In einem an den FIA Renndirektor und Sicherheitsdelegierten Charlie Whiting gerichteten Schreiben teilt Michelin dem Motorsportweltverband mit, dass man nach einer eingehenden Analyse keine Ursache für die Reifenschäden vom Freitag finden konnte.

"Die aktuellen Regeln und der Zeitplan verbieten es zudem einen Alternativreifen zu benutzen, weshalb das Rennen mit den Qualifying-Reifen gefahren werden muss", heißt es weiter. "Im Interesse der Sicherheit hat Michelin deshalb seine Partnerteams darüber informiert, dass wir nicht sicherstellen können, dass die Reifen mit denen die Teams sich qualifizierten in Kurve 13 ohne eine Reduzierung der Geschwindigkeit benutzt werden können."

Die Michelin-Reifen stehen an diesem Wochenende im Mittelpunkt., Foto: Sutton
Die Michelin-Reifen stehen an diesem Wochenende im Mittelpunkt., Foto: Sutton

Zwar bedauere Michelin diese Situation sehr, doch hofft man nun darauf, dass auch die FIA die Situation der Franzosen verstehe.

In einem Antwortschreiben von Charlie Whiting zeigt sich dieser von der gesamten Reifenproblematik äußerst "überrascht", besonders da Michelin bekanntlich darüber bescheid wisse, dass sie zwei verschiedene Reifenmischungen pro Team zu einem Rennwochenende mitbringen dürfen, von denen eine härterer Natur sein sollte, sollte es mit der anderen Probleme geben.

"Es ist für uns nur schwer zu verstehen, warum Sie dank ihrer reichhaltigen Erfahrungen aus den vergangenen Jahren auf dieser Strecke Ihre Teams nicht mit solchen Reifen ausgestattet haben", rügt Whiting die Franzosen. "Das Ihre Teams nicht im Besitz solcher Reifen sind, wird auch Gegenstand einer Untersuchung der FIA auf Grundlage des Artikels 151c des International Sporting Codes sein."

Dieser besagt unter dem Titel "Regelbruch": "Jedes betrügerische Verhalten oder jeder dem Interesse des Wettbewerbs oder des Motorssports im Allgemeinen durchgeführte Akt" wird als Regelbruch angesehen.

Nicht die Asphalttemperatur, sondern der Reifendruck entscheidet., Foto: Sutton
Nicht die Asphalttemperatur, sondern der Reifendruck entscheidet., Foto: Sutton

"Sie werden sicherlich Ihre Teams darüber informieren, was die maximal zulässige, sichere Geschwindigkeit in Kurve 13 ist und wir werden sie daran erinnern Ihren Ratschlag aus Sicherheitsgründen zu befolgen. Wir werden ihnen aber auch sagen, dass Sie sicherstellen müssen, dass ihre Autos die Mitbewerber nicht behindern."

Im Hinblick auf den Vorschlag einen nicht im Qualifying verwendeten Reifen einzusetzen, gibt Whiting in seinem Schreiben klar zu verstehen, dass dies ein Regelbruch wäre, welche von den Stewards untersucht würde. "Die Strafe dafür wäre kein Ausschluss, aber sie wäre hart genug um sicherzustellen, dass zukünftig kein Team dazu verleitet wird andere Reifen als die im Qualifying benutzten Reifen zu verwenden."

Die Möglichkeit die Reifen aus Sicherheitsgründen im Rennen zu wechseln, möchte Whiting hingegen nicht ausschließen. "Wenn unsere Technischen Delegierten und die Stewards davon überzeugt sind, dass jeder Wechsel wegen eines bevorstehenden Schadens durchgeführt würde und das Team dadurch keinen Vorteil erlangt, würde es dafür keine Strafe geben."

Sollten die Teams aus diesem Grund mehr als die ihnen zur Verfügung stehenden Reifen benötigen, würden die Stewards darüber entscheiden ob und wenn ja welche Strafe ihnen dafür auferlegt wird.

Solche Szenen soll es heute nicht mehr geben., Foto: Sutton
Solche Szenen soll es heute nicht mehr geben., Foto: Sutton

Den Vorschlag die Steilkurve durch eine Schikane zu modifizieren, lehnt Whinting unterdessen aus Wettbewerbsgründen vollkommen ab. "Ich bin mir sicher, dass Sie verstehen werden, dass eine solche Lösung außer Frage steht", schreibt er an Pierre Dupasquier und Nick Shorrock. "Die Streckenführung zu verändern, um damit einigen Team bei einem Performanceproblem, welches durch deren Fehler korrektes Equipment mitzubringen ausgelöst wurde, wäre ein Regelbruch und den anderen Teams gegenüber, die korrekte Reifen mit nach Indianapolis gebracht haben, äußerst unfair."

Welche Möglichkeiten lässt dies nun für das Rennen offen? Grundsätzlich gibt es für die Michelin-Teams nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie gehen das Sicherheitsrisiko ein mit einem erhöhtem Luftdruck ein ganz normales Rennen zu bestreiten oder sie lassen ihren linken Hinterreifen in regelmäßigen Abständen checken und notfalls wechseln. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung der Michelin-Autos in der Steilkurve dürfte sich hingegen nur äußerst schwer umsetzen lassen und dürfte, sollte der Geschwindigkeitsunterschied zu groß sein, sogar zu einer Disqualifikation der Fahrer führen.

Jetzt gilt es für die sieben betroffenen Rennställe die Sicherheitsrisiken abzuschätzen und dann entweder im Rennen an den Start zu gehen oder den Grand Prix nicht zu bestreiten. In diesem Fall könnten schlimmstenfalls nur die sechs Bridgestone-Piloten am Start sein, wobei bereits einige Teams wie Williams und auch McLaren angedeutet haben, dass sie bislang keine Probleme hatten und sie es sich deshalb vorstellen könnten zu fahren.

Interessant wird sein, ob die beiden Renault an den Start gehen werden, da deren Teamboss Flavio Briatore bereits gestern verkündete, dass er seine Fahrer nur ins Rennen schicken würde, wenn die FIA neu eingeflogene Reifen erlauben würde. Bis zum Rennstart um 20:00 Uhr mitteleuropäischer Ortszeit gibt es also noch jede Menge offene Fragen zu klären