Crash-Festival beim Sonntagsrennen der DTM auf dem Sachsenring! Beim späten Sieg von Luca Stolz (HRT-Mercedes) sahen nur 13 der 20 gestarteten GT3-Autos den Zielstrich. Drama gab es obendrein, als Pole-Setter Thierry Vermeulen (Emil-Frey-Ferrari) auf dem Weg zum sichergeglaubten Sieg eine Penalty-Lap-Strafe kassierte und in der Schlussphase vom ersten auf den dritten Platz zurückfiel.

Die Freude des Niederländers über sein erstes DTM-Podest dürfte sich nach dem Vorfall in Grenzen gehalten haben. Für seinen Rennstall Emil-Frey-Ferrari wäre es der zweite Sieg beim drittletzten Rennwochenende der Saison gewesen. Am Samstag gewann Teamkollege Jack Aitken von der Pole Position. Vermeulen hingegen wurde kalt erwischt, als er spät durch die Penalty-Lap-Zone fahren musste, weil zuvor beim Boxenstopp ein Emil-Frey-Mechaniker das Rad nicht regelkonform gehalten hatte.

Kelvin van der Linde erobert DTM-Führung mit Platz zwei zurück

Vermeulen verlor die Führung an Sachsenring-Spezialist Stolz, der seinen zweiten Sieg auf dem Traditionskurs feierte und 2023 in beiden Rennen auf dem Podest stand, sowie P2 an Kelvin van der Linde (Abt-Audi). Der Deutsch-Südafrikaner belegte den zweiten Platz nach dem Start von ebendieser Position und eroberte damit die Führung in der DTM-Meisterschaft zurück.

Titelrivale Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) kam nach dem Start von P11 nicht über die siebte Position hinaus und konnte nicht an seinen Podestplatz vom Vortag anknüpfen. „Das fühlt sich an wie ein Sieg bei dem Gewicht, das wir im Auto hatten“, meinte der in Wien lebende Italiener, der in seinem dritten DTM-Jahr zum dritten Mal um den Titel mitmischt.

Maro Engel (Winward-Mercedes) belegte hinter dem amtierenden Champion Thomas Preining (Manthey-Porsche) den fünften Rang und wahrt ebenfalls seine Chancen auf die Meisterschaft. Nach dem zwölften Saisonrennen führt Kelvin van der Linde die DTM-Tabelle mit 170 Punkten vor Bortolotti (163 Punkte) und Engel (155 Punkte) an.

DTM-Debütant Pepper: Mittelfinger nach Rast-Crash!

Samstags-Sieger Aitken fuhr auf Platz sechs, gefolgt von Bortolotti und Ayhancan Güven (Manthey-Porsche). Der Türke stand nach mehreren Kollisionen jedoch unter Beobachtung der Rennleitung. Sheldon van der Linde (Schubert-BMW) trotz eines frühen Reifenschadens und Teamkollege Rene Rast kamen auf den Plätzen neun und zehn an. Dem dreifachen DTM-Champion Rast gelang vom letzten Platz eine ähnliche Aufholjagd wie am Vortag (von P20 auf P13), allerdings stand er in der zweiten Rennhälfte im Mittelpunkt des Geschehens und nach dem Ende unter Beobachtung der Rennleitung.

Wild ging es zu in Runde 24, als die Rennleitung das Safety Car auf die Strecke schicken musste. Vorausgegangen war eine unglückliche Dreifachkollision, bei der Rene Rast (Schubert-BMW) das Heck des goldenen GRT-Lamborghini von DTM-Debütant Jordan Pepper traf und ihn in Kurve 1 dadurch unkontrolliert in Vordermann Marco Wittmann (Schubert-BMW) bugsierte! Für den zweifachen DTM-Champion und Pepper war das Rennen vorzeitig beendet.

Wittmann war komplett frustriert und kühlte sich erst einmal im Gras neben der Strecke ab, während Pepper Rast den Mittelfinger zeigte und eine Ermahnung der Rennleitung dafür erhielt. Rast erhielt in dieser Saison bereits zum zweiten Mal während des Rennens diese Geste von einem Konkurrenten. Das erste Mal geschah dies beim Saisonauftakt in Oschersleben nach einem Kontakt mit Thierry Vermeulen, der damals wie Pepper eine Ermahnung erhielt. Pepper bei ProSieben: „Entweder hat Rast die Bremse oder sein Talent verloren. Wenn man gegen solche Top-Fahrer antritt, erwartet man Respekt. Ich bin noch nie in meinem Leben so hart getroffen worden. Ich war nur noch Passagier. Tut mir leid für Marco, der arme Kerl hatte nichts damit zu tun.“

Wittmann: "Für mich war die Schuld ganz klar bei Rene"

Kurz nach dem Rennende war Wittmann wieder abgekühlt und nach der Ansicht der TV-Bilder sagte er: „Wenn du so einen Schlag kriegst, kannst du nichts machen. Das war sau-ärgerlich, wir hatten bis dato echt ein gutes Rennen. Das war brutal enttäuschend, wir hätten um die Top-5 fahren können. Ich muss mich bei Jordan entschuldigen. Ich war erst mal sehr genervt von ihm, aber nach den Wiederholungen habe ich gesehen, dass er keinen Fehler gemacht hat. Für mich war die Schuld ganz klar bei Rene. Ich war das leidtragende Opfer.“

Rast entschuldigte sich in einer ersten Reaktion bei den beiden ausgefallenen Piloten. Der Sachsenring wurde teuer für die DTM-Teams: Nur 13 der 20 gestarteten Autos schafften es bis ins Ziel. Neben Wittmann und Pepper fielen auch Luca Engstler (GRT-Lamborghini), Ben Dörr (Dörr-McLaren), Maximilian Paul (Paul-Lamborghini), Ricardo Feller (Abt-Audi) und Arjun Maini (HRT-Mercedes) vorzeitig aus.

Das siebte und vorletzte Rennwochenende der DTM-Saison 2024 steigt vom 27. bis 29. September auf dem Red Bull Ring im österreichischen Spielberg.

DTM am Sachsenring: So lief das Rennen am Sonntag

Die Startaufstellung: Gestern Jack Aitken, heute Teamkollege Thierry Vermeulen: Emil-Frey-Ferrari hatte am Sachsenring ein Abo auf den ersten Startplatz. Der Niederländer erzielte seine erste Pole Position in der DTM und setzte sich im Qualifying mit acht Tausendstelsekunden vor Kelvin van der Linde durch. Die Titelrivalen des Abt-Audi-Piloten, Maro Engel und Mirko Bortolotti, starteten von den Plätzen sieben und elf. Auf den Startplätzen drei bis sechs: Luca Stolz, Jack Aitken, Luca Engstler und Thomas Preining. Auffällig: Die beiden DTM-Champions Marco Wittmann und Rene Rast von Schubert-BMW teilten sich die letzte Reihe. Rast musste gar beide Rennen in Sachsen von ganz hinten aufnehmen.

Der Start: Thierry Vermeulen verteidigte seine Pole Position nach dem fliegenden Start, während dahinter Kelvin van der Linde auf die Außenbahn gedrängt wurde und auf Platz vier zurückfiel. Luca Stolz machte eine Position gut und verbesserte sich auf P2, dahinter stürmte Luca Engstler sogar von P5 bis auf den dritten Platz nach vorne. Maro Engel beendete die erste Runde an sechster Stelle und konnte Thomas Preining hinter sich lassen. Mirko Bortolotti verbesserte sich um zwei Plätze auf P9. Rene Rast machte es wie am Vortag: Vom letzten Startplatz flog der BMW-Pilot bis auf P13 voran.

Die erste Rennhälfte: Rene Rast machte munter weiter mit seiner Aufholjagd, kassierte Lucas Auer in Runde 2 und übernahm P12. Spitzenreiter Thierry Vermeulen verschaffte sich mit der besten Rundenzeit frühzeitig einen Vorsprung von knapp 3 Sekunden zu Verfolger Stolz. Damit verfolgte er den gleichen Plan wie am Vortag Emil-Frey-Teamkollege Aitken. In Runde 6 meldete Sheldon van der Linde an zwölfter Stelle fahrend einen Reifenschaden und schaffte es im letzten Moment, schlingernd in die Boxengasse abzubiegen.

Nach 10 Runden führte Vermeulen mit 2,6 Sekunden vor Stolz, während dahinter Engstler auf P3 abreißen lassen musste und mit 6 Sekunden Rückstand hinterherfuhr. Kelvin van der Linde drängelte im Heck des GRT-Lamborghini, konnte aber nicht zu einem Überholmanöver ansetzen. In Runde 14 war es dann aber soweit: Der Abt-Audi-Pilot schnappte sich Engstler runter in die Ralf-Waldmann-Kurve und damit Platz drei. Im Mittelfeld setzte sich Marco Wittmann im Schubert-Duell gegen Rast durch und übernahm P11.

Direkt nach der Öffnung des Pflicht-Boxenstoppfensters (Runde 15) bogen Engstler, Aitken, Bortolotti, Rast, Paul, Dörr und Maini zum Reifenwechsel ab. Einen Umlauf später folgten Stolz, Kelvin van der Linde, Engel, Pepper, Preining und Thiim. Spitzenreiter Vermeulen reagierte in Runde 17, auch Auer, Schmid und Feller ließen frische Reifen aufziehen. Parallel flog Maini mit seinem HRT-Mercedes in Folge eines unbefestigten Rads hinten rechts in Kurve 8 von der Strecke. Mit Ausnahme von Marco Wittmann hatten bis zur 19. Runde bereits alle Fahrer ihre Pflicht-Boxenstopps absolviert.

Gewinner der Reifenwechsel-Phase war Maro Engel, der Vordermann Aitken über die Strategie überholen konnte und virtuell Platz vier hinter Vermeulen, Stolz und Kelvin van der Linde einnahm. Ricardo Feller musste seinen Abt-Audi nach Runde 21 an der Box abstellen. Wittmann holte sich von P1 in Runde 22 einen frischen Reifensatz für seinen Schubert-BMW ab und kehrte als Zehnter vor Jordan Pepper auf die Strecke zurück.

Der weitere Rennverlauf: Safety Car in Runde 24! Ende der Start/Ziel-Geraden traf Rene Rast den GRT-Lamborghini von Jordan Pepper am Heck, welcher dadurch unkontrolliert in Marco Wittmanns BMW geschubst wurde. Wittmann war im ersten Moment fuchsteufelswild und sparte sich ein Gespräch mit Pepper im Kiesbett stehend. Der zweifache DTM-Champion konnte sein Unglück nicht fassen und setzte sich erst einmal in die Wiese neben die Zuschauer. Pepper seinerseits schickte dem vorbeifahrenden Rast einen ‚freundlichen’ Mittelfinger-Gruß mit... Eine verrückte Szene am Sachsenring!

Beim Re-Start zur 30. Runde konnte Stolz dem Führenden Vermeulen nicht folgen, verteidigte den zweiten Platz aber gegen Kelvin van der Linde. Dahinter auf den Plätzen vier bis sechs: Preining, Engel und Engstler, der Aitkens Ferrari überholen konnte. Vermeulen stand wenig später unter Beobachtung der Rennleitung wegen eines Verstoßes gegen die Boxenstopp-Regularien - und kassierte eine Penalty Lap! Ein Emil-Frey-Mechaniker hatte das Rad beim Reifenwechsel nicht wie vorgegeben dauerhaft in der Hand gehalten.

Zu diesem Zeitpunkt führte Vermeulen mit 1,6 Sekunden vor Stolz, während Luca Engstler seinen GRT-Lamborghini nach Kontakt mit Güvens Porsche mit einem Schaden in die Box schleppen musste - ein gebrauchter Tag für den Rennstall aus Österreich. Als Vermeulen abseits der Ideallinie die Penalty-Lap-Zone durchfahren musste, fiel er hinter Stolz und Kelvin van der Linde bis auf den dritten Platz zurück. Danach tat sich nichts mehr bis zum Zieleinlauf.