Die Verpflichtung von Max Verstappen schlägt weiter hohe Wellen: Jacques Villeneuve kritisiert den Jugendwahn in der Formel 1 heftig. Seines Erachtens steht der Ruf der Formel 1 auf dem Spiel. Trotz seines enormen Talents sei Verstappen einfach nicht reif für die Topklasse des Motorsports. Sollte er scheitern, wäre das keine gute Werbung, doch wenn er Erfolg haben sollte, wäre das noch fataler für die Formel 1. Sein Tenor: Was wäre das für eine Königsklasse des Motosports, wenn ein 17-Jähriger mit kaum Erfahrung dort reinspazieren könnte und sofort Erfolg hätte?

Der Weltmeister von 1997 übt heftigste Kritik an der Verpflichtung des Niederländers und poltert gegenüber Autosport: "Das ist das Schlimmste, was der Formel 1 hätte passieren können, denn es bringt zwei mögliche [negative] Effekte mit sich: Entweder zerstört es seine Karriere, oder, wenn er Erfolg haben sollte, würde die Formel 1 bedeutungslos werden. Was wäre sie denn dann? Sie wäre ein Nichts. Das Ganze ist für niemanden gut." Seines Erachtens hätte Verstappen weitere Erfahrung sammeln und vier Jahre später als gestandener Mann kommen sollen.

Analogien zu Cäsar und Napoleon

Mit der Formel 1 sei auch die Bedeutung der Superlizenz gesunken: "Die Superlizenz zu erhalten sollte etwas Besonderes sein und nicht bloß heißen, 300 Kilometer gut Auto zu fahren", so der Kanadier, der bei seinem eigenen Debüt kurz vor seinem 25. Geburtstag stand. "Da ist irgendetwas fehlerhaft. Es ist, als würde man alle Geschenke bekommen, ohne sie verdient zu haben." Villeneuve fürchtet, dass aufgrund von Mentalitäten der derjenigen Helmut Markos die Formel 1 zum Kindergarten verkommen könnte: "Es gibt diese Einstellung ‚je jünger, desto besser‘. Aber was kommt als nächstes? Ein Team, das einen 15-Jährigen unter Vertrag nimmt, nur um das zu vermarkten?"

Verstappen fällt in dieser Saison durch außergewöhnliche Leistungen auf, Foto: FIA F3
Verstappen fällt in dieser Saison durch außergewöhnliche Leistungen auf, Foto: FIA F3

Der heute 43-Jährige ist der Meinung, dass ein junger Fahrer erst einmal zum Mann werden sollte, bevor er die Formel 1 in Angriff nimmt: "Cäsar und Napoleon waren in ihrer Disziplin von Anfang an gut, aber es braucht Zeit, bevor man zum Eroberer wird. Man baut es sukzessive auf. Talentierter als andere zu sein heißt nicht, dass man schneller lernt. Wenn man sich entwickelt, wird man gleichzeitig ein Mann. Er ist doch noch ein Junge, deshalb ist das sehr riskant. Man stellt doch auch keinen 16-Jährigen, der noch nicht einmal eine Universität gesehen hat, als Arzt im besten Krankenhaus an, selbst wenn er noch so intelligent ist."

Tost widerspricht: Verstappen viel reifer als gedacht

Villeneuve sieht sich selbst als mahnendes Beispiel: "Ich erinnere mich: Als ich 17 war und Formel 3 gefahren bin, habe ich ganz anders gedacht als später, weil ich einfach noch nicht meine Beiträge geleistet hatte." Er sieht auch ein Sicherheitsrisiko: "Für einen selbst mag das spaßig sein, aber man schätzt die Gefahren in dem Alter anders ein." Franz Tost hingegen widersprach solchen Ansichten: "Sein Gefühl für Speed und Griplevel ist außergewöhnlich, er ist einer der talentiertesten Fahrer der jüngeren Geschichte. Auf dem Papier ist er 16, aber wenn man ihn fahren sieht und mit ihm spricht, wirkt er viel erwachsener. Man nicht den Eindruck, dass man einen 16jährigen vor sich hat."