"Du hörst nur noch den Motor schreien, du hast nur noch die Bahn vor dir und du weißt, nur du musst Erster sein". So begann Udo Jürgens den Song 'Der Champion', zu Ehren seines Freundes Jochen Rindt, der 1969 in Watkins Glen sein erstes Formel-1-Rennen gewann. Am 5. September 1970, heute vor 50 Jahren, fuhr Rindt seine letzte Runde. Im Königlichen Park von Monza verunglückte er tödlich - und wurde später dennoch Weltmeister.

Rindt erblickte am 18. April 1942 in Mainz das Licht der Welt und verlor bereits mit 15 Monaten seine Eltern bei einem Bombenangriff auf Hamburg. Als Erbe einer Pfeffermühle (vom Vormund verwaltet) landete der Vollwaise bei den Großeltern in Graz.

"Du siehst vor Staub die Piste kaum, du fühlst nur noch das Gaspedal und du träumst den großen, wilden Traum wie jedesmal". Diesen Traum erlebten zwei junge Freunde aus Graz, die sich schon sehr früh ein Automobil kaufen konnten und einige Rennen bestritten. Sein damaliger Freund hieß Helmut Marko, der 1971 die 24 Stunden von Le Mans gewann.

Dr. Helmut Marko: Gott sei Dank sind diese Zeiten vorbei (55:58 Min.)

Bis 1964 fuhr Rindt rund 50 Rennen im Jahr. In Bergrennen, Rallye, Tourenwagen und Formel Junior folgte mit teilweise unterlegenen Autos Sieg auf Sieg, hoch in die Formel 2. Seine Sternstunde schlug 1964 in Crystal Palace, als ein 'unbekannter Australier' (verkündete irrtümlich eine Londoner Zeitung) den großen Graham Hill besiegte. 28 weitere Siege folgten in dieser Klasse, ein Rekord für die Ewigkeit.

"Ja es ist ein Rausch, eine Faszination. Nach einer Runde erfasst sie dich schon, es ist die Angst, zugleich auch ihr Lohn und dennoch viel mehr". Der Lohn für eine einzigartige Aufholjagt von Platz 18 aus, war nicht nur der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans 1965, sondern auch ein Platz in der 1.Liga des Motorsports. Sein Partner im NART-Ferrari war damals bereits auf dem Höhenpunkt seiner Karriere, ein gewisser Masten Gregory.

Im schwerfälligen und veralteten Cooper reichte es in seiner Debütsaison nur zu vier Punkten und Rang 13 in der WM. Ein Jahr später führte Rindt bereits in Spa, wurde aber Zweiter wie in Watkins Glen und holte sich mit 24 Punkten einen herausragenden dritten Platz in der Fahrer-WM.

Jochen und Nina Rindt: Das erste Celebrity-Paar der Formel 1, Foto: Sutton
Jochen und Nina Rindt: Das erste Celebrity-Paar der Formel 1, Foto: Sutton

1967 heiratete Rindt in Helsinki das finnische Fotomodel Nina, wurde Vater einer Tochter (Natascha) und zog von Paris an den Genfer See. Rindt etablierte sich mit seiner Art und seinem Lebensstil als erster Popstar der Formel-1-Geschichte. So lässt sich die enge Verbindung mit seinem Manager Bernie Ecclestone schnell erklären.

Sportlich ging es nach einer durchwachsenen Saison mit vielen Defekten (nur 6 Punkte) wieder bergab und zu Brabham. Das Pech blieb ihm treu und nach WM-Rang zwölf mit acht Punkten wechselte Rindt zu Colin Chapman ins Lotus-Team.

"Du denkst an Frau und Kind zu Haus. Du fragst dich was das Ganze soll und lieferst dich der Technik aus. Worin liegt der Sinn? Was ist für dich drin?" Nach einem schweren Unfall in Barcelona (Flügelbruch) wuchs das Misstrauen zum Lotus, dennoch war ein überlegener GP-Sieg und mit 22 Punkten der vierte Rang in der WM drin.

Rindt eröffnete eine Rennshow in Essen, die später zur 'Jochen Rindt Show' wurde. Zwei Ausflüge zum 500 Meilen Rennen von Indianapolis endeten nach guten Startplätzen schon vorzeitig.

Jochen Rindt: Lebemann, Popstar, Champion, Foto: Sutton
Jochen Rindt: Lebemann, Popstar, Champion, Foto: Sutton

"Sieg, Niederlage oder Tod. Nur die drei Chancen hat dein Spiel, auf eine davon jagst du zu, in Richtung Ziel." 1970 sollte sein Jahr werden. Es begann mit seinen größten Sieg in Monaco, als er den führenden Brabham in der letzten Runde in einen Fehler hetzte.

Beim GP-Sieg in Zandvoort verunglückte Piers Courage, sein bester Rennfahrerfreund. Weitere Siege in Frankreich, England und Deutschland ließen Rindt an den WM-Titel glauben. Der erste GP auf den neuen Österreichring war gleichzeitig sein Letzter (Nr. 60), nach der zehnten Pole Position kam er aber nur 22 Runden weit.

"Ja, es ist ein Rausch, der die Nerven zerreibt, und die Gefahr die im Hintergrund bleibt, der mancher erliegt". In Monza, am 5 September 1970 gegen 15:00 Uhr erfolgte im Training zum Italien GP Rindts letzter Auftritt.

Auf der Gegengerade, bei etwa 290 km/h bremste er für die Parabolica. Sein Lotus 72 brach im Winkel von 90 Grad aus und bohrte sich in die Leitplanken. Ursache war eine gebrochene Bremswelle. Einige Minuten später erlag Rindt auf den Weg ins Niguarda-Krankenhaus von Mailand seinen schweren Verletzungen.

"Der Tod holte sich den schnellsten Österreicher" betitelte die Wiener Zeitung am 6. September 1970 das aktuelle Sportgeschehen. Jochen Rindt war es nicht vergönnt, den Gewinn des zum Greifen nahen WM-Titels zu erleben. Obwohl noch vier Grands Prix im Kalender standen, konnte niemand mehr Rindt einholen. Der Österreicher wurde posthum zum Formel-1-Weltmeister gekrönt.

Er hatte ein kurzes Leben, genoss es aber intensiv und erfüllte sich einen großen Traum, seinen Traum, den wilden Traum ein Rennfahrer zu sein, sagen Zeitzeugen und Freunde. Für viele bleibt Rindt als der 'König des Heldenzeitalters' in Erinnerung.