Seit zwölf Jahren bei Audi, in dieser Zeit unter anderem viermal Sieger der 24 Stunden von LeMans, zweimal Gewinner der ALMS, ein Gastspiel in der DTM - der Italiener Emanuele Pirro ist schon "Urgestein" im Kreis der Audi-Werkspiloten. Nicht nur erfolgreich, sondern auch einer der ganz großen Sympathieträger, der mit seinem Witz und Charme, aber auch seinen breit gefächerten Interessen außerhalb des Motorsports heraus sticht. Der ehemalige Formel-1-Pilot, der auch in diesem Jahr natürlich vor allem in Le Mans wieder ganz oben auf dem Treppchen stehen möchte, bedauert es auch heute noch, dass er ausgerechnet in der DTM den deutschen Fans nie das zeigen konnte, wozu er eigentlich in der Lage ist.

"Mein DTM-Jahr 2004 ist bis heute ein gewisser schwarzer Fleck in meiner Karriere. Ich war damals unglaublich enttäuscht, dass ich nicht mehr erreicht habe - auch wenn man ja im Nachhinein sagen muss, dass der 11. Platz und die paar Punkte damals vielleicht gar nicht so schlecht waren. Aber ich hatte eben von mir selbst viel mehr erwartet." Deshalb die massive Enttäuschung - so, dass er es eigentlich unbedingt 2005 noch einmal in der DTM versuchen wollte, um die Scharte auszuwetzen. "Weil ich ja irgendwann schon anfing, an mir selbst zu zweifeln. So war ich im ersten Moment überhaupt nicht begeistert, als Audi entschied, dass ich doch zu den Sportwagen zurückgehen sollte. Aber im Nachhinein muss ich sagen, dass ich Dr. Ullrich dafür sehr dankbar bin. Denn kaum war ich zurück, war ich wieder ein ganz anderer, da hat wieder alles gepasst..."

Was Pirro bis heute nicht ganz nachvollziehen kann: "Die DTM scheint irgendwie eine ganz merkwürdige Sache zu sein. Das war das bisher einzige Auto in meiner ganzen Karriere, bei dem ich oft nicht wusste, warum ich schnell oder langsam war. Da hat man was verändert - und irgendwie keine echte Reaktion bekommen. Das ist im Sportwagen ganz anders. Da verstellst Du was am Auto und spürst sofort den Unterschied, vom Gefühl her und von der Zeit."

Pirro und Kristensen - nur einer hatte in der DTM Erfolg., Foto: Audi
Pirro und Kristensen - nur einer hatte in der DTM Erfolg., Foto: Audi

Und dann sei da immer noch der Faktor, dass meistens von Autos, die eigentlich identisch sein sollten, immer nur ein oder zwei richtig gingen, "ohne dass ich auch nur im Entferntesten glaube, dass da Absicht dahinter steckte. Es war ja allen selbst ein Rätsel." Wenn er im Rückblick analysiert, dann sieht er vor allem eines: "Vielleicht waren wir damals alle gemeinsam zu unerfahren, ich, das Team, die Ingenieure, die Mechaniker, um das alles wirklich in den Griff zu bekommen. Es war ja für uns alle praktisch alles neu."

Mit 45, nach über 30 Jahren im Motorsport, wäre Pirro jetzt auch qualifiziert, in der GP-Masters-Serie zu starten und noch einmal Erinnerungen an seine Formel-1-Zeit aufkommen zu lassen. Aber das will er nicht: "Ich glaube nicht, dass diese Serie für Fahrer wie mich gedacht sein sollte, die ja noch voll aktiv sind. Das ist doch irgendwie unfair." Zu tun hat er auch so genug: Neben seiner Rennkarriere betreibt er eine Software-Firma, Hotels, eine Marketing- und Eventagentur. Und immer wieder rufen ihn zwar junge Piloten auf der Suche nach Hilfe in ihrer Karriere an. Aber in dieses Geschäft, in den Bereich Management, will er nicht wirklich einsteigen.

Vielleicht auch deshalb, weil ihm einige Entwicklungen im aktuellen Motorsport sowieso nicht besonders gefallen. "Es ist für junge Piloten unheimlich schwierige geworden. Gerade bei uns in Italien liegt in der Nachwuchsförderung vieles im Argen. Es gibt kaum noch Nachwuchsserien, der Verband tut sehr wenig, überall fehlt das Geld." Da mache sich natürlich auch das Tabakwerbeverbot bemerkbar, das das Ende einiger großer Förderprogramme bedeutet habe, "und sich im unteren Bereich viel mehr ausgewirkt hat als ganz oben, etwa in der Formel 1."

Aber auch dort, ganz oben, vermisst er heute vieles - vor allem die Persönlichkeiten: "Der letzte Formel-1-Fahrer, der wirklich seinen Mund aufgemacht und gesagt hat, was Sache ist, war doch Jacques Villeneuve." Pirro verfolgt die Formel 1 deshalb auch gar nicht mehr so konzentriert - weil er es ohne die entsprechenden Typen, die man auch sie selbst sein lässt, einfach weniger interessant findet. "Und ich denke, dass es da vielen Fans ähnlich geht - überall im Spitzenmotorsport." Er selbst, immer ein großer Bewunderer von Ayrton Senna, "auf und neben der Strecke", hat sich jedenfalls nie verbiegen lassen, ist er selbst geblieben. Und damit bis jetzt auch sehr gut gefahren.