Wie lautet deine bisherige Saisonbilanz?
Gary Paffett: Wir haben eine recht gute Saison mit einigen guten Ergebnissen erlebt. Die Resultate waren natürlich nicht so gut wie im vergangenen Jahr, aber momentan sind wir die Erfolgreichsten im 2007er-Lager. Mit Platz fünf auf dem Norisring und Platz vier auf dem Nürburgring haben wir zwei Highlights erlebt. Dort, wo wir Punkte sammeln konnten, waren wir auch auf den entsprechenden Positionen platziert. Dennoch ist es momentan schwierig, mit den aktuellen Fahrzeugen Schritt zu halten. Manchmal lässt man sich dadurch eventuell zu sehr unter Druck setzen und macht vielleicht den einen oder anderen Fehler bei der Wahl des Setups. Unser realistisches Ziel war und ist, bei den Jahreswagen den Ton anzugeben.

Wäre es für dich eine sinnvolle Option, ein weiteres Jahr einen Jahreswagen zu pilotieren?
Gary Paffett: Natürlich kann das nicht mein Ziel sein. Ich habe 2005 die Meisterschaft in der DTM errungen und damit bewiesen, was ich kann. Auf die Dauer ist es mir nicht genug, nur in die Punkteränge zu gelangen, wenn alles gut gelaufen ist. Mein Ziel ist es, Rennen zu gewinnen und um die Meisterschaft zu kämpfen und das geht nur in einem aktuellen Auto.

Wie beurteilst du die neuen Regeln mit Blick auf die Spannung der Rennen?
Gary Paffett: Es ist nach wie vor zu schwierig, mit den DTM-Autos zu überholen. Das Boxenstoppfenster hat die Rennen verändert, aber nicht wesentlich. Es wird seit Jahren beklagt, dass es zu viele langweilige Rennen gibt, in denen nicht überholt wird. Um die Rennen aber generell noch spannender zu machen, müsste man die Aeordynamik der Autos verändern. Man kann nach wie vor nicht nah genug an den Vordermann heranfahren. Dieses Problem verschärft sich mit der immer feiner werdenden Aerodynamik. Man braucht einen zu großen Speedvorteil, um den Gegner zu überholen. So sind nach wie vor die Boxenstopps die beste Chance, sich nach vorne zu arbeiten.

Wie siehst du als "Betroffener" die neue Blaue-Flagge-Regelung?
Gary Paffett: Diese Regel halte ich für sehr sinnvoll. Es darf nicht sein, dass man von Autos aufgehalten wird, die ihren Boxenstopp noch nicht absolviert haben. Die Regel hat sich bewährt.

Ist es nicht paradox, ein Auto vorbeizulassen, das in derselben Runde und schlichtweg in der schlechteren Position ist?
Gary Paffett: Letztlich verliert man auch selbst nur Zeit, wenn man vor einem Auto bleiben will, das boxenstoppbereinigt nicht der Gegner ist. Insofern sehe ich eine solche Situation ähnlich wie die Überrundungen. Im letzten Jahr hat es einfach zu viele Probleme bereitet, dass es während der Boxenstoppphase zu Blockaden gekommen ist.

Gary Paffett sieht seine Formel-1-Chancen realistisch, Foto: Sutton
Gary Paffett sieht seine Formel-1-Chancen realistisch, Foto: Sutton

Das aktuelle Formel-1-Reglement hat die Häufigkeit der Testarbeit eingeschränkt. Was heißt das für dich als McLaren-Mercedes-Testfahrer?
Gary Paffett: Es ist immer ein gutes Gefühl, wieder im Formel-1-Fahrzeug zu sitzen. Wegen der reglementarischen Testbeschränkung komme ich aber in der Tat nicht mehr dazu, so viel zu fahren. In einem Auto zu sitzen, das in der Königsklasse des Motorsports um die Weltmeisterschaft kämpft, ist einfach etwas Besonderes. In der Formel 1 stellt sich mir eine ganz andere Herausforderung als in der DTM: Hier muss ich vor allem Rennen fahren und das Auto daraufhin abstimmen, in der Formel 1 stehe ich nicht im Wettbewerb und bin stattdessen sehr intensiv in die technische Entwicklung eingebunden.

Nun darf nur noch mit einem Auto getestet werden; es gibt aber bei McLaren Mercedes unverändert zwei Testfahrer.
Gary Paffett: 2006 haben wir noch viel mehr getestet. Wir hatten bei jedem Test zwei Autos zur Verfügung und konnten eine noch intensivere Testarbeit betreiben. Für unser Team wäre momentan für einen Testfahrer zu viel zu tun, für zwei aber möglicherweise zu wenig. Bei den aktuellen Tests mit einem Auto sammelt sich für den Fahrer und das entsprechende Testteam sehr viel Arbeit an. Alles muss perfekt vorbereitet sein, denn die Testzeit ist enorm kostbar.

Hast du noch immer den Traum, in der Formel 1 zu starten?
Gary Paffett: Natürlich, denn die Formel 1 wäre nach wie vor die Serie, in der ich am liebsten Rennen führe. Momentan sehe ich allerdings keine Möglichkeit dafür. In der DTM zu starten macht mir aber genauso großen Spaß und darauf konzentriert sich meine Rennarbeit.

Den Traum, eine Familie zu gründen, hast du dir bereits verwirklicht.
Gary Paffett: Ja, vor sechs Wochen haben wir unser drittes Kind bekommen, es ist wieder ein Junge. Bei uns scheinen für die Zukunft einige neue Rennfahrer heranzuwachsen (lacht). Es ist toll, eine Familie zu haben.

Wie viel bedeutet dir generell deine Familie?
Gary Paffett: Meine Familie bedeutet mir alles. Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, alleine zu leben. Es ist sehr wichtig für mich, eine eigene Familie gegründet zu haben, denn sie ist mittlerweile der wichtigste Teil meines Lebens geworden.

Auch unter den übrigen britischen Mercedes-Piloten scheinst du dich sehr wohl zu fühlen.
Gary Paffett: Auch diese "Familie" mag ich sehr. Susie, Jamie, Paul und ich kommen perfekt miteinander zurecht. Wir haben einen sehr familiären Umgang miteinander entwickelt. Aber auch mit meinen anderen Teamkollegen gibt es keine Probleme, wir sind bei Mercedes-Benz wie eine kleine Familie.

Inwieweit ist die Atmosphäre in der DTM familiärer als in der Formel 1?
Gary Paffett: Die Unterschiede sind beträchtlich, zumal wir uns in der DTM mit neun Fahrern dieselbe Hospitality teilen. In der Formel 1 sähe man nie neun Fahrer an einem Tisch zusammensitzen. Hier herrscht generell eine sehr viel entspanntere Atmosphäre unter den Fahrern.