Das Auto

Der RB7 ist lediglich eine Evolution der beiden Vorgänger-Boliden aus der Feder von Stardesigner Adrian Newey und darf dennoch getrost als Geniestreich bezeichnet werden. Was 2009 noch den Titel kostete und einen 2010 fast um den verdienten Lohn der Arbeit gebracht hätte, hat man dieses Jahr endlich im Griff: Die Zuverlässigkeit. Als einziges Team des Jahrgangs, blieb Red Bull bisher gänzlich von Ausfällen verschont, ohne dabei irgendetwas von der überlegenen Geschwindigkeit einzubüßen. Ganz im Gegenteil - der Vorsprung des Weltmeisterteams war besonders zu Beginn des Jahres erschreckend groß. Streitpunkt war diesbezüglich oftmals auch der angeblasene Diffusor - letztendlich erklärte die FIA alles für legal und somit behielt das Team auch alle Vorteile durch den Entwicklungsvorsprung.

Zur Beurteilung mit Bestnoten reicht im Fall Red Bull schon der Blick auf die Erfolgsstatistik. Elf Rennen, elf erste Startplätze und sechs Siege. In keinem einzigen bisherigen Rennen, stand keiner der beiden Piloten auf dem Podium. Der Punktevorsprung in der Konstrukteurs-WM beträgt über 100 Zähler. Eine bessere erste Saisonhälfte eines Teams gab es in der F1 selten. Zwar bereitete zu Beginn das oftmals zickige KERS Probleme und streikte bisweilen, doch auch diese Schwierigkeiten scheinen so langsam behoben. Der Abstand zur Konkurrenz ist zwar zu Saisonmitte merklich kleiner geworden, dass man den Fahrer- und Konstrukteurs-Titel aber noch verspielt, scheint mit einem Auto, wie dem jetzt schon legendären RB7, allerdings nahezu unmöglich.

Team & Fahrer

Sebastian Vettel geht voll konzentriert in die zweite Saisonhälfte - sehen wir hier schon den alten und neuen Weltmeister?, Foto: Red Bull
Sebastian Vettel geht voll konzentriert in die zweite Saisonhälfte - sehen wir hier schon den alten und neuen Weltmeister?, Foto: Red Bull

Sebastian Vettel machte genau dort weiter, wo er bei seinem starken Schlussspurt zum Titel in der Endphase 2010 aufgehört hatte. Der Deutsche gewann in zumeist überlegener Manier fünf der ersten sechs Rennen. Auch wenn die Gegnerschaft um Hamilton und Alonso danach immer näher kam, behielt er fast immer kühlen Kopf. Anders als noch im Vorjahr, kann der Heppenheimer nun auch einmal zurückstecken und sichere Punkte einfahren - nicht jedoch, ohne dabei trotzdem stetig zu attackieren. Vettels Lauf zu Jahresbeginn hat ihn fast schon sicher zum Doppelweltmeister gemacht. Einziges Manko war der weggeworfene Sieg in Kanada, als in der letzten Runde der Druck von Verfolger Jenson Button zu groß für ihn wurde.

Noch beeindruckender liest sich da schon die Qualifying-Bilanz gegen Teamkollege Mark Webber, die der Red-Bull-Star mit 8:3 anführt. Für den Australier lief das Jahr nach seiner starken Vorsaison bislang nicht nach Plan. Besonders in den ersten Rennen wollte einfach gar nichts klappen. Teils hatte Webber Pech, das Team machte Fehler, das KERS wollte nicht funktionieren und oft fehlte ihm im Vergleich zu Vettel auch einfach der Speed. Erklärung dafür war der Wechsel zu Reifenhersteller Pirelli. Mit den neuen, schnell abbauenden Pneus kam der 34-Jährige einfach nicht zurecht. Trotz Über-Auto konnte er in den ersten sechs Läufen nur zwei Podestplatzierungen herausfahren.

Zu Beginn der Saison stand Mark Webber meist ziemlich alleine im Regen - das wurde dann allerdings besser, Foto: Sutton
Zu Beginn der Saison stand Mark Webber meist ziemlich alleine im Regen - das wurde dann allerdings besser, Foto: Sutton

In der WM liegt Webber trotz aller Probleme dennoch auf Rang zwei - bester Beleg für die Leistungsfähigkeit und Überlegenheit des Gesamtpakets, das das Team aus Milton Keynes in diesem Jahr zu stellen im Stande ist. Und auch unter den Fahrern scheint es 2011 ruhiger zuzugehen, als noch in der Vergangenheit. Für ein neuerliches, internes Titelduell scheint der Abstand auf dem Punktetableau schon zu groß. Einziger Aufreger waren die Schlussrunden in Silverstone. Obwohl das Team Webber via Funk anwies, seinen deutschen Kollegen nicht mehr anzugreifen, attackierte der WM-Zweite weiterhin. Doch dem Ärger im Anschluss, folgte auch gleich wieder die Versöhnung - passiert war ohnehin nichts, denn Vettel hatte seine Position gehalten, genauso wie Webber sein Rennfahrer-Gesicht gewahrt.

Ausblick 2. Hälfte

Nachdem es sportlich bald nichts mehr zu diskutieren gab, stürzte sich die Presse im Dunstkreis von Red Bull vornehmlich auf die Zukunft in Sachen Fahrerfrage. Lange Rede, kurzer Sinn, denn Vettel und Webber fahren auch 2012 für die Österreicher. Der 23-jährige WM-Leader verlängerte seinen Vertrag bereits vorzeitig bis 2014 und auch ein neuerlicher Kontrakt für seinen australischen Stallgefährten ist nur noch Formsache, wie Team-Besitzer Dietrich Mateschitz, allen Gerüchten zum Trotz, bereits mehrmals versicherte. Zudem wurde auch Schlüsselfigur Newey langfristig gebunden - mit dieser Aufstellung und der neu gewonnenen Konstanz, lässt sich nun eine Vormachtstellung über Jahre anpeilen.

"Unser Ziel ist es, bei jedem Grand Prix zu gewinnen", lautet auch die Vorgabe von Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Damit man nach drei sieglosen Rennen in Folge, bald wieder auf die oberste Stufe des Treppchens zurückkehren darf, sind bereits für den ersten Auftritt nach der Sommerpause im belgischen Spa neue Updates geplant. Auch wenn die motivierten Gegner es nicht gerne hören werden, aber es scheint nicht wirklich so, als würde die Erfolgs-Kombo des Getränkeherstellers etwas anbrennen lassen. Adrian Newey erklärte sogar schon: "Wir müssen uns Gedanken über das Auto für nächste Saison machen." Der Diffusor-Vorteil wird verschwinden, doch die Geschichte zeigt, dass dem Technikchef immer wieder eine neue Überraschung gelingt. Je früher das Team 2011 also im Ziel ist, desto besser steht man mit der gewonnenen Entwicklungszeit auch in der nächsten Saison dar.