Renault, McLaren, B·A·R Honda, BMW-Williams: Wer kann Ferrari schlagen? Diese Frage kursiert wenige Tage vor dem Start in die 56. Formel 1 Saison beinahe pausenlos in F1-Kreisen. Doch nicht nur zwischen den zehn Rennställen bahnen sich heiße Duelle an. Auch innerhalb der Teams gibt es jede Menge Konfliktpotenzial. Schließlich heißt es nicht umsonst: Der erste Fahrer den es zu schlagen gilt, ist der eigene Teamkollege...

Minardi: Friesacher vs. Albers

Das erste Fahrer-Duo, das sich in seiner Debütsaison fest vorgenommen hat den eigenen Teampartner zu bezwingen sind die beiden F1-Rookies Patrick Friesacher und Christijan Albers. Während der Österreicher erst kurz vor dem Saisonstart von seinem Glück erfuhr und mit insgesamt nur 95 F1-Runden in die Saison geht, gehört der Niederländer schon länger zum Anwärterkreis auf ein Minardi- respektive F1-Cockpit.

In anderen Klassen können beide Erfolge vorweisen: Friesacher gewann als erster Fahrer aus der Alpenrepublik ein Formel 3000 Rennen und Albers zeigte in der DTM in zwei aufeinander folgenden Jahren starke Leistungen, welche er mit Rennsiegen sowie dem Vizemeistertitel im Jahre 2003 krönte.

Die Vorzeichen für die erste F1-Saison stehen also bei beiden gut, wenn auch nicht perfekt. Schließlich konnten sie aufgrund der finanziell mehr als nur angespannten Lage des Teams kaum testen und müssen sie mit einem beinahe vier Jahre alten Boliden antreten. Der erste und bislang einzige gemeinsame Testvergleich ging in Imola mit wenigen Tausendsteln Unterschied an den Österreicher. Im Duell der Minardi-Rookies bahnt sich also ein enger Schlagabtausch an.

Jordan: Karthikeyan vs. Monteiro

Die neuen Chefs bei Jordan mussten ob ihrer Fahrerwahl viel Kritik einstecken. Nichtsdestotrotz haben die beiden F1-unerfahrenen Piloten Tiago Monteiro und Narain Karthikeyan einige Erfolge aus unteren Klassen vorzuweisen, wobei der Portugiese derzeit sogar amtierender Vizemeister der Nissan World Series ist.

Die absolvierten F1-Tests beider Piloten lassen sich jedoch auch nach vier Testtagen für Jordan in Barcelona mühelos an zwei Händen abzählen. Auf dem Circuit de Catalunya erwies sich der eigenen Angaben zu Folge "schnellste Inder auf Rädern" als schneller als sein südeuropäischer Teamkollege, welcher am kommenden Wochenende der erste F1-Pilot Portugals seit zehn Jahren wird. Mit rund fünf bis acht Zehnteln distanzierte der erste Inder der F1-Geschichte Monteiro in Barcelona. Ob sich diese Serie in Australien so fortsetzen wird, bleibt abzuwarten. Schließlich wurde der Südländer eigentlich als der stärkere der beiden Fahrer eingeschätzt.

Toyota: Schumacher vs. Trulli

Bei Toyota gibt es gleich zwei starke Piloten. Noch dazu erstmals in der noch jungen Teamgeschichte zwei Grand Prix Gewinner. Beide müssen dabei nach ihrem Wechsel nach Köln-Marsdorf ihre (zumindest theoretischen) Sieghoffnungen der vergangenen Jahre zurückschrauben und kleinere weiß-rote Brötchen backen, welche da auf den Namen "Punkteränge" hören.

Dennoch möchte Ralf Schumacher bis Saisonmitte Podestplätze einfahren, während Jarno Trulli mit etwas Glück auf WM-Punkte beim Saisonauftakt hofft. Bislang schien der Italiener besser mit dem TF105 zurecht zu kommen, welcher sich in seiner ersten Version vor allem auf Long Runs als zu langsam herausstellte. Die neue Melbourne-Spezifikation soll deshalb nicht nur schneller sein, sondern auch besser zu Ralf Schumacher passen.

Dieser dürfte aber vor allem im Qualifying mit Jarno Trulli eine harte Nuss zu knacken haben, an welcher sich im Vorjahr schon der hoch gepriesene Fernando Alonso, zumindest in der ersten Saisonhälfte, die Zähne ausbiss. Dafür haftet dem Mann aus Pescara der Ruf an gegen Rennende leistungsmäßig abzubauen. Und auch Ralf Schumacher besitzt seit Jahren den Ruf ein unkonstanter Fahrer zu sein, welcher an einem Rennwochenende alles in Grund und Boden fährt und am nächsten nur im Mittelfeld anzutreffen ist.

Für Toyota heißt es nun beide Piloten zu konstanten Punkteanwärter zu machen. Und zwar sowohl durch konkurrenzfähiges Material als auch durch fahrerische Leistung. Wenn ihnen das gelingt, erwartet uns ein heißer Zweikampf zwischen Italien und Deutschland.

Red Bull: Coulthard vs. Klien (vs. Liuzzi)

Das von Red Bull übernommene Team setzt auf die bewährte Formel eines erfahrenen GP-Piloten in Kombination mit einem jungen Heißsporn. Genau genommen sind es sogar zwei heiße Jungspunde, welche die roten Bullen ins Rennen schicken. Denn neben Christian Klien besitzt auch Tonio Liuzzi einen Vertrag als Test- und Rennfahrer.

Vorerst wird jedoch der Österreicher im zweiten Cockpit neben David Coulthard Platz nehmen. Während diese Entscheidung zugunsten des bereits ein Jahr F1-Erfahrung aufweisenden Vorarlbergers, trotz des unbestrittenen Speeds und Talents des Italieners Liuzzi, von vielen Experten nachvollzogen wird, scheiden sich am Schotten Coulthard die Geister: Die einen sehen in ihm ein Auslaufmodell, welches sich das Abenteuer Red Bull nicht mehr antun sollte und die österreichisch-britische Truppe nicht mehr weiterbringen kann, die anderen - wie etwa Niki Lauda - sehen in der Verpflichtung des Lowlanders den einzig richtigen Schritt.

Fakt ist, dass DC in den vergangenen Jahren eine eklatante Qualifying-Schwäche an den Tag gelegt hat. Fakt ist aber auch, dass der fast schon zum Langzeitinventar von McLaren gehörende Ex-Vizeweltmeister in seiner über zehnjährigen F1-Karriere nur für Top-Teams gefahren ist und somit jede Menge Erfahrung und technisches Wissen mit nach Milton Keynes bringt.

So gesehen sollte er im anstehenden Übergangsjahr auf alle Fälle gute Dienste verrichten können. Ein unschlagbarer Gegner ist er für einen gut aufgelegten Christian Klien dennoch nicht. Dies kann vor Saisonbeginn, auch da die Wintertestzeiten - wie üblich - allesamt nicht repräsentativ waren, mit gutem Gewissen gesagt werden. Und auch ein Vitantonio Liuzzi sollte mit steigender F1-Testerfahrung in einem späteren Stadium der Saison als ernst zu nehmender Gegner der beiden anderen Bullenreiter beachtet werden.

Sauber: Massa vs. Villeneuve

Mit dem Franko-Kanadier Jacques Villeneuve sitzt erstmals ein Ex-Weltmeister, der einzige des aktuellen Starterfeldes, in einem Sauber-Cockpit. Dennoch würde es keine allzu große Überraschung darstellen, wenn beim Saisonstart in Melbourne und im Verlaufe des Jahres der von vielen unterschätzte und gerne als Ferrari-Liebling abgetane Brasilianer Felipe Massa der Schnellere der beiden Hinwiler wäre.

Denn im Gegensatz zum Vorjahresboliden, den beide mit Erfolg zu Tagestestbestzeiten steuerten, liegt der neue C24 dem Ex-Williams-Champion nicht, wohingegen Massa mit seinem aggressiven Fahrstil sehr viel besser zu seinem neuen Arbeitsgerät passt. Entsprechend baute Villeneuve in den letzten Wochen bereits vor und warnte, dass Massa bei den ersten Rennen schneller sein könnte.

Als Grund nannte der Kanadier ein ungewohntes Bremssystem, an welches er sich erst gewöhnen müsse, da das Team nicht das Geld habe um es an seine Bedürfnisse anzupassen. Böse Zungen sagen JV hingegen nach, dass er nach dem Fitnessdebakel bei Renault im Vorjahr nun erneut kein Land sehen werde.

Sollte dies tatsächlich eintreten, dann müsste das Comeback des Ex-Weltmeisters ebenso als gescheitert abgestempelt werden, wie die Verpflichtung des selbigen durch Peter Sauber. Sollte Villeneuve aber im Laufe der ersten Rennen besser mit dem C24 zurecht und in Fahrt kommen, erwartet uns ein packendes Duell zweier harter und aggressiver Kämpfer, die zu den besten Überholkünstlern der Startaufstellung gehören.

McLaren: Räikkönen vs. Montoya

Heiß gegen kalt. Feuer gegen Eis. Hitzkopf gegen Ice Man. Südamerika gegen Nordeuropa. Kolumbien gegen Finnland. Kimi Räikkönen gegen Juan Pablo Montoya. Das bevorstehende Team-interne Duell bei den Silbernen elektrisiert die Formel 1 Welt nicht erst seit Jahresbeginn. Schon vor über einem Jahr, als McLaren die Verpflichtung des heißblütigen Williams-Piloten bekannt gab, kochte die Gerüchteküche über und überschlugen sich die Schlagzeilen.

Bislang gaben sich beide aber, zumindest im Umgang miteinander - und nicht jenem in diversen Bars und Clubs -, zahm und kameradschaftlich. Montoya schlug sogar den von Villeneuve praktizierten Weg ein und kündigte an, dass es nicht überraschend wäre, wenn Räikkönen bei den ersten Rennen aufgrund seiner guten Kenntnisse des Autos und der Mechaniker besser abschneiden würde.

Bei den zurückliegenden Testfahrten, kam es an den wenigen gemeinsamen Testtagen, jedenfalls noch zu keinen aussagekräftigen Vergleichen, wobei meistens der Kolumbianer die Oberhand behielt, was allerdings aufgrund unterschiedlicher Autos und Programme nichts zu sagen hatte. Die Wahrheit erfahren wir im silbernen Duell also tatsächlich erst wenn die Saison beginnt.

Williams: Webber vs. Heidfeld

Nur unwesentlich früher erfuhr Mark Webber wer in diesem Jahr sein Teamkollege sein wird. Der unliebsame Brasilianer Antonio Pizzonia, den Webber noch aus seiner Jaguar-Zeit in nicht allzu guter Erinnerung hat, muss sich dabei mit dem Testfahrerposten begnügen, während Nick Heidfeld nach einem übertrieben langen Shoot-Out zurecht das zweite Stammcockpit zugesprochen bekam.

Für beide heißt es nun zu beweisen was in ihnen steckt. Denn während der Australier schon seit seinem F1-Debüt mit Minardi als großes Talent gepriesen wird, konnte er dies - auch aufgrund seines Materials - nur sporadisch bei einigen starken Qualfiying-Auftritten für Jaguar und natürlich seinem sensationellen fünften Rang für Minardi (der noch immer sein bislang bestes Ergebnis darstellt) unter Beweis stellen. Ähnliches gilt für den Mönchengladbacher, der nun endlich in einem Top-Team angelangt ist und dort beweisen muss, dass er sich schon seit Jahren berechtigterweise den WM-Titelgewinn zum Ziel gesetzt hat.

Die Vorzeichen für einen packenden Team-internen Kampf sind also gegeben. Während der Aussie als Super-Qualifyer einzustufen ist, könnte Quick Nick im Rennen etwas bessere Karten besitzen. Schließlich quetschte er aus dem beinahe unfahrbaren Jordan des letzten Jahres einige überraschende Platzierungen heraus. Aber auch Webber hat auf diesem Gebiet dank Jaguar einige Erfahrung. Bei den bisherigen Tests hielt sich das Kräfteverhältnis ungefähr die Waage: Zuerst war Nick schneller, dann fuhr Mark bessere Rundenzeiten. Das große Problem beider könnte ihr Arbeitsgerät werden. Denn wenn dieses nicht den hohen Ansprüchen gerecht werden sollte, helfen auch die zwei besten Piloten nicht viel.

Renault: Alonso vs. Fisichella

Obwohl sich alle Welt beim Thema Teamduelle auf die Silbernen und deren explosive Fahrerpaarung stürzt, gibt es in diesem Jahr noch ein Fahrerduo, welches nicht minder spannungsgeladen und hochklassig ist: Fernando Alonso und Giancarlo Fisichella.

Da ist auf der einen Seite das hoch gelobte spanische Jungtalent, das nach seinem Ungarn Triumph anno 2003 in den Olymp gehoben und zum kommenden Weltmeister auserkoren wurde. Ihm gegenüber steht ein bislang meistens unterschätzter Italiener, dem das Image anhaftet immer zur falschen Zeit im falschen Team gewesen zu sein. So verließ er Benetton bevor diese als Renault den Durchbruch zum Top-Team erlebten und stieß er zu Jordan als diese ihre erfolgreichen Jahre gerade begraben hatten.

Dennoch steckt im Brasilien Sieger von 2003 jede Menge Potenzial, wie er nicht zuletzt mit seinen starken Leistungen für Sauber beweisen konnte, welche ihm auch seine wohl letzte große Chance bei Renault einbrachten. Im Duell mit dem Briatore-Zögling Alonso könnte der Römer sogar für eine faustdicke Überraschung gut sein. Und zwar nicht nur wenn es darum geht seinen Teamkollegen zu schlagen, dafür wurde er von Flavio ins Team geholt, da die Freundschaft zwischen Alonso und Trulli dem Italiener zu wenig Konkurrenzkampf beinhaltete, sondern auch, wenn es darum geht ganz oben auf dem Treppchen zu stehen. Der R25 scheint auf jeden Fall das Zeug dazu zu haben. Fisichella und Alonso besitzen es ebenso.

B·A·R: Button vs. Sato

Für viele ist das Teamduell bei British American Racing eine reine Formsache. Dabei wird der Japaner Takuma Sato aber zuweilen stark unterschätzt und nur als Honda-Schützling angesehen. Doch abseits des konstruierten Kamikaze- und Crash-Kid-Image ist Taku San ein ruhiger und realistischer Mensch, der aber auf der Rennstrecke jederzeit seine Chance nutzt und aggressiv zu Werke geht.

Unrealistische Zielsetzungen gibt es von ihm vor Saisonbeginn nicht zu hören. Denn während Jenson Button vor den ernüchternden Vorsaisontests mit dem neuen 007 davon sprach schon in Melbourne den ersten Sieg einfahren zu wollen und um den Titel zu kämpfen, blieb Sato auf dem Boden der Tatsachen und erklärte er weitere Podestplätze zu seinem Saisonziel. Und diese sollten, konkurrenzfähiges Material vorausgesetzt, auch möglich sein.

Jenson Button ist diesem Takuma Sato dabei gar nicht einmal so unähnlich. Schließlich wurde auch er von der Presse schon einmal fallen gelassen und als Sunnyboy ohne F1-Zukunft dargestellt. Es war nach seinem kometenhaften Aufstieg im Debütjahr bei Williams, als er schon im ersten Jahr als kommender britischer Weltmeister gepriesen wurde und danach bei Benetton eine höchst erfolglose Zeit durchstehen musste. Mit dem Wechsel zu B·A·R kehrte aber nicht nur der Erfolg, sondern auch das Jubelgeschrei der Presse zurück. Nun müssen er und sein Team beweisen, dass 2004 keine Eintagsfliege war. Und dabei sitzt JB bei jeder Aktion ein Japaner im Nacken.

Ferrari: Schumacher vs. Barrichello

Es dürfte nicht schwer sein in einer Gruppe F1-Fans ein paar Leute auszumachen, die den Begriff "Teamduell" in Zusammenhang mit der Scuderia Ferrari für unangebracht halten. Trotzdem gibt es auch bei den Roten zwei Piloten, die im Verlaufe der 19 WM-Läufe nicht nur gegen die 18 anderen Fahrer, sondern auch gegeneinander antreten müssen.

Rubens Barrichello hält es dabei mit der alten Coulthard-Tradition und spricht in jedem Jahr auf's Neue, so also auch 2005, davon, dass dies sein Jahr werde und er seinem Teamkollegen das Leben im Titelkampf schwer machen möchte. Nur wer glaubt daran, dass Michael Schumacher gegen Rubens Barrichello den Kürzeren zieht? Nun ja, in der letzten F1-Saison die so etwas wie Spannung bot, also dem Jahr 2003, war der Brasilianer aufgrund eines ihm besser liegenden F2003-GA nah dran seinen deutschen "Vorgesetzten" zu bezwingen. Im letzten Jahr konnte Rubens aber erst überzeugen, als Michael den siebten Titel bereits in der Tasche hatte. Zu Saisonbeginn sah er hingegen uralt aus.

Dennoch beruft sich Schumacher auch vor dieser Saison - und das nicht nur, weil es seine Pflicht als Ferrari-Teamplayer ist - mit einem Kopfnicken in Richtung Barrichello auf die alte Weisheit: Der schärfste Konkurrent ist immer dein Teamkollege. Denn er sitzt im gleichen Auto und hat - normalerweise - das gleiche Material zur Verfügung. Und am gefährlichsten ist er, wenn dieses Material auch noch das anerkannt beste ist...