Christian, war das aus deiner Sicht ein normales Qualifying oder eher Chaos?
Christian Danner: Das war überhaupt kein Chaos. Die Formel 1 ist inzwischen so geübt im Umgang mit diesen Situationen, dass es da nicht nur vom Regelwerk her, sondern auch von der Durchführung gesehen keine Probleme mehr gibt. Für die Fans war natürlich es ein bisschen blöd so lange warten zu müssen, bis das Q3 fertig war. Das muss man aber auch einmal sagen: Vor 15 bis 20 Jahren wurden teilweise Trainings unter chaotischen Bedingungen gefahren, da gefiel mir das heute aus zweierlei Hinsicht gut. Zum einen wegen der Durchführung. Zweitens: Wenn zu viel Wasser auf der Strecke steht, der Grosjean nach einer Runde aber von Regenreifen auf Intermediates wechselt, bedeutet das, dass das Wasser besser ablief als jemals zuvor in Interlagos. Deshalb ein kleines Kompliment an die Streckenbetreiber, die sonst - auch zu Recht - ihr Fett wegen der desolaten Infrastruktur, Boxenanlage und Kommunikations-Situation wegbekommen. Sie haben es geschafft, dass das Wasser besser abläuft und das ist ja auch etwas Gutes.

Gut war auch Sebastian Vettel - wieder einmal...
Christian Danner: Aus sportlicher Sicht war es das große Hoffnungs-Training von allen, die dachten, dass sie jetzt eine Chance gegen Vettel hätten. Aber sie haben sich getäuscht, weil dieser Vettel die Sache sehr ernst nimmt und gezeigt hat, dass er bei solchen gemischten Bedingungen seinen Job fehlerfrei erledigt. Ich wiederhole mich zwar, aber es ist so: Im Grunde genommen sind wieder alle da, wo sie immer sind - Vettel vorn, Webber kommt nicht mit und Rosberg ist schneller als Hamilton.

Keine schlechte Leistung von Rosberg, oder?
Christian Danner: Großes Kompliment! Hamilton war immer ein Regengott - und was ist? Rosberg rasiert ihn. Das sind Highlights. Natürlich sagt der Rosberg, dass jetzt einmal alles super läuft, ärgert sich aber, dass er wieder so einen großen Rückstand auf Vettel hatte.

Wie frustrierend ist so etwas?
Christian Danner: Das war eine Ohrfeige von Vettel. Das gehört zu einem großen Champion dazu. In einer solchen Situation muss er sagen: "Wenn ihr glaubt, dass ihr mich irgendwo kriegen könnt, dann habt ihr euch sowas von geschnitten!" Also der Alonso war schon sehr einsilbig während der Pressekonferenz.

Für Webber gab es auch keine Geschenke zum Abschied.
Christian Danner: Im Qualifying gibt es keine Geschenke, getreu dem Motto: There is no free lunch in Formula One.

Was bedeutet Webbers letztes F1-Rennen für dich persönlich?
Christian Danner: Ich hatte ihn immer sehr gern. Das ist einer dieser Fahrer, der seine eigene Performance durch sehr viel Arbeit gesteigert hat. Vielleicht war er manchmal etwas zu verbissen und wäre mit einer lockereren Einstellung weitergekommen - zumindest hätte er nicht so viele Sorgen gehabt. Mark ist den harten Weg in die Formel 1 gegangen. Seinen komfortablen Job bei Mercedes hat er damals aufgegeben und fuhr Formel 3000. Dann ist er hochgekommen und fuhr für Minardi - ein Team, das die Welt nicht gebraucht hat. Da hat er sich durchgebissen und überhaupt bei allen Teams eine Top-Leistung abgeliefert.

Wird er der Formel 1 fehlen?
Christian Danner: Es ist schon ein Verlust, wenn er nächstes Jahr nicht mehr in der Formel 1 ist. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass er an Vettels Klasse nicht heranreichte. Ich finde es aber gut, dass er selbst den Schlussstrich gezogen hat. Solche Entscheidungen muss man respektieren und auch gutheißen. Webber hat den Absprung genau zur richtigen Zeit geschafft. Bei Porsche ist er super aufgehoben.