Neben Mercedes ist Ferrari das einzige Team, das sowohl Motor als auch Chassis selbst baut. Doch während die dadurch entstehenden Synergieeffekte den Silberpfeilen in der Vorsaison unter dem neuen technischen Reglement zu einer unvergleichlichen Dominanz verhalfen, blieb Ferrari zum ersten Mal seit 1993 ohne Sieg und schloss die Konstrukteurs-Wertung nur auf dem vierten Rang ab.

Tief enttäuscht von dieser Performance zeigten sich nicht nur viele Tifosi, sondern auch John Surtees, seines Zeichens Weltmeister mit Ferrari im Jahr 1964. "Sie haben ihren Weg offenbar verlassen", meinte der Brite gegenüber Reuters. "Ich hätte gedacht, sie würden weiter vorne stehen, aber irgendetwas hat offenbar nicht gestimmt."

Surtees wünscht Vettel viel Glück bei Ferrari, Foto: Red Bull
Surtees wünscht Vettel viel Glück bei Ferrari, Foto: Red Bull

Mattiaccis Bestellung ein Fehler

Wenig Verständnis zeigte Surtees dafür, dass Teamchef Stefano Domenicali nach dem schwachen Saisonstart gefeuert und durch Marco Mattiacci ersetzt wurde, der zuvor keinerlei Erfahrungen im Motorsport gesammelte hatte. "Mattiacci hatte keine Chance", hielt der 80-Jährige fest. "Ich dachte mir schon, dass das für beide Seiten keine kluge Entscheidung war."

Der "Fehler" Mattiacci, wie Surtees den Italiener bezeichnete, wurde jedoch relativ schnell wieder behoben und unmittelbar nach Saisonende Maurizio Arrivabene zum neuen Teamchef bestellt. Von ihm hat Surtees eine wesentlich höhere Meinung als von seinem Vorgänger.

"Ich denke, mit der Bestellung des neuen Mannes haben sie eine sehr weise Entscheidung getroffen", betonte der Brite. "Er hat bereits Erfahrung im Motorsport. Er kennt den Sport, aber noch wichtiger ist, dass er all die Persönlichkeiten kennt." Arrivabene war zuvor für den Tabakkonzern Philip Morris tätig und ist mit den Abläufen bei der Scuderia dank der langjährigen Zusammenarbeit mit Sponsor Marlboro bestens vertraut.

Bringt Arrivabene Ferrari wieder auf Kurs?, Foto: Sutton
Bringt Arrivabene Ferrari wieder auf Kurs?, Foto: Sutton

Ferrari und Vettel müssen sich selbst finden

Während Arrivabene auf der organisatorischen Ebene dafür Sorge tragen soll, dass Ferrari wieder an einstige Glanzzeiten anschließt, kommt im Cockpit diese Aufgabe Sebastian Vettel zu. Wie einst Michael Schumacher wurde der Deutsche als Retter der Roten nach Maranello gerufen. Surtees kann sich durchaus vorstellen, dass der Rettungsplan aufgeht.

"Er ist ein großer Enthusiast, aber im letzten Jahr hat etwas gefehlt", blickte Surtees auf Vettels vergangene Saison, die der vierfache Weltmeister ebenso wie Ferrari sieglos abschloss. "Das Funkeln war nicht da. Aber weil er so ein Enthusiast ist, glaube ich, ist das genau, was er braucht. Und was Ferrari braucht."

Sowohl Ferrari als auch Vettel müssen sich 2015 selbst finden, so Surtees, der glaubt: "Das ist eine gute Kombination." Ein Lostag für die neue Saison ist bereits der 30. Januar. Dann stellt die Scuderia ihren neuen Boliden vor, der ein zweites siegloses Jahr in Folge verhindern soll.