Die Königsallee der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf platzt aus allen Nähten - was nicht daran liegt, dass sich in dem westdeutschen Flächenland mit der beängstigenden Zahl von rund einer Million Arbeitslosen plötzlich die Kundschaft für die zahlreichen Luxusboutiquen, Bankhäuser und Nobelhotels der Kö erheblich erweitert hätte. Vielmehr sind insgesamt 138.000 Motorsportfans nach Düsseldorf geströmt, um der DTM-Präsentation beizuwohnen.

Mika Häkkinen beim Schreiben von Interviews, Foto: DTM
Mika Häkkinen beim Schreiben von Interviews, Foto: DTM

Die DTM kennt in Düsseldorf keine Unterschiede: Ob Fan, eiliger Journalist, Teammitglied oder Offizieller: Sie alle müssen sich auf dem rheinischen Prachtboulevard durch die Menschenmassen kämpfen - königliche rote Teppiche werden auf der Königsallee vergeblich gesucht. Ziel ist bei den letztgenannten Gruppen das Erledigen geschäftlicher Aufgaben; allen gemein ist jedoch das Ziel, schlicht und ergreifend Eindrücke zu sammeln:

Angesichts jener klassenlosen Gesellschaft erscheint auch der sympathische Versprecher von ARD-Moderator Claus Lufen nicht ganz abwegig: "Hat jemand noch kein Interview mit Mika Häkkinen? Ich glaube, er hat schon 1.697 geschrieben!" Die dennoch nicht verärgerten Fans mussten mit 1.697 häkkinenschen Autogrammen statt mit 1.697 "geschriebenen Interviews" vorlieb nehmen.

Den Anfang machten die Safety-Cars, Foto: DTM
Den Anfang machten die Safety-Cars, Foto: DTM

Vor das ARD-Mikrofon schafft es nicht nur der mutmaßlich schreibwütige Häkkinen - auch Autofahrer, deren Fahrzeuge weniger als 470 PS aufweisen, erhalten einige Chance: Ein blinder Seat-León-Pilot berichtet durchaus eindrucksvoll vom Fahren mit seiner Behinderung, ein mutig gekleideter, älterer Herr mit farbenfrohen Schuhen, Marke "Dolce & Gabbana", namens Harald Frentzen gibt Auskunft über seinen prominenten, nun in Audi-Diensten stehenden Sohn.

Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin sieht im Gespräch mit Lufen seiner Fahrt im DTM-Taxi ehrfürchtig entgegen und stellt einen Vergleich zwischen seiner zügigen Reisegeschwindigkeit auf Autobahnen sowie der Höchstgeschwindigkeit der DTM-Boliden an. Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich sieht sich trotz eines langen, feucht-fröhlichen Vorabends nicht zum Schonen seiner angeschlagenen Stimme veranlasst. Doch neben mehr oder weniger heiseren Stimmen aus den großzügig verteilten Lautsprechern hatte die DTM-Präsentation auch andere Geräuschkulissen zu bieten:

Eine perfekte Aussicht erforderte teilweise Kletterpartien, Foto: DTM
Eine perfekte Aussicht erforderte teilweise Kletterpartien, Foto: DTM

So drehen zunächst mit Audi RS4 und Mercedes C 55 AMG - bei offenbar ausgeschaltetem ESP - zwei Safety-Cars ihre Runden, bevor der für Motorsportfans beinahe romantische Klang eines Auto-Union-Silberpfeils des Jahrgangs 1938 ertönt. Erst dann kommen die automobilen Protagonisten zum Einsatz: Zwei Audi A4 DTM sowie zwei Mercedes C-Klassen bewerben sich bei rasanten Demonstrationsrunden um die Gunst der eifrig fotografierenden Fans.

Die Schreckhafteren unter ihnen ängstigen Christian Abt, Jean Alesi & Co mit couragierten Donuts hautnah an den Absperrgittern. Ein betagter Abt-Audi TT-R gesellt sich dabei ebenso hinzu wie ein Exemplar der neuen Seat-León-Supercopa-Flotte und verwischen die Alters- und Klassengrenzen in der Welt der Rennboliden.

Schon allein die kreative Wahl der Plätze mit der besten Aussicht sagt dabei viel über das Vergnügen der Fans aus: Ein kleiner Junge schreckte nicht davor zurück, es sich in luftiger Höhe auf einer Verkehrsampel bequem zu machen...