Während Aussteiger à la Stefan Mücke, Pierre Kaffer und Frank Stippler nach dem Ende ihrer DTM-Karriere zu einem motorsportlichen Neuanfang mehr oder minder gezwungen sind, stehen Jean Alesi und Heinz-Harald Frentzen nach ihrem DTM-Ausstieg alle Wege offen: Die Denkmalpflege in renommierten Rennserien bietet sich ebenso an wie der Einstieg in die Rennfahrerrente - Alter und finanzielle Ausstattung lassen sie nicht unangebracht erscheinen. Dass die beiden Charakterköpfe Alesi und Frentzen gänzlich unterschiedliche Wege beschreiten, überrascht kaum...

Der Privatier

Noch zu Formel-1-Zeiten wäre eine Auszeit als Reaktion auf das unschöne Ende eines Arbeitsverhältnisses für Heinz-Harald Frentzen undenkbar gewesen. Nach seiner unerwarteten und heftig umstrittenen Entlassung bei Jordan-Honda im Sommer 2001, wo er noch 1999 mit zwei Grand-Prix-Siegen und WM-Rang drei für das Highlight der Teamhistorie gesorgt hatte, hielt es den Mönchengladbacher nicht lange auf der Couch seines monegassischen Wohnzimmers: Noch in derselben Saison versuchte Frentzen für einige Rennen beim Hinterbänklerteam Prost sein Glück.

Heinz-Harald Frentzen lässt die vier Ringe hinter sich, Foto: DTM
Heinz-Harald Frentzen lässt die vier Ringe hinter sich, Foto: DTM

Dass seinem neuem Team angesichts der Insolvenz während der Winterpause weniger Glück beschieden war, hielt ihn nicht von einem weiteren Comeback-Versuch ab: 2002 wollte Frentzen dem ebenfalls wenig konkurrenzfähigen Arrows-Team zum Ruhm verhelfen - und sah noch während der Saison den Pleitegeier Besitz von der britischen Rennmannschaft ergreifen. Am Ende kehrte Heinz-Harald Frentzen zu den Wurzeln seiner Formel-1-Karriere zurück: Im Team Sauber ließ der Vizeweltmeister von 1997 seine F1-Jahre ausklingen.

Die Rückkehr zu den Wurzeln seiner DTM-Karriere steht Frentzen dagegen bestenfalls im Opel-Werksmuseum offen - und ohnehin dürfte der 38-Jährige von der DTM-Welt genug haben: Das vergebliche Warten auf Erfolge sowie die unrühmliche Trennung von den Herren der Ringe verführen Heinz-Harald Frentzen erstmals zum Privatiersdasein in Monaco, dem finanziell schon seit langem nichts mehr im Wege steht. Um die ChampCar-Träume des Rheinländers ist es ruhig geworden, die Cockpits hochklassiger Rennserien sind längst vergeben.

Heinz-Harald Frentzen kehrt dem Motorsport während der kommenden Monate den Rücken. Wie sein Rivale aus Jugend- und F1-Zeiten Michael Schumacher dürfte es auch Frentzen genießen, in das Familienleben mit Gattin Tanja sowie seinen drei Töchtern einzutauchen. Von einem Rücktritt ist dennoch nicht die Rede: Zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass den Familienvater in nicht allzu ferner Zukunft das Rennsportfieber erneut befällt. Ob ein Wiedereinstieg 2008 - mit fast 40 Jahren, fehlender Rennpraxis und in einer unbekannten Serie - Erfolg versprechend wäre, steht auf einem anderem Blatt...

Der Asiate

Es scheint ein Kontrast, der größer kaum sein könnte: Der emotionale wie impulsive Südfranzose sizilianischer Abstammung Jean Alesi und der typische Asiate, in sich ruhend und eine Aura der Ausgeglichenheit verströmend. Der Gegenpol zum eigenen Ich zieht Alesi seit jeher an: Im Vorfeld japanischer F1-Grand-Prix ließ sich der kleidungsbewusste Franzose mit Vorliebe beim Bummel durch die Boutiquen-Landschaft von Tokio ablichten, Alesis Gattin Kumiko ist Japanerin.

Jean Alesi träumt von einer neuen Chance in Asien, Foto: Sutton
Jean Alesi träumt von einer neuen Chance in Asien, Foto: Sutton

So überrascht es kaum, dass sich Jean Alesi nach seiner DTM-Karriere nicht allein seiner Tätigkeit als Winzer widmen will: Ab kommendem Herbst tritt der vierfache DTM-Rennsieger in der neu gegründeten "Speedcar Series" an - einer Stock-Car-Serie Boliden, die im Mittleren Osten sowie in Asien beheimatet sein wird. Dass die 24 Boliden mit jeweils 600 PS vollkommen identisch sein werden, beugt schmerzhaften Versetzungen in einen ungeliebten Jahreswagen vor...

"Ich kann es kaum erwarten, mein Debüt in der Speedcar Series zu bestreiten. Ich bin die verschiedensten Typen von Rennautos gefahren - Stock Cars sind die einzige Fahrzeuggattung, die ich noch ausprobieren muss", verkündet Jean Alesi in gewohnt euphorischer Weise auf seiner Homepage, "das ist eine tolle Chance, und ich freue mich sehr, mit einem exzellenten Team zusammenzuarbeiten, die Serie mitaufzubauen und um den Titel zu konkurrieren."

Wurde Alesi bereits bei seinem DTM-Debüt als erster namhafter Ex-Formel-1-Star ein ungeheures Interesse der Öffentlichkeit zuteil, so wird ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit in einer jungen und damit wenig renommierten Serie sicher sein. Für Jean Alesi, der seit den späten 80er-Jahren keine Meisterschaft mehr für sich entschied, eine Wohltat nach einem aus seiner Sicht wenig versöhnlichen letzten DTM-Jahr, das er rückblickend als reine Vertragserfüllung bezeichnete. Zu Beginn der kommenden Woche wird Alesi in den USA erste Testfahrten in seinem neuen Arbeitsgerät bestreiten - kaum später als so mancher DTM-Pilot...