In ihren künsten Träumen dürften sich die Verantwortlichen des EuroSpeedways ein positives Feedback für die neue Boxeneinfahrt gewünscht haben. Doch nach der Kritik an den Umbauten der ersten Kurven in Klettwitz und Oschersleben sowie dem schikanierten letzten Streckenabschnitt stößt auch die neueste Errungenschaft der Streckenarchitekten auf scharfe Kritik aus dem Fahrerlager. Im vergangenen Jahr hatte es die ungewöhnlich lange Boxeneinfahrt noch ermöglicht, über den Umweg der Boxengasse schnellere Zeiten zu fahren als auf der eigentlichen Strecke. Damals wurde das Lausitzer Safety-Car-Chaos provoziert, das um die Motorsporwelt ging. Die neue Boxeneinfahrt hingegen könnte Unfälle provozieren.

Mit 230 ins Nadelöhl

Dass die darauf folgenden Safety-Car-Phasen nun vermutlich nach Plan abliefen, ist für die Piloten nur ein schwacher Trost. Sie kritisieren die Platzierung der Boxeneinfahrt, die sich nun statt vor der drittletzten Kurve eingangs der Start- und Ziel-Geraden befindet. "Man kommt mit 230 km/h an, man fährt im Trockenen voll, aber am Limit, denn man spürt ein Untersteuern. Wer in dieser Kurve einen Fehler macht, hängt sofort in der Mauer", befürchtet Mathias Lauda im Gespräch mit motorsport-magazin.com, "zu Auffahrunfällen könnte es kommen, wenn ein anderer im Windschatten hinter dem abbiegenden Vordermann herfährt."

Nachdem Bruno Spengler die neue Boxeneinfahrt bei der ersten Besichtigung am gestrigen Donnerstag noch als unproblematisch eingestuft hatte, sieht nun auch der Kanadier die Gefahren. "Die neue Einfahrt ist schon ein bisschen gefährlich", bemerkte Spengler, der das Gefahrenpotenzial jedoch vor allem unter feuchten Bedingungen sieht: "Im Trockenen ist sie okay, denn dann kann man sie mit Vollgas anfahren und wie gewohnt vor der weißen Linie abbremsen. Im Regen muss man die Kurve langsamer fahren - bei einem Fehler schlägt man sofort in die Mauer gegenüber ein."

Akute Rutschgefahr

Ebenso wie Paul di Resta, der die Boxeneinfahrt als "nicht sicher" einstuft, hat auch Audi-Pilot Markus Winkelhock Bedenken: "Im Nassen ist der Knick hin zur Boxengasse extrem. Man muss zwischen zwei weißen Linien bleiben und auf jeden Fall vom Gas gehen. Dennoch fährt man zunächst eine ähnliche Linie wie jemand, der nicht in die Box will. Geht nun der Vordermann vom Gas, ist das nicht ungefährlich." Doch nicht nur die Kollision mit gegnerischen Fahrzeugen könnte zur Gefahr werden. Auch die Berührung der weißen Linien an der Boxeneinfahrt, die in ihrem noch frischen Zustand das Asphaltprofil komplett überlagern, wird als problematisch eingeschätzt.

"'Ein bisschen' gefährlich ist eine Untertreibung; im Nassen ist die Boxeneinfahrt lebensgefährlich. Einfach verrückt. Zumal auch die weißen Linien am Boxeneingang eisglatt werden können", findet Ex-DTM-Champion Gary Paffett drastische Worte. Ralf Schumacher appelliert an die Rennleitung, genaue Verhaltensregeln aufzustellen: "Im Regen tendiert man dazu, außen lang zu fahren, dann könnte es passieren, dass einige Fahrer in der schnellen Kurve quer hinüberschneiden. Ich hoffe, dass die Rennleitung dementsprechend Schritte einleiten wird und es vielleicht auch ändert."

Zwar kündigen die Piloten an, sich mit der neuen Gefahrenstelle an diesem Wochenende bestmöglich zu arrangieren. Für die Zukunft mahnen sie jedoch dringende Änderungen an. "Man sollte eine sicherere Lösung wählen, indem man zum Beispiel in der alten Boxenfahrt früher ein Speedlimit vorschreibt", schlägt Mathias Lauda vor. Ob sein Vergleich mit amerikanischen Verhältnissen seine verärgerten Kollegen beruhigt? "In den USA fährt die NASCAR auf ihren Rundkursen ähnliche Boxeneinfahrten..."