"Um eines erst mal klar zu stellen: Egal ob Rallyefahrzeug, Tourenwagen oder Formelfahrzeug - eine seitliche Aufprallkonstellation im 90-Grad-Winkel zur Fahrzeuglängsachse ist immer der schlimmste Fall", erklärt Dipl.-Ing. Karl-Heinz Stegner vom DMSB. Er ist der Technische Delegierte der DTM sowie der Formel 3 Euroserie und Vorsitzender der DTM Technik-Kommission. Die Seiten der Fahrzeuge bieten einfach zu wenig verformbares Material, um genügend Energie abzubauen und damit den Fahrer zu schützen. Vorne und hinten helfen neben den Crashboxen auch der Motor und die Getriebeeinheit den Fahrer zu sichern. Die Crashboxen sind bei allen Fahrzeugen, egal ob Audi oder Mercedes, vorgeschrieben und sehen ähnlich aus. Während sich die hintere rechteckige Box im "Kofferraum" befindet, reicht die vordere keilförmig von der Vorderachse bis zur Fahrzeugfront. Tom Kristensen hatte bei seinem Unfall das Glück, dass sein Audi A4 DTM nicht auf Fahrerhöhe und nicht in einem 90-Grad-Winkel getroffen wurde, sondern im Vorderachsbereich. Damit konnte das Sicherheitspaket voll wirken.

Auch die Kopfstützen sind lebenswichtig., Foto: Audi
Auch die Kopfstützen sind lebenswichtig., Foto: Audi

Um dem Fahrer die größtmögliche Sicherheit, auch bei einem seitlichen Aufprall, zu bieten, ist er in eine Kohlefaser-Sitzkiste förmlich eingebettet. Die Kiste ist hinsichtlich der Bauart einem Formel-1-Monocoque sehr ähnlich und zieht sich durch den gesamten Innenraum. Natürlich muss sie hohe Belastungen aushalten. Dabei ist die äußere Seite zusätzlich verstärkt, um bei einem Einschlag auf Fahrerhöhe noch mehr Sicherheit zu bieten. Auch dem Kopf wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Im Gegensatz zum normalen Pkw verfügt die Kopfstütze eines DTM-Boliden auch über seitliche energieverzehrende Polster. Diese sehen bei Mercedes und Audi unterschiedlich aus, müssen aber die gleiche Funktion erfüllen. Sie sollen ein zu starkes Pendeln des Kopfes zu den Seiten verhindern. Karl-Heinz Stegner fügt hinzu: "Die Stützen sind wie in der Formel 1 mit einem speziellen Schaum überzogen, der beim Anschlag des Helms Energie abbauen und damit auch das Gehirn schützen soll."

Auch der Tank, der neben dem Fahrer untergebracht ist, ist wie die Sitzkiste in die Käfigstruktur der Fahrgastzelle eingebunden. Unter der Kohlefaseraußenhaut der Tankkiste befindet sich eine reißfeste, verformbare Gummiblase, die den Tank bildet. Neben der Sitzkiste soll ein Gitterrohrkäfig aus hochfestem Flugzeugstahl den Fahrer bei Unfällen und Überschlägen schützen. Paradebeispiel war der Unfall von Peter Dumbreck in Zandvoort 2004, als er sich mehrfach überschlug. Zwar warf das Auto spektakulär alle Karosserieteile von sich, doch der Käfig blieb intakt und der Fahrer unverletzt. Allerdings helfen diese Verkleidungsteile kaum dabei, Energie bei Unfällen abzubauen. Die Außenhaut ist nur locker am Käfig angebracht und fliegt bei einem Crash deswegen auch leicht weg. Einzig das Dach und die Rahmen um die Fenster sind stark genug, um Energie aufzunehmen.

Das HANS-System schützt Nacken und Kopf., Foto: Sutton
Das HANS-System schützt Nacken und Kopf., Foto: Sutton

Ein wichtiger Bestandteil des Sicherheitspakets ist auch das HANS-System (Head and Neck Support). Das System verhindert bei einem Frontalaufprall, dass der Kopf des Fahrers zu weit nach vorne geschleudert, das heißt zu weit vorverlagert wird und dadurch Verletzungen an der Halswirbelsäule und am Kopf entstehen. So hat HANS auch Alexandre Prémat vor schwerer wiegenden Verletzungen bewahrt. Im Fall von Tom Kristensen sah die Sache anders aus. Sein Kopf wurde zur Seite geschleudert bzw. gedreht. "In diesen Fällen hilft das HANS-System leider nur sehr wenig", räumt Stegner ein. Allerdings kommt jetzt die Kopfstütze mit ihrer energieaufnehmenden Polsterung zum Einsatz.

Im Vorfeld müssen diese sicherheitsrelevanten Teile des DTM-Boliden einiges aushalten. Die Crashboxen werden statisch und dynamisch geprüft. Bei der dynamischen Prüfung schlagen sie mit 13 m/s auf ein Hindernis auf und vernichten damit kontrolliert die Aufprallenergie. Die Sitzkiste muss 30 Sekunden lang eine Last von 80 kN, das entspricht acht Tonnen, aushalten. Bei der Kopfstütze beträgt der Wert 1500 kN.

Die DTM ist durch dieses umfassende Sicherheitskonzept die sicherste Tourenwagenserie der Welt. Doch trotz der hohen Sicherheit schreitet die Entwicklung immer weiter voran. So ist für 2009 ein neues Sicherheitskonzept für die DTM geplant. "Bei der FIA ist man in der letzten Zeit zu neuen Erkenntnissen hinsichtlich seitlicher Aufprallkonstellationen, durch dynamische Tests besonders bezüglich der Sitzkiste und des Kopfschutzes gekommen", erzählt Karl-Heinz Stegner. "Die Crashstrukturen vorne und hinten haben bereits einen optimalen Standard. Deshalb stützen wir uns nun mehr auf die Optimierung der seitlichen Geometrie mit entsprechenden Crashstrukturen."