Die Teamchef-Pressekonferenz am Samstag war ein unterhaltsames Stück. Und ein langes Stück. Nach dem Transskript der FIA wurden 7440 Wörter gesprochen. Oder 39.986 Zeichen. Die meisten davon - wie sollte es auch anders sein - über die Krise in der Formel 1. Auch wenige Tage nach der letzten Strategiegruppensitzung scheint es kein anderes Thema zu geben.

Teamchef-PK oder einfach: Krisengipfel, Foto: Sutton
Teamchef-PK oder einfach: Krisengipfel, Foto: Sutton

Viele der 7440 Wörter richteten sich an die anwesenden Journalisten. Denn die Teamchefs machen sie für die aktuelle Lage der Formel 1 mitverantwortlich. "Ich glaube, dass die negative Einstellung von der Presse kommt. Ich glaube ehrlich daran", sagte Lotus CEO Matthew Carter.

Formel 1 in der Krise, weniger Fans, leise Motoren, langsame Autos, Fahrer mit wenig Charakter - so lauteten nicht wenige Überschriften in den vergangenen anderthalb Jahren. Carter reicht es nun: "Die Berichterstattung darüber, was wir als Sport erreichen und was wir als Sport sind, ist negativ. Diese negative Einstellung kommt von der Presse. Ihr berichtet nicht genügend darüber, was wir erreichen. Es ist zu einfach, das Negative zu sehen. Es ist einfacher für euch, negative Geschichten als positive Geschichten zu schreiben."

Der Lotus Geschäftsführer fordert deshalb: "Schreibt Artikel über die Technologie, die wir machen. Artikel über die Pferdestärken der Motoren und über die faszinierende Hybridtechnologie, die wir haben."

Carter ist mit seiner Einstellung nicht alleine. Mercedes Motorsportchef Toto Wolff betonte bereits mehrfach, dass er die Berichterstattung in den Medien als zu negativ ansieht. "Ich persönlich würde im Moment gerne mehr Leute sehen, die positiv über unseren Sport und über die großartigen Dinge des Sports sprechen, nicht nur über die negativen, mit denen wir uns in der Strategiegruppe befassen", meint auch Claire Williams.

McLaren Teamchef Eric Boullier stimmt zu: "Die Wahrnehmung des Sports ist ein bisschen falsch. Es ist die Spitze des Motorsports, all die Technologie und so weiter... Aber die Wahrnehmung durch Fans und Medien ist aktuell falsch."

Force India Besitzer Vijay Mallya sieht die Thematik etwas ausgeglichener. Der Inder sieht das eine als Folge des anderen. "Die Formel 1 ist vielleicht der aufregendste Sport der Welt. Er hat wahrscheinlich die höchsten Zuschauerzahl von allen Sportarten und wenn die Formel 1 nachhaltiger für alle Teilnehmer wäre, dann könnte auch diese negative Wahrnehmung weg sein", glaubt Mallya.

"Die Medien können zwei unterschiedliche Blickwinkel präsentieren: Sie können entweder sagen, dass es langweilig ist, weil zwei Mercedes um Welten schneller sind als alle anderen, oder sie können sagen, welch fantastischen Job Mercedes gemacht hat", gibt Mallya noch zu Bedenken. Das grundlegende Problem ist aber für ihn die wirtschaftliche Grundlage. Gäbe es hier keine Probleme, wäre mehr Platz für die sportliche Berichterstattung - und mehr positive Meldungen.

Welche Rolle spielt Ecclestone?

Bernie Ecclestone zählt zu den größten Kritikern der aktuellen Formel 1. Dabei müsste Ecclestone doch eigentlich versuchen, sein eigenes Produkt so gut wie möglich dastehen zu lassen, um es möglichst teuer verkaufen zu können.

Eccletone vs. Wolff: Der eine findet die Formel 1 toll, der andere nicht, Foto: Sutton
Eccletone vs. Wolff: Der eine findet die Formel 1 toll, der andere nicht, Foto: Sutton

Auch hier sieht Matthew Carter die Schuld bei den Medien, nicht bei Bernie Ecclestone. "Ich glaube, er reagiert nur auf das, was in der Presse steht. Ich glaube, dass Bernie versucht, den Sport zu pushen, er versucht den Sport für die Fans attraktiver zu machen. Aber die Fans lesen, was ihr schreibt", so Carter.

Mallya sieht es ein wenig anders. "Er sollte nicht ein Produkt verkaufen, von dem er glaubt, dass es Müll ist", fordert der Inder. "Angesichts der Tatsache, dass er das Produkt verkauft, von dem er sagt, es sei Müll und damit Milliarden macht, sollte er lieber mit den Beteiligten daran arbeiten, es zu entmüllen."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Wir, die Medien sind schuld an der Krise. Klar, das liest ein Journalist nicht gerne. Only bad news are good news heißt es ja so schön. Aber vor allem wir, eine reines Motorsport-Medium lebt doch von der Formel 1. Würden wir das Produkt nur schlecht schreiben, würden wir das gleiche machen wie Bernie Ecclestone.

Unsere Aufgabe ist es, neutral über den Sport zu berichten. Gibt es Probleme, müssen wir sie ansprechen. Aber meistens sprechen ohnehin die Beteiligten selbst darüber. Statt uns PS-Zahlen zu nennen schimpfen die Verlierer lieber über das Regelwerk. Wenn die Formel 1 mehr positive Nachrichten will, dann sollte sie an zwei Stellschrauben drehen: Zum einen das Produkt verbessern, zum anderen selbst nicht so viel darüber schimpfen. Wir schreiben auch lieber über den Sport und über die faszinierende Technik. (Christian Menath)