Neue Regeln für Motor, Reifen und Aerodynamik sollen die Formel 1 noch sicherer und die Performance der Boliden auf der Rennstrecke noch attraktiver machen. Auch die Kosten für Hersteller und Teams sollen dadurch gesenkt werden. "Diese Neuerungen ", sagt Formel-1-Experte Christian Danner, "sind ein Schritt in die richtige Richtung."

Wettlauf gegen die Zeit

Der Countdown für die Saison 2005 läuft auf Hochtouren. Beim Grand Prix von Australien am 6. März in Melbourne müssen die Teams ihre Karten auf den Tisch legen. Mit Spannung wird erwartet, wie gut die Ingenieure die Regeländerungen in das Gesamtpaket aus Motor, Chassis und Reifen integrieren konnten. Viel Zeit blieb ihnen dafür nicht. "Als die neuen Regeln beschlossen wurden", so Sam Michael, Technischer Direktor von WilliamsF1, "war unser neues Auto praktisch schon fertig."

Lang leben die Motoren

Vor allem mit der neuen Motorenregel legt die Fédération Internationale de l´Automobile die Latte für die Teams hoch. Danach muss in dieser Saison ein Motor zwei aufeinander folgende Grand-Prix-Wochenenden halten – was im Gegensatz zur Vorsaison eine Verdoppelung der Laufleistung bedeutet und im Vergleich zur Saison 2003 sogar eine Vervierfachung. Die FIA will damit sowohl die Leistung der Triebwerke als auch die Kosten senken. Für die Entwicklung des im Williams FW27 eingesetzten P84/5 Motors ergab sich daraus, so BMW Motorsport Direktor Dr. Mario Theissen, "die Zielsetzung, mit möglichst geringen Leistungseinbußen standfest zu werden für die doppelte Distanz."

Gewechselt werden darf das Triebwerk in dieser Saison nur im Falle eines Motorschadens, was allerdings zur Folge hat, dass der Fahrer in der Startaufstellung dieses Rennens um zehn Plätze nach hinten versetzt wird und bis zum Ende des darauf folgenden Grand Prix keinen anderen Motor benutzen darf. Nur wer ein Rennen nicht beendet, darf das nächste mit einem anderen Motor bestreiten.

Auf der Suche nach mehr Grip

Auch bei den Reifen können die Teams in dieser Saison nicht mehr aus dem Vollen schöpfen. Jedem Fahrer stehen pro Grand-Prix-Wochenende nur noch drei Reifensätze zur Verfügung, die Qualifyings am Samstag und Sonntag sowie das Rennen müssen sie auf ein und demselben Reifensatz bestreiten.

In der Praxis bedeutet das wesentlich härtere Reifen und damit weniger mechanischen Grip. Die Folge: Die Kurvengeschwindigkeiten gehen deutlich nach unten, das erhöht wiederum die Sicherheit. Ein Reifenwechsel während des Rennens ist nur noch bei Beschädigung des Reifens erlaubt, getankt werden darf bei diesem Stopp aber nicht. Reine Reifenstopps wird es nicht mehr geben. Die Auswirkungen dieser neuen Regel werden auch die Zuschauer zu spüren bekommen. "Um die Reifen für das Rennen zu schonen", so Christian Danner, "werden die Fahrer im Training nur noch so viele Runden fahren wie unbedingt nötig."

Kampf gegen den Windkanal

Mit Einschränkungen in der Aerodynamik will die FIA darüber hinaus den Abtrieb der Autos um rund 25 Prozent senken. So muss der Frontflügel 15 statt zehn Zentimeter über der Straße liegen, der Heckflügel rückt 15 Zentimeter näher an das Auto und der Diffusor genannte ansteigende Teil des Unterbodens darf nicht höher als 125 Millimeter sein.

Die Überlegung, die hinter diesen Maßnahmen steckt: Weniger Abtrieb bedeutet weniger aerodynamischen Grip, weniger Grip bedeutet geringere Kurvengeschwindigkeiten – und damit mehr Sicherheit. Die FIA hätte damit ihr Ziel erreicht, die Boliden nach ständig schnelleren Rundenzeiten in den letzten Jahren so weit einzubremsen, dass die Sicherheitsfeatures der Strecken und der Speed der Autos wieder zusammenpassen. Auf jeden Fall gewinnt sie damit erst einmal Zeit. "Die Teams werden den verlorenen Abtrieb durch neueste Windkanalentwicklungen nach und nach wieder zurückgewinnen", ist Christian Danner überzeugt, "aber eben weil die Entwicklung immer weiter geht, ist es durchaus sinnvoll, dass da von der FIA ab und zu mal gebremst wird."

Mit den neuen Regeln verfolgt die FIA drei Ziele: mehr Sicherheit, geringere Kosten und noch spannendere Rennen. Ob diese Rechnung aufgeht, werden die 19 Grand Prix der Saison 2005 zeigen.

Wussten Sie schon...

... dass ein Formel-1-Auto nach 55 Metern und 1,9 Sekunden bei einer Vollbremsung aus 200 km/h zum Stillstand kommt? Dabei entstehen Verzögerungswerte von 5g, durch die, so Dr. Christoph Lauterwasser vom Allianz Zentrum für Technik (AZT), ein 75 Kilogramm schwerer Fahrer mit 375 Kilogramm in die Gurte gepresst wird. Zum Vergleich: Ein Serien-Fahrzeug kommt bei einer Vollbremsung aus 200 km/h erst nach 4,1 Sekunden und 118 Metern zum Stehen.