Bevor ein Renault RS27-V8 an der Rennstrecke an eines der vier Partnerteams von Renault ausgeliefert wird, unterläuft er ein aufwändiges Setup- und Test-Prozedere. Die Motorenabteilung in der Teambasis in Viry-Châtillon baut die 760-PS-Triebwerke für die unterschiedlichsten Prüfstandversuche auf und entwickelt neue Komponenten. Olivier Loret, der Leiter V8-Motorenbau und -entwicklung, erklärt im Interview die vielfältigen Arbeitsschritte und Aufgaben seines Teams.

Olivier, welche Tätigkeiten umfasst Ihr Job?
Olivier Loret: Ich leite ein Team, das Motoren exakt nach den Anforderungen unserer Testabteilung baut. Wir stellen zum Beispiel eine bestimmte Motor-Spezifikation für Getriebetests zur Verfügung, eine andere für den Check von Ansprechverhalten und anderer Parameter des Mappings für den jeweiligen Grand Prix. Dann liefern wir natürlich eine Reihe Triebwerke für die Ausdauer- und die Performancetests. Für Dauerläufe bauen wir stichprobenartig einige Teile aus derselben Produktions-Charge ein. Bestehen sie die Zuverlässigkeitstests, sind sie für den Einbau in die Rennmotoren unserer Partnerteams freigegeben.

Wie läuft der Freigabeprozess bei RSF1 genau ab?
Olivier Loret: Unser Inspection Department - die Abnahme-Abteilung - prüft zunächst, ob ein bestimmtes Teil der vorgegebenen Spezifikation entspricht. Dann bauen wir es in einen Motor ein und testen die betreffende Komponente. Es gibt zwei grundsätzliche Motorentypen - einen für die Leistungsprüfstände, einen für die Ausdauerläufe. Nach dem Haltbarkeitstest bauen wir das Teil wieder aus und lassen es in der Qualitätssicherung prüfen. Danach übernimmt die Test-Abteilung die fertig aufgebauten Motoren. Wenn die kompletten Motoren jedoch auf eine neue Ausbaustufe oder Spezifikation umgebaut werden sollen, ist das wieder unsere Aufgabe.

Bei so vielen verschiedenen Teilen dürfte die Lagerhaltung ziemlich kompliziert sein…
Olivier Loret: Da müssen wir immer ein bisschen jonglieren. Wir versuchen, selbst keine größeren Mengen Teile einzulagern. Stattdessen stimmen wir uns mit den anderen Abteilungen ab, damit wir immer genügend Komponenten zur Verfügung haben. Dabei suchen wir den goldenen Mittelweg zwischen kleinem Lagerbestand und schneller Reaktion. Wir müssen jederzeit in der Lage sein, ein Aggregat nach den vorgegebenen Spezifikationen für Tests aufzubauen - das ist die wesentliche Maßgabe. Ein RS27 besteht aus rund 2.500 Teilen. Wir verwalten aber mehr als 4.000 verschiedene Teile, weil immer wieder etwas geändert wird. Etwa die Hälfte davon kommt in größeren Chargen - deren gewissenhafte Inspektion ist natürlich sehr wichtig.

Wie lang dauert es, einen RS27-V8 aufzubauen?
Olivier Loret: Wenn alle Teile vorhanden sind, arbeiten zwei Techniker rund eine Woche daran.

Die Renault-Motoren warden auf Herz und Nieren geprüft, Foto: Sutton
Die Renault-Motoren warden auf Herz und Nieren geprüft, Foto: Sutton

Und wie schnell könnt ihr Änderungen an den Testmotoren vornehmen?
Olivier Loret: Das kann einen halben Tag dauern, eine Stunde - je nachdem... Wenn wir eine Baugruppe tief im Innern des Motors ändern sollen, ist es manchmal die schnellere Lösung, einen komplett neuen Motor aufzubauen. Das hängt immer davon ab, wie der Plan aussieht, wie viele Techniker verfügbar sind und was die Test-Abteilung braucht. Einen Motor zu bauen, ist das Eine, ihn auf dem Prüfstand zu testen, etwas Anderes.

Kommt es dabei nicht auch mal zu Fehlern?
Olivier Loret: Nein, so gut wie gar nicht - es gibt viel weniger Fehler, seit die Motorenentwicklung eingefroren ist. Wir sind darauf spezialisiert, Chargen von Teilen zu prüfen. Sobald die Saison startet, konzentrieren wir uns auf das Testen von Getrieben und Motor-Mappings.

Was denken Sie, wenn ein Motor zum ersten Mal gezündet wird?
Olivier Loret: Ich habe immer ein bisschen Bedenken im Hinterkopf, dass sich vielleicht doch ein menschlicher Fehler eingeschlichen haben könnte. Selbst wenn wir praktisch mit einer Null-Fehler-Quote arbeiten, sind wir nur Menschen. Beim ersten Zünden bin ich also nie ganz sicher. Aber in der Regel haben wir alles unter Kontrolle.

Wie können Sie denn Fehler überhaupt ausschließen?
Olivier Loret: Es gibt für jede Tätigkeit Checklisten und sehr detaillierte Formulare, die der jeweilige Ingenieur ausfüllen muss. Wir arbeiten immer in Teams von zwei Technikern, die sich gegenseitig überprüfen. Und weil vier Augen mehr sehen als zwei, haben wir eine zusätzliche Sicherheit, nichts zu übersehen.

Werden manche Bauteile auch mehrfach benutzt?
Olivier Loret: Ja, es gibt ein paar Teile, deren Laufleistung von der Qualitätssicherung festgelegt wird. Nach dem Einsatz durchläuft so ein Teil eine Revision. Es wird zunächst optisch geprüft, dann gegebenenfalls in allen Dimensionen vermessen. Anschließend folgt buchstäblich der Knackpunkt: die Suche nach eventuellen Haarrissen. Für die eisenhaltigen Komponenten gibt es zudem einen Magnettest. Wenn ein Teil nach dieser Prozedur für ok erklärt wird, geht es zurück an den Motorenbau - wo es gewöhnlich nicht lange herumliegt...

Ist Ihr Team auch schon an der Entwicklung der neuen 1,6-Liter-Turbos für die Saison 2014 beteiligt?
Olivier Loret: Ja, das ist eine großartige Aufgabe. Es gibt jede Menge neue Teile und Technologien. Wir werden unsere Prozesse und Arbeitsweise beim Zusammenbau ändern müssen. Diese Motoren werden fundamental anders sein als die jetzigen V8-Sauger. Das in den Griff zu bekommen, wird viel Arbeit und viel Spaß machen. Für uns ist das eine willkommene Abwechslung, denn wir schrauben ja letztlich seit 2007 immer an den gleichen Triebwerken herum.