie 2005 Vizemeister waren - mit zwei Siegen. Wie haben Sie es so schnell geschafft?

Adrian Sutil: Ich denke, dass das der Wille ist. Manche werden da von dem Vater rein gedrückt. Es steckt dann nicht so viel Ehrgeiz dahinter. Ich war immer einer von denjenigen, der dort verbissen versucht hat, nach oben zu kommen. Und wenn es mal nicht so lief, habe ich mir gesagt, es ist egal, ich schaffe das.

Warum fahren Sie dieses Jahr eigentlich in der japanischen Formel 3?

Adrian Sutil: Toyota hat mich angeschrieben, ob ich dort fahren will, in Toyotas Werksteam. Da Midland auch Toyota-Motoren fährt, passt es.

Aber vom Niveau her ist das doch eher ein Abstieg von der Formel 3 Euroserie.

Adrian Sutil: Die Serie ist vielleicht nicht ganz so stark wie die Euroserie, aber auch schon ganz stark. Wenn ich nur die Formel 3 gehabt hätte, hätten wir es nicht gemacht. Aber zusammen mit der Möglichkeit, in der Formel 1 zu testen, ist es ein Aufstieg.

Aber Sie müssen für die Einsätze trotzdem zahlen, oder?

Adrian hat den Sprung geschafft., Foto: Sutton
Adrian hat den Sprung geschafft., Foto: Sutton

Adrian Sutil: Klar, ich muss von den Sponsoren Geld bringen, damit ich hier fahre. Der Midland-Teamchef Colin Kolles hat mir aber ein sehr faires Angebot gemacht, weil er mich schon kennt. Ich bin in der Formel 3 bei ihm gefahren. Er ist überzeugt von mir.

Wie viel Glück braucht man, um eines Tages in der F1 zu landen?

Adrian Sutil: Schon viel, denn es ist nicht so, dass man als schnellster Fahrer immer dahin kommt. Es geht auch darum, die richtigen Leute um sich zu haben, die richtigen Kontakte zu den Teams. Und dann muss man auch noch zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Wenn man großes Talent hat, dann schafft man das irgendwie immer. Man muss nur immer daran glauben und hart daran arbeiten.

Wie groß war der Sprung von der Formel 3 in die Formel 1?

Adrian Sutil: Der Sprung ist schon riesig, wobei man sich schnell an die Leistung gewöhnt, und auch an die Geschwindigkeiten. Kurvengeschwindigkeiten sind es, wo es die größten Unterschiede gibt. Aber auch da habe ich mich sehr schnell daran gewöhnen können. Wo man Mut braucht, da bin ich eigentlich immer einer der besten.

Wie fühlt sich denn ein Formel-1-Wagen an?

Adrian Sutil: Am Limit fahren ist das, was Spaß macht. Das Auto zu spüren und immer zu wissen, jetzt bist du so an der Grenze, jetzt kann es sein, dass du jederzeit abknickst.