Sie heißen MGP W01, VJM03, MP4-25 und RB6. Das jedenfalls glauben die Profis, zu dessen Beruf es gehört, sich Namen für F1-Boliden auszudenken. Die Piloten wissen es besser. Für sie heißen die Autos: rote Göttin oder einfach nur Julia oder wie im Fall von Sebastian Vettel 2009 "Kate's dirty sister" - Kates schmutzige Schwester. Vor dem Saisonstart taufte der Red-Bull-Pilot seinen Wagen auf den Namen Kate.

Doch Kate ereilte ein früher Tod. "Ich habe das Auto bei einem Unfall mit Robert Kubica kaputt gefahren. Das Monocoque musste ausgetauscht werden. Darauf folgte das neue Auto - Kates Schwester. "Ich habe mir den Namen ausgedacht. Dirty bedeutet, dass dieses Auto aggressiver und noch schneller ist", erklärte Vettel.

Auch sein erster RB6 im Jahr 2010 trug einen Spitznamen: "Luscious Liz" - "leckere Liz". Sie sollte dort anbeißen, wo Kates Schwester versagte: beim WM-Titel. Das klappte nicht wie erhofft, also tauschte er Liz während der Saison gegen "Randy Mandy". Lizzy ließ sich dadurch nicht unterkriegen - sie wurde Seb untreu und fuhr danach mit Mark Webber an die WM-Spitze.

Von Timo Glocks Helm knurrt der Kampfdackel, Foto: Sutton
Von Timo Glocks Helm knurrt der Kampfdackel, Foto: Sutton

Virgin suchte vor Saisonbeginn auf der offiziellen Website schnelle und kämpferische Namen für die Boliden von Timo Glock und Lucas di Grassi. Das Ergebnis: Timo Glocks Auto heißt "Virginia", Lucas di Grassis Bolide "Veronica". Die beiden Fahrer wählten die Namen aus mehreren tausend Einsendungen ihrer Fans aus. "Virginia passt einfach am Besten", erklärte Glock. "Eben ein Rennauto, an dem wir viel arbeiten, damit die Jungfrau erwachsen werden kann." Wenn sie nur nicht immer so zickig wäre und ständig die Hydraulik kaputt machen würde...

Baby-Schumi und Iceman

Doch während die Piloten sich die Spitznamen ihrer Autos selbst ausdenken oder zumindest Mitspracherecht haben, ist beim eigenen Spitznamen damit Schluss. So ist es nur schwer vorstellbar, dass sich Vettel selbst als "Baby-Schumi" bezeichnen würde, dann schon eher wie in vergangenen Toro-Rosso-Zeiten "German Seb". Viel mehr haben ihn die deutschen Boulevard-Blätter so getauft, unter anderem wegen der vielen Erfolge in seinen noch jungen Jahren, aber auch weil sie sich nach der Schumacher-Ära nach einem neuen Helden sehnten. Vettel hat sich zwar mit seinem Spitznamen arrangiert, - "Tja, was soll ich dazu sagen. Am Ende schreibt eh jeder das, was er will" - allerdings würde er sich Baby-Schumi wohl nie auf den linken Unterarm tätowieren lassen.

Kimi Räikkönen taufte seine Motorräder auf die Namen Iceman I & II, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen taufte seine Motorräder auf die Namen Iceman I & II, Foto: Sutton

Anders sein Kumpel Kimi Räikkönen. Seit 2008 prangt ein großflächiges Tattoo mit dem Schriftzug "Iceman" an dessen linken Unterarm. Ursprünglich taufte Ron Dennis den jungen Finnen nach seinen ersten Rennen für McLaren Mercedes "Ice-Kid". Doch aus dem Kind wurde schnell ein Mann und 2003 ließ Dennis "Iceman" auf Räikkönens Helm pinseln - diesen Namen tragen auch Kimis "Hardcore-Bikes". Doch Räikkönen ist nicht der einzige F1-Pilot, dessen Spitzname auf dem Helm zu finden ist.

Anleihen aus dem Tierreich

Von Timo Glocks Helm blitzt seitlich ein Kampfdackel. Die Entstehung ist schnell erklärt: verbissen wie ein Hund, kämpft sich der Deutsche durch die harte F1-Welt. Mit einer Körpergröße von 1,69 Metern ist auch klar, warum es der Kampfdackel und nicht der Kampfrüde wurde. Auffällig oft mussten in der Vergangenheit bei Spitznamen von F1-Piloten Tiere herhalten: Danny Hulme nannte man "den Bär", Nigel Mansell war "der Löwe", Vitorio Brambilla wurde "der Gorilla" gerufen und Rubens Barrichello wurde nicht nur einmal in den brasilianischen Medien als "die Schildkröte" bezeichnet.

Niki Lauda bekam als Spitznamen "die Ratte" verpasst, wobei er es schaffte, während seiner Karriere von "the Rat" zur "Super Rat" und schließlich zur "King Rat" aufzusteigen. "Ich verbinde mit der Ratte hohe Intelligenz und einen sprichwörtlichen Überlebensinstinkt ", hatte Lauda gegen seinen tierischen Spitznamen nichts einzuwenden. Bei Ayrton Senna schien man am Ende mit Vergleichen aus der Tierwelt angelangt zu sein. Nur ein Wort schien ihn zu beschreiben: magic.

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