Angesichts verschiedener Testprogramme und Benzinladungen ist Körpersprache immer noch ein wichtiger Indikator dafür, wie gut oder schlecht sich ein Fahrer denn nun wirklich mit seinem Auto fühlt. Und Lewis Hamilton schien sich am Mittwoch in Jerez gut zu fühlen, denn seine Körpersprache wirkte zufrieden. Er war sogar so gut drauf, dass er McLaren in diesem Jahr den Angriff auf den WM-Titel zutraute. "Realistisch gesehen werden wir um die WM kämpfen. Wir haben ein tolles Team und alle sind da, um zu gewinnen. Wir sind entschlossener denn je und wollen das Auto zum besten Auto machen. Sie tun alles, damit wir mehr Abtrieb und Leistung finden. Wir jagen den Sieg, jeder tut das. Ich hoffe, wir machen einen besseren Job als andere. Wir haben einen guten Start erwischt", sagte er.

Was den Abtrieb betraf, so war Hamilton aber ohnehin schon einigermaßen zufrieden, denn nach seiner Ansicht ist genug davon vorhanden. "Ob er an der richtigen Stelle ist, das ist die Frage. Wir arbeiten, um das auszubalancieren, damit wir ihn dort haben, wo wir ihn brauchen. Wir haben jedenfalls den Abtrieb, auch wenn das Auto anders aussieht als andere. Wir sind dran, aber wir können noch mehr, also arbeiten wir daran", meinte er. Die Arbeit sieht so aus, dass McLaren für den letzten Test vor Saisonstart, der ebenfalls in Barcelona gefahren wird, einige Updates in der Pipeline hat. Aber auch so war der Winter 2012 für Hamilton schon ein großer Fortschritt im Vergleich zu 2011, denn in den schnellen Kurven lag das Auto gut und die Zuverlässigkeit stimmte.

Mehr Runden als 2011

"Ich fuhr heute wohl mehr Runden als den ganzen letzten Winter. Gestern waren es 114 und heute 120. Das ist in punkto Zuverlässigkeit großartig. Wir haben auf den Longruns viel über die Reifen und verschiedene Benzinladungen gelernt. Wir sind in einer guten Position. Es gibt noch einiges zu tun, aber ich bin glücklich", hielt der McLaren-Pilot fest. Besser als im vorigen Winter empfand er auch den Grip, wobei er meinte, dass die Reifen dabei helfen, den Verlust des angeblasenen Diffusors zu kompensieren. Dass dieses System fehlt, wird man seiner Meinung nach ohnehin nicht lange merken. "Ich denke, wenn wir in die Saison gehen, haben wir den Abtrieb vom Anblas-Diffusor wieder zurückgeholt. Die Jungs scheinen da immer was zu finden." So hatten sie bereits seit dem Test in Jerez einiges am Auto verbessert, ohne Upgrades zu bringen, weil das Verständnis für das Auto gewachsen war.

Mit Sebastian Vettel gab es ein kleines Treffen auf der Strecke, Foto: Sutton
Mit Sebastian Vettel gab es ein kleines Treffen auf der Strecke, Foto: Sutton

Auf der anderen Seite musste Hamilton aber einräumen, dass bei Testfahrten nicht unbedingt frei von der Leber weg nach vorne entwickelt werden kann. Denn die Möglichkeiten unterliegen durchaus gewissen Limits. "Wir testen so gut es geht. Wir haben fünf Reifensätze pro Tag und die beste Zeit für den Test neuer Teile ist ein frischer Reifensatz. Deswegen hat man da nur ein kleines Fenster. Man kann mit dem Auto nur eine bestimmte Menge machen, denn es befindet sich gerade im Aufbau. Es gibt noch neue Teile, die gar nicht da sind und wir haben jede Möglichkeit genutzt, die wir haben."

Warten auf Melbourne

Auch deswegen war er überzeugt, dass noch einiges kommt, vor allem beim nächsten Test. "Bis zum ersten Rennen werden wir aber ohnehin nicht wissen, wo wir stehen." Dennoch blieb er bei seiner Meinung, dass McLaren um den Titel mitfahren kann, die Konkurrenz erwartete er dicht gedrängt. "Red Bull sind immer noch die, die es zu schlagen gilt, sie haben die 1", sagte er. "Es sieht so aus, als ob Lotus sehr stark ist. Ich weiß nicht, was Mercedes macht, sie schauen auf ihr Programm und zeigen nicht so viel. Gleiches gilt für Ferrari und uns. Das Feld wird dieses Jahr enger beisammen liegen. Toro Rosso sieht bei den Zeiten gut aus, Force India wirkt stärker. Der Wettbewerb wird größer sein. Wir haben die Chance, dass wir die Besten sind, es gibt keinen Grund, der dagegen spricht."

Einen kleinen Vorgeschmack auf die Saison gab es am Mittwochnachmittag auch, als Hamilton und Sebastian Vettel beide auf Longruns waren und auf der Strecke aufeinander trafen. Die Sache löste sich allerdings recht undramatisch auf, als Vettel vorbeiging und sich absetzte. "Ich denke nicht, dass wir da gekämpft haben. Ich war auf einem Longrun, er war auf einem Longrun, er wollte vorbei und hat das gemacht", sagte Hamilton trocken. "Wir waren zur gleichen Zeit draueßn. Ich war auf gebrauchten Reifen, er bei den letzten Stints auf neuen. Er sah stark aus, vielleicht etwas stärker als wir." Die Kampfeslust war in ihm aber nicht losgebrochen, auch wenn er sich darauf freute, während der Saison Rad an Rad zu fahren. Denn seinen Fahrstil will er nicht ändern, egal ob er sich nun besser fühlt oder nicht. "Mein Stil wird immer bleiben. Ich werde immer so fahren, wie ich fahre. Anders macht es keinen Sinn."

Letzter Test wird spannend

Viel mehr Sinn macht für ihn der letzte Wintertest, der kommende Woche in Barcelona ansteht. Darauf freute er sich bereits. "Ich liebe den letzten Test, da bin ich gerne. Dann ist das Auto am besten vorbereitet und man bekommt ein Gefühl dafür, wie das Auto beim ersten Rennen sein wird", erklärte er. Die Aufregung rührt für Hamilton aber auch daher, dass er weiß, beim nächsten Mal nach dem Test wird er beim Saisonstart im Auto sitzen.