Regungslos steht Ralf Schumacher in der Ecke der Mercedes-Hospitality. Sein strenger Blick erfasst einen TV-Bildschirm. Darauf steht in großen Buchstaben: "The Comeback." Aus den Lautsprechern dröhnt: "On the road again." Dann fährt ein gelbes Postauto ins Bild. Mercedes heißt den neuen Star der DTM willkommen: David Coulthard.

Für Ralf bleibt nur ein Stehplatz in der hintersten Reihe - genauso wie wenige Stunden zuvor im Qualifying. Aus im Q1, Startplatz 16 - genau einen Platz vor seinem ehemaligen Formel-1-Kollegen Coulthard. Schumacher findet beides nicht lustig. Vor gut zwei Jahren war er der gefeierte neue Star der DTM, jetzt, zu Beginn seines dritten DTM-Jahres, dem zweiten in einer aktuellen C-Klasse, muss er nicht nur endlich bessere Ergebnisse vorweisen, sondern wird er auch von DC in die zweite Reihe verdrängt - leider nur eben nicht in der Startaufstellung.

"Nein, ich freue mir gerade kein Loch in den Bauch und ja, ich bin genervt", gesteht Schumacher nach dem blamablen Qualifying-Aus in Hockenheim. Ein bisschen von seinem Witz hat den Tiefschlag aber überstanden. "Es kann ja jetzt nur noch nach vorne gehen", scherzt er. Immerhin: Im Rennen kämpft er sich auf Platz 9 nach vorne. Ansonsten erinnert er aber mehr an alte Toyota-F1-Zeiten als an den erfrischend lockeren Ralf Schumacher der DTM-Anfangszeit.

Er spielt bei der Presserunde mit seinem iPhone, wirbelt seine Mercedes-Kappe in den Händen herum. Bereits im letzten Jahr untersuchte er schon mal die Beschaffenheit der Tischplatte und fragte, aus welchem Material diese wohl bestehe, wenn ihm die Fragen in der Runde zu langweilig wurden. "Ich glaube, durch den Einstieg von David verändert sich nichts für mich, außer vielleicht weniger Arbeit", meint er. Ein langfristiges Saisonziel mag er in dieser Stimmung nicht so recht ausgeben. Stattdessen sagt er: "Wenn es so weitergeht, muss ich nur kurzfristig denken."

Ganz anders Coulthard. Ihn lassen schlechte Ergebnisse, Reifenprobleme und öffentliche Erwartungen noch kalt. Ihm fehlte der Adrenalinkick. Ihm macht es Spaß, wieder Zweikämpfe zu bestreiten und Rennen zu fahren. Noch kann er es sich leisten, nur mit einem charmanten Lächeln und lockeren Sprüchen zu glänzen. Davon hat er einige auf Lager, auch ehrliche wie: "Hoffentlich werde ich bald besser." Eine Kappe oder ein iPhone braucht er nicht. Stattdessen fragt er: "Ich möchte nicht langweilig sein. Darf ich die Sonnenbrille aufbehalten?"

Selten geben Rennfahrer schon bevor das Rennwochenende richtig begonnen hat von alleine zu, dass ihre Starts grausam schlecht seien. Coulthard scheut sich nicht davor, die Presserunde mit eigenen Themen zu erweitern, wenn noch keiner nach seinem Startproblem gefragt hat. Vor seinem ersten DTM-Start sei er nervös gewesen, weil er nicht gewusst habe, was ihn erwartete. "Ihr habt mehr DTM-Erfahrung als ich", sagt er zur Journalistenrunde.

"Natürlich stünde ich gerne auf der Pole und wäre der große Held, aber das war nie möglich." Eine Begründung für Platz 16 im Qualifying hat er auch: "Ich habe Benzin und Reifen gespart." Andere Tricks lernte er von Bernd Schneider, etwa ob man mit mehr oder weniger Druck auf die Bremse steigen muss. "Im Rollout wäre ich beinahe abgeflogen, weil das Team den Flügel runtergenommen hatte und ich vorher noch nie ohne gefahren bin." Das merkte er sich gleich fürs nächste Mal.

"David ist bei Mücke sehr gut aufgehoben", sagt Ralf Schumacher, der sein DTM-Lehrjahr ebenfalls bei der Truppe von Peter Mücke absolvierte. Schumacher gab dem Schotten aber keine Ratschläge. "Von mir hat er sich keine Tipps geholt", verrät er. Vielleicht ist das auch gar nicht nötig.

Einige Stimmen im Fahrerlager besagen, dass Coulthard selbst in der 08er C-Klasse nach einigen Rennen vor Schumacher im 09er Auto landen werde - wenn der dreizehnfache GP-Sieger nicht wie in Hockenheim abgelenkt wird: "Ich war neben dem Playboy-Boliden und musste an Hugh Heffner und die Mädels denken, dann kam aber schon die Kurve..."

Lesen Sie in der Mai-Ausgabe des Motorsport-Magazins einen Überblick über die Formel-1-Umsteiger in der DTM - von Jean Alesi über Mika Häkkinen und Heinz-Harald Frentzen bis zu Ralf Schumacher. Einfach hatte es keiner von ihnen. Das Motorsport-Magazin ist im Handel erhältlich oder am besten gleich online abonnieren: