Die Ideen, mit denen die Technical Working Group die Formel 1 überrascht, werden immer wilder. Da will man den beweglichen Frontflügel wieder verbannen, "weil er nichts bringt", und dafür hat man etwas ganz Neues ausgeheckt: Einen verstellbaren Heckflügel, den jeder Fahrer flacher stellen kann - und zwar nur dann, wenn er in entsprechend geringem Abstand hinter dem Vordermann herfährt und einen Überholversuch starten will. Wie oft, zu welchen Zeiten, bei welchen Abständen, ab wann nach dem Start - darüber ist man sich nicht einig, das muss alles noch geklärt werden.

Wobei man sich in diesem Fall, zumindest als Verfechter einer echten, klassischen und auch so weit wie möglich halbwegs fairen Formel 1 eigentlich wünscht, dass entweder keine Einigung zustande komme - oder einer noch "Stopp" sagt. Denn erstens fragt man sich schon: Wenn es die FIA nicht einmal schafft, die Anzeige der blauen Flaggen per Lichtsignal richtig in die Cockpits zu bringen, wie etwa Adrian Sutil in Kanada monierte, wie will man dann diese Aufgabe bewältigen?

Knöpfe drücken

Es werden munter Knöpfe gedrückt, Foto: Sutton
Es werden munter Knöpfe gedrückt, Foto: Sutton

Also jene, jeweils im richtigen Moment, wenn der Abstand vom Hinter- auf den Vordermann unter eine bestimmt Grenze fällt, das Signal zur Erlaubnis für die Betätigung des Flügelknopfes zu geben - alle GPS-Messungen hin oder her. Die Streitereien, die das im Nachhinein auslösen wird, wenn nach dem Rennen jeder zweite Fahrer behauptet, keine oder falsche Signale bekommen zu haben, kann sich jeder, der die Formel 1 nur ein bisschen kennt, bestens vorstellen.

Generell gilt die Frage: Will man eine mit lauter künstlichen Mätzchen spannend gemachte Formel 1 der Knöpfedrücker oder eine der Rennfahrer, die auf der Strecke ohne große zusätzliche Hilfsmittel unter möglichst gleichen Bedingungen ihre Kämpfe ausfechten sollen? "Künstlich erleichterte Überholmanöver, die dann vielleicht sogar zu leicht sind, wenn einer gleich zehn oder mehr km/h Überschuss auf der Geraden hat, das kann doch auch nicht der Sinn der Sache sein", meint Robert Kubica - und er steht mit dieser Ansicht unter den Piloten nicht alleine da.

KERS-Comeback

Die einen drücken Flügelknöpfe, die anderen KERS-Knöpfe - denn dieses Wunderwerk der Technik wird 2011 wohl nicht zu vermeiden sein, obwohl viele Teams, vor allem die kleineren, aus Kostengründen massiv dagegen sind. Viele, aber eben nicht alle - und es müssten alle sein, um das vom Reglement für 2011 wieder erlaubte und vorgesehene System endgültig zu verbannen. Aber diese Einstimmigkeit wird man nicht erreichen.

Die Spannung soll wieder steigen, Foto: Ferrari Press Office
Die Spannung soll wieder steigen, Foto: Ferrari Press Office

Zumindest scheint ein kleiner Fortschritt geschafft mit der Idee, wenigstens ein Kostenlimit für KERS einzuführen, mehr als eine Million dürfe das System, wenn ein Team es kauft, pro Saison nicht kosten - wer ein eigenes entwickelt, darf noch fünf Millionen zusätzlich ausgeben.

Den tatsächlichen Umwelteffekt von KERS kann man sowieso bezweifeln, wenn man die ganze Problematik der Batterien und ihrer kurzen Haltbarkeit bedenkt, aber als grünes Mäntelchen hat man sich es nun mal für die Formel 1 auserkoren - auch wenn gerade die Hersteller, die es damals am meisten propagierten, inzwischen nicht mehr dabei sind.

Zugegeben - für die Show war es 2009 manchmal ganz nett, wenn durch KERS ein paar mehr Überholmanöver als sonst zustande kamen. Aber ob es zur Verständlichkeit für die Fans beiträgt, wenn wieder ewig erklärt werden muss, wer mit KERS fährt und wer ohne, und ob man es in einer Zeit, in der das Kostensparen eigentlich oberstes Gebot ist, unbedingt braucht, sei einmal dahin gestellt. Die Abwegigkeit der Heckflügel-Idee schlägt es freilich nicht. Adrian Sutil fasste es kurz und knapp zusammen: "Lächerlich."

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