Auf der baden-württembergischen Traditionsstrecke vollführte die DTM ihre ersten Schritte auf der schwankenden Hängebrücke, die mit nur zwei engagierten Herstellern zum rettenden Ufer führen soll - einem neuen Ufer, wo man sich zumindest eine neue, mit einer Bewerbung für die Teilnahme an der DTM-Saison 2007 winkende Marke erhofft...

Zwischen standhaft und wackelig

Nach der mit 138.000 Besuchern überraschend hohen Resonanz auf die DTM-Präsentation in Düsseldorf zeigte sich das Auftaktwochenende in Hockenheim zumindest hinsichtlich der Zuschauerzahlen jedoch eher wackelig: Die Tribünen präsentierten sich sichtlich etwas weniger gut besetzt als im vergangenen Jahr. Mit 104.000 Zuschauern strömten über das Wochenende hinweg 12.000 Fans weniger nach Hockenheim als beim Saisonauftakt 2005. Mit Blick auf die gebotene Show offenbarte die DTM jedoch durchaus ihre Standhaftigkeit. So darf bei allem Respekt vor dem Opel-Engagement der vergangenen Jahre festgestellt werden, dass die Spannung unter dem Fehlen der Rüsselsheimer kaum bis gar nicht litt:

Auch ohne Opel mangelte es nicht an kurzweiliger Unterhaltung, Foto: Audi
Auch ohne Opel mangelte es nicht an kurzweiliger Unterhaltung, Foto: Audi

Zu häufig waren die Hessen seit 2001 in die Statistenrolle gerückt, zu gleichwertig präsentierte sich das Duo aus Audi und Mercedes. "Die neue DTM 2006 ist sogar noch besser als die alte", befand DTM-Experte Klaus Ludwig und begründete: "Das neue Qualifying-Format ist besser, viel spannender, ein richtiger Krimi, das hat sich bewährt, und das Rennen war ja auch toll, die gleichen Darsteller, ein paar wirklich attraktive junge Leute, die wirklich Gas geben."

Wenngleich die Opel-Fans in den vergangenen Jahren die größte Zuschauergruppe stellten, sollte es nicht als unwahrscheinlich gelten, dass sich die Vorbehalte einiger Fans gegenüber dem Duell des Jahres 2006 angesichts seines Debüts in Hockenheim allmählich auflösen - und bald auch wieder mit größeren Erfolgen bei den Zuschauerzahlen zu rechnen ist.

Sich aufhängende Aufhängungen

Zwar durften sich nicht nur die Rennkommissare der Beobachtung erfreuen, dass in den Cockpits weitaus disziplinierter agiert wurde als noch während so manchen Rennens der Saison 2005. Der befürchtete Startcrash blieb aus, die Zweikämpfe bewegten sich in der Regel im sportlich vertretbaren Rahmen, Jahres- und Gebrauchtwagen wurden - auch angesichts ihrer neuen Konkurrenzfähigkeit - nicht als taktische Werkzeuge der Kommandostände missbraucht.

Sorgen bereitete hingegen die Technik: Nachdem die Reifenprobleme des Freitags überwunden waren, nahmen die Radaufhängungen ihre Rolle ein. Erscheinen die gebrochenen Radaufhängungen bei Pierre Kaffer und Stefan Mücke infolge ihrer Berührungen mit der Konkurrenz noch unverdächtig, so ließen die Probleme bei den Radaufhängungen der Audi-Neuwagen aufhorchen: Genügte bei Mattias Ekström bereits ein allzu stürmisch überfahrener Curb, um ihren Bruch sowie das Ende der schwedischen Podesthoffnungen herbeizuführen, so mahnte der Audi-Kommandostand anschließend auch Tom Kristensen zur Vorsicht - womit auch die Siegchancen des Dänen endgültig ad acta gelegt werden mussten.

Ekström machte eine seiner seltenen Begegnungen mit dem Defektteufel, Foto: DTM
Ekström machte eine seiner seltenen Begegnungen mit dem Defektteufel, Foto: DTM

Sollten die Einsparbestrebungen in Form des weit gehend eingefrorenen Reglements die Hersteller zu allzu gewagtem Leichtbau im Bereich der für Weiterentwicklungen freigegebenen Komponenten motiviert haben, so droht ein in Bezug auf die Rennaction ein Eigentor, kommt die ständige Aussicht auf einen Radaufhängungsbruch einem couragierten Zweikampfverhalten doch kaum zu Gute... Fragil präsentierten sich derweil auch andere Audi-Teile: Während Martin Tomczyk im Laufe des Rennens einen der nur mit zwei dünnen Stäben im voluminösen Grill befestigten Audi-Ringe verlor, entledigte sich Tom Kristensens A4 gleich des gesamten Markenemblems...

Hoch hängende Trauben, tief hängende Ampeln

Angesichts prominenter wie reifer Rennfahrer wie Bernd Schneider, Mika Häkkinen, Tom Kristensen und Heinz-Harald Frentzen hängen die Trauben für DTM-Debütanten seit jeher hoch - umso schwerer fällt die Profilierung. Während Mathias Lauda am Start mit einer aus seiner Sicht offenbar zu tief hängenden Ampel, an Stelle derer er nur den über den Startbeginn eher wenig Auskunft gebenden Heckflügel Alesis erblickte, haderte und am gesamten Wochenende solide, keineswegs jedoch brillante Leistungen erbrachte, war es seine Teamkollegin, die alle Erwartungen bei weitem übertraf:

Nachdem Susie Stoddart im Qualifying als Siebzehnte die beste Runde aus dem Quartett der 2004er-Fahrzeuge auf den Asphalt gebrannt hatte, stieß sie nach einem gelungenen Start nach einer Runde bereits auf Rang 14 vor. Begünstigt von so manchem Ausfall, insbesondere jedoch von ihrer fehlerfreien und überzeugenden fahrerischen Leistung verbuchte sie schließlich Rang zehn. Audi-Konkurrentin Vanina Ickx blieb dagegen farblos: Nach einem Unfall im Samstagstraining und einem letzten Startplatz im Qualifying wurde ihr die zweifelhafte Ehre zuteil, als einziges Fahrzeug von Sieger Bernd Schneider überrundet zu werden.

Susie Stoddart - ein deutliches 1:0 im Damenduell, Foto: DTM
Susie Stoddart - ein deutliches 1:0 im Damenduell, Foto: DTM

Während auch der zweite Futurecom-TME-Pilot nach einer soliden Einstandsleistung nur knapp von einer Überrundung verschont blieb, war es Daniel La Rosa im Mücke-Jahreswagen, der neben Stoddart am meisten zu überzeugen wusste und einen hoch verdienten achten Platz erst in der letzten Runde auf Grund einer defekten Benzinzufuhr an Timo Scheider im besten Vorjahres-Audi verlor.

Wirkungsvolle Generationenbrücke

Als Brücke zwischen den Performanceunterschieden der Fahrzeuggenerationen waren das weit gehend eingefrorene Reglement sowie das modifizierte Gewichtsreglement gedacht, als Brücke gingen sie aus dem Saisonauftakt hervor: Lediglich beim durch und durch chaotischen Norisring-Rennen 2005 hatte sich mit Christian Abts Audi A4 ein Jahreswagen in der neuen DTM jemals so konkurrenzfähig präsentiert wie es beim gestrigen Rennen gleich mehrfach zu beobachten war:

Während bei Mercedes-Jahreswagenpilot Stefan Mücke lediglich der markeninterne Fauxpas mit Alexandros Margaritis einen vierten Platz, wenn nicht gar einen Podestplatz verhinderte, stellte das weniger als Mücke Motorsport vom Pech verfolgte Persson-Team mit den Rängen fünf und sechs für Margaritis und Jean Alesi das Potenzial des 2005er-Fahrzeuge unter Beweis. Im Laufe der Saison sollten dies auch die neuen Audi-Jahreswagenmannschaften Rosberg und Phoenix bestätigen können, die zurzeit noch der Gewöhnung an die neue Ehe mit Audi bedürfen.

Die Podestbesetzung spiegelte die Renaissance der Veteranen, Foto: DTM
Die Podestbesetzung spiegelte die Renaissance der Veteranen, Foto: DTM

Eine, wenn auch ohne Fremdeinwirkung entstandene, Brücke tat sich auch zwischen den Fahrergenerationen hervor: Anders als in den vergangenen beiden Jahren, während derer die Routiniers allzu oft leer ausgingen, präsentierten sich Youngsters und Altmeister auf einer Augenhöhe: Während Jamie Green, Bruno Spengler und Bernd Schneider in Qualifying auf einem Niveau fuhren, die beiden ersteren im Rennen jedoch vom Technik- und Reifenpech eingeholt wurden, nutzte Veteran Schneider das Hockenheim-Debüt zur Rehabilitierung nach zwei eher durchwachsenen Jahren:

So konnte am Sieg des 41-Jährigen bereits nach dem ersten Renndrittel kaum mehr ein Zweifel bestehen, was der Spannung allerdings nicht allzu abträglich war. Auch die Streithähne des Samstags, Tom Kristensen und Heinz-Harald Frentzen, ließen sich ihren bescheidenen Startplätzen zum Trotz von Audi-Kollege Mattias Ekström nicht deklassieren und fuhren nach dessen Ausfall gemeinsam auf das Podest. Der Auftakt des lang ersehnten Meisterschaftskampfes zwischen Jung und Alt?