Das dubiose Motorenschlupfloch - jene Regelung, wonach ein Fahrer, der ein Rennen nicht beenden konnte, am nächsten Rennwochenende ungestraft einen neuen Motor verwenden darf - wird von B·A·R-Honda ungeniert ausgenützt. Jenson Button und Takuma Sato wurden in Melbourne kurz vor dem Finnish an die Box befohlen - das Team gab offiziell zu, eine "strategische Entscheidung" getroffen zu haben. Die beiden Piloten werden in Sepang mit frischen Honda-Motoren antreten.

B·A·R-Honda wird nun von manchen ein unfaires Verhalten vorgeworfen - doch die Handlungsweise der Truppe ist legal. Es geht also um eine Art von freiwilliger Moral abseits des Regelwerks - und diese ist tatsächlich noch vorhanden hinter den elektronischen Drehkreuzen. Toyota hat sich gegen das Nützen der Grauzone im Motorenregelwerk ausgesprochen und appelliert an das "Concept of Racing". Selbst wenn durch die eigene Handlungsweise das Risiko eines Motorschadens erhöht werde.

Moral im Rennsport - ein Widerspruch? Oder gar die Voraussetzung für fairen Motorsport? Wird am kommenden Wochenende im Fahrerlager von Sepang über Moral und Ethik diskutiert werden? Soll man auf einen Vorteil verzichten, zugunsten des Racing? Oder wäre es nicht sogar reichlich dumm, eine Lücke im Reglement nicht zu nützen? Sind vorgetäuschte Ausfälle noch vertretbar?

Wie auch immer: Von der FIA, die verantwortlich ist für das lächerliche Schlupfloch und seine Folgeerscheinungen, gibt es bislang keine offizielle Reaktion. Vor dem Saisonstart hat Präsident Max Mosley noch erklärt, er glaube nicht, dass die Lücke im Regelwerk ausgenützt werde und zudem würde ein solches Ausnützen ja auffallen und dann würden die Stewards einschreiten. Und obwohl B·A·R-Honda in einer Presseerklärung das Nützen der Regel-Schwachstelle sogar offiziell bestätigte, gab es bislang nur ein vages Statement von Charlie Whiting, dem FIA-Delegierten.

Whiting erklärte: "Wenn es offensichtlich werden sollte, dass alle auf diese Art und Weise im Rennen ausscheiden, dann wird vielleicht etwas getan werden müssen." Und bis dann also irgendwann und natürlich nur vielleicht versucht wird, das Regelloch zu stopfen, darf man sich weiterhin köstlich amüsieren über die lustigen FIA-Regeln des Jahres 2005. Aber vielleicht hat Max Mosley ja auch ganz bewusst dieses Schlupfloch eingebaut, um eben jene Diskussionen über die Moral im Fahrerlager und eine freiwillige Besinnung an das "Concept of Racing" zu erzwingen? Vielleicht aber auch wird uns das Max Mosley bald schon selbst, beispielsweise in einem langen Brief, vielleicht im Rahmen neuer Regeländerungen, erklären? In der Formel 1 ist bekanntlich immer alles möglich, wir sind gespannt…