Die Formel 1 und ihre Hauptdarsteller - was meinen eigentlich jene, die immer wieder lamentieren, die Formel 1 würde wieder mehr Charakterköpfe benötigen? Was soll das sein, ein Charakterkopf? Gehen Sie mit Emerson Fittipaldi auf einen Kaffee oder setzen Sie sich neben Andrea de Cesaris und lauschen, was er zu erzählen hat - und zum Vergleich besuchen Sie eine Veranstaltung mit Stargast Jenson Button. Der Unterschied ist nur zum Teil mit Worten erklärbar. Doch wer wie Fittipaldi oder Lauda bei jeder Ausfahrt sein Leben riskierte, der ließ sich von keinem Vertrag dieser Welt den Mund verbieten. Und wer mit einer Hand das Lenkrad bediente und mit der anderen im Getriebe umrührte und zur gleichen Zeit darauf achten musste, dass das Heck nicht ausbricht, der hatte was zu erzählen. Geschichten, die im Zeitalter von Traktionskontrolle und Motor-Mapping einfach nicht mehr vorhanden sind...

Doch das trifft nicht nur auf die Piloten zu. Ein Colin Chapman begeisterte die Fans mit seinen Geschichten - ein in der Badewanne schnell auf ein Stück Papier gekritzeltes Konzept für einen neuen Wunder-Lotus beispielsweise. Was früher ein Abenteuer war, die Gründung einer F1-Bastelbude - ist heute nur noch eine Angelegenheit für Großkonzerne. Der russische Stahlmillionär Alex Shnaider begeistert, wenn überhaupt, die Leser der Finanzseiten - immerhin ist mit Red Bull ein Konzern eingestiegen, dessen Besitzer Dietrich Mateschitz der Formel 1 wieder ein bisschen mehr Spaß einimpfen möchte. Doch während F1-Zampagno Bernie Ecclestone wieder mehr Charakterköpfe in seinem Fahrerlager sehen möchte, muss die Königsklasse in Wahrheit auf einige interessante Persönlichkeiten verzichten...

Peter Sauber hat Großes in der F1 vollbracht., Foto: Sutton
Peter Sauber hat Großes in der F1 vollbracht., Foto: Sutton

Paul Stoddart - der Mutige

Paul Stoddart hat schon vor seiner Minardi-Übernahme leidenschaftlich Formel 1-Boliden gesammelt und er lässt es nicht nehmen, diese auch selber zu steuern. Unvergessen das Gespräch im Rahmen der Minardi-Tage in Wien - ein kettenrauchender Paul Stoddart erzählte unerhörte Dinge, die aus Gründen der seriösen Verschwiegenheit bis heute nicht veröffentlicht wurden. Als Chef des kleinsten F1-Teams war Paul Stoddart ein Großer, der sich von niemandem einschüchtern ließ. Und wenn man ihm keine Reifen geben wollte, ließ er einfach alte Slicks auf seine Boliden schrauben. Paul Stoddart war zwar höchst umstritten - aber gerade deshalb wird er der Formel 1 fehlen.

Peter Sauber - der Parade-Privatier.

Peter Sauber war der Parade-Privatier. Von Hinwil aus konnte er auf höchst professionellem Niveau operieren und immer wieder Achtungserfolge gegen die in der Formel 1 der Neuzeit herrschenden Großkonzerne erringen. Peter Sauber war aber auch auf menschlicher Ebene ein seltenes Pflänzchen im Haifischbecken der Königsklasse. Er verhielt sich wie kein anderer immer fair gegenüber seinen Piloten und auch gegenüber der Konkurrenz.

Der Indianer in Action - Pierre Dupasquier., Foto: Sutton
Der Indianer in Action - Pierre Dupasquier., Foto: Sutton

Pierre Duapsquier - der Indianer.

Mit Pierre Duapsquier verschwindet ein Charakterkopf im wahrsten Sinne des Wortes. Das Gesicht des Franzosen erzählt Bände. Und oft lächelte es freundlich - auch wenn der ehemalige Kampfpilot als Motorsportdirektor die Zügel stets recht straff gehalten hat. Und trotz seiner 68 Jahre ließ es sich Duapsquier nicht nehmen, auf Rollerblades die Strecke abzufahren. Abseits der 0815-Presseaussendungen beider Reifenfirmen präsentierte sich Pierre Dupasquier als Mann des Sports - als man in Indianapolis versagte, versuchte er nicht, dies zu vertuschen. Dupasquier wird Michelin jedoch als Berater erhalten bleiben.

Jacques Villeneuve - der Buntspecht.

Und wieder einmal muss die Formel 1 um Jacques Villeneuve bangen - trotz eines gültigen Sauber-Vertrags wurde sein BMW-Cockpit bislang nicht bestätigt. Auch wenn viele meinen, dass bei JV das Aufregendste die wechselnde Haarfarbe war, so stellt er in der heutigen Formel 1 mit seinen offenen und unverblümten Aussagen immer noch eine Seltenheit dar. Jedenfalls wäre es schade, wenn die F1 auch auf diesen Charakter verzichten muss.