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Mussten wir in den vergangen dreizehn Rennen Michael Schumacher zwölf Mal zum Sieg gratulieren, so gebührt diese Ehre nach dem vierzehnten Saisonlauf dem Finnen Kimi Räikkönen. Dennoch müssen wir unsere Glückwünsche auch an den deutschen Ferrari-Star richten, schließlich hat dieser in Belgien seinen siebten WM-Titel gewonnen.

Der Große Preis von Belgien hatte es dabei richtig in sich. Es war ein unglaublicher Grand Prix, welchen wir beim Comeback des Ardennenrennens erleben durften. Es gab drei Safety-Car-Phasen, unzählige Unfälle, die zum Glück glimpflich endeten, und es kribbelt immer noch wenn ich an jene Bilder denke, bei denen die Piloten bei 300 km/h überholen.

Und Überholmanöver gab es tatsächlich jede Menge, wobei sogar Michael Schumacher kämpfen musste. So waren Überholmanöver von Michael Schumacher in diesem Jahr zwar Mangelware, doch bekamen wir sie dafür nun fast alle gebündelt in Belgien zu sehen. Zuerst wurde der Deutsche jedoch selbst überholt. Und zwar sowohl von Juan Pablo Montoya als auch von Kimi Räikkönen.

Mit seinem zweiten Platz sollte Michael Schumacher trotzdem zufrieden sein. Nicht nur weil er ihm seinen siebten WM-Titel einbrachte, sondern auch weil der Finne einfach der verdiente Sieger war. Was der McLaren-Pilot in Spa zeigte war absolut phänomenal.

Begünstigt wurde er natürlich durch das Startwirrwarr, aufgrund dessen er von Startplatz zehn direkt nach vorne fahren konnte. Danach hatten Kimi und McLaren Mercedes trotz dreier Safety-Car-Phasen alles im Griff und jederzeit einfach das beste Paket. Sie waren in den entscheidenden Momenten die Stärksten.

Wenn es nicht um den Titel gegangen wäre, hätte Michael Schumacher den Finnen in den letzten beiden Runden vielleicht noch ein bisschen heftiger angegriffen, doch so wird sich nach und nach die Freude über den Titelgewinn durchsetzen und den zweiten Platz vergessen machen.

Der gesehene Belgien Grand Prix mit all seinen spektakulären Szenen und Ereignissen entschädigte dabei viele von den infrastrukturellen Schwächen im Umfeld der Ardennenachterbahn. So rechtfertigte das Erlebnis einer echten Rennstrecke und eines sensationellen Formel 1 Rennens, vom Verkehrschaos und der Hotelsituation einmal abgesehen, die Rückkehr der Königsklasse in die Ardennen.

Eines muss trotz der Freude über den Titelgewinn und das packende Rennen aber dennoch beleuchtet werden: Die Reifenschäden, welche nicht zufälligerweise alle nur bei Michelin auftraten. Der Grund hierfür könnte für mich in der zu weich konstruierten Flanke der französischen Pneus liegen, welche beim Räubern über die Randsteine einfach anfälliger sind.

Auf einer Bahn wie Spa-Francorchamps ist dies natürlich ein Riesengefahrenfaktor, wie der Unfall von Jenson Button bewiesen hat. Auf diesem Gebiet muss sich der französische Hersteller Gedanken machen. Und vor allem die schnellen Kurven in Italien und Japan bereiten mir in dieser Hinsicht arge Kopfschmerzen und ein etwas mulmiges Gefühl.

Äußerst seltsam kam mir das Verhalten von Juan Pablo Montoya vor, der sechs Runden vor Schluss nach einem Reifenschaden an seinem Williams ausstieg. Auch wenn das Team hinterher erklärte, dass der Wagen aufgrund des Reifenschadens irreparabel gewesen sei, könnte ich mir gut vorstellen, dass Montoya einfach keinen Bock mehr gehabt hat. Dies würde zu ihm und seiner Mentalität passen. Sollte dem tatsächlich so gewesen sein, empfinde ich dies als eine höchst unprofessionelle Einstellung.

David Coulthard, der nicht nur einen ähnlichen Reifenschaden wie Montoya, sondern auch noch einen Auffahrunfall mit Christian Klien zu verzeichnen hatte, beendete den Grand Prix seinerseits trotz der Probleme als Siebenter. Da ich aus unserer Kommentatorenbox beide Boliden sehr gut im Blickfeld hatte, drängte sich mir durchaus das Gefühl auf, dass am MP4-19B des Schotten nicht wesentlich mehr defekt war als am FW26 des Kolumbianers.

Viel Pech hatten Ricardo Zonta und Antonio Pizzonia die beide auf starken Positionen liegend mit technischen Problemen ausfielen. Beiden Brasilianern hätte ich einen Punkteplatz beziehungsweise in Pizzonias Fall sogar einen Podestplatz gegönnt.

Insgesamt haben wir in Spa einen Klassiker gesehen, über welchen noch in vielen Jahren diskutiert werden wird und welcher mit Michael Schumacher einen verdienten Weltmeister hervorbrachte. Doch das Wichtigste was wir aus diesem Rennen in die letzten Saisonläufe mitnehmen können ist die Tatsache, dass Ferrari schlagbar ist!

Entsprechend ist Kimi Räikkönens Sieg nur gut für die Formel 1, deren letzte vier Rennen noch jede Menge Spannung bieten werden. Und in der Tat ist McLaren Mercedes, trotz des schwachen Saisonstars, nun doch Grand Prix Sieger des Jahres 2004.