Das Stadtrennen auf dem Norisring ist und bleibt das große Saisonhighlight im Rennkalender der DTM. Bereits an diesem Samstag beim 80. Int. ADAC Speedweekend in Nürnberg waren die Tribünen trotz hochsommerlicher Temperaturen von 31 Grad bestens gefüllt. Mehr als 100.000 Zuschauer werden am dritten Rennwochenende der Saison 2023 erwartet - eine Hausnummer, die man in Deutschland mit einer Großveranstaltung erst einmal erreichen muss.

Der Norisring gehört seit der ersten DTM-Saison im Jahr 1984 zum festen Bestandteil des Rennkalenders, und das soll auch in Zukunft so bleiben. "Der Norisring gehört für mich zur DTM", sagt ADAC-Motorsportchef Thomas Voss zu Motorsport-Magazin.com. Gespräche zwischen dem ADAC als neuem Inhaber der DTM-Markenrechte und dem veranstaltenden Motorsport Club Nürnberg (MCN) über die Zukunft sind längst im Gange.

DTM am Norisring: Langfristige Zukunft als Ziel

Das Ziel ist eine langfristige Partnerschaft, eine Vertragsverlängerung etwa um drei Jahre steht im Raum. "Die Zusammenarbeit mit dem ADAC funktioniert sehr gut", betont Jürgen Schielein, 2. Vorstandsvorsitzender der MCN Nürnberg GmbH, gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Beide Seiten verfolgen das Ziel, weitere Jahre dranzuhängen."

Da der ADAC erst im Dezember vergangenen Jahres die DTM praktisch von Gerhard Berger und der ITR übernommen hatte, musste für den Rennkalender 2023 eine kurzfristige Lösung her. Mit dem Norisring ist für diese Saison eine sogenanntes Short-Term-Agreement getroffen worden, um das Rennen entlang des Dutzendteiches nahtlos fortsetzen zu können. Darüber dürfte sich auch die Stadt Nürnberg freuen: Der Gegenwert beträgt rund fünf Millionen Euro, einschließlich der Gastronomie, Übernachtungen, dem Werbegegenwert und nicht zuletzt den Steuereinnahmen.

Die Steintribüne war schon am Samstag gut gefüllt, Foto: Gruppe C GmbH
Die Steintribüne war schon am Samstag gut gefüllt, Foto: Gruppe C GmbH

Promi-Auflauf beim DTM-Gastspiel am Norisring

Dass der Norisring in der DTM der 'Place to be' ist, wird an jeder Ecke deutlich. Branchengrößen wie Franciscus van Meel (Geschäftsführer der BMW M GmbH), Christoph Sagemüller (Leiter Mercedes-AMG Motorsport) oder Rouven Mohr (Chief Technical Officer von Lamborghini) haben wir im Fahrerlager entdeckt, dazu Führungskräfte aus der deutschen Zuliefererbranche wie Schaeffler-Vorstandsmitglied Matthias Zink.

Weitere prominente Besucher wie der frühere Formel-1-Fahrer Nick Heidfeld, der ehemalige Fußball-Nationalspieler Thomas Helmer oder der bekannte YouTuber 'PietSmiet' (2,4 Mio. Abonennten) runden das bunte Spektakel ab.

"Wenn die Grundvoraussetzungen für alle Parteien stimmen und wirklich alle zufrieden sind, machen wir gerne auch einen Zehn-Jahres-Vertrag", sagt ADAC-Motorsportchef Voss. "Wir wollen ja nicht alle zwei Jahre darüber nachdenken, ob wir mit der DTM weitermachen." Der ADAC hat sich bekanntermaßen zum Ziel gesteckt, die deutsche Traditionsserie langfristig in die Zukunft zu führen. Der Rennkalender für 2024 soll laut Voss "mindestens acht Veranstaltungen" enthalten und könnte im September veröffentlicht werden.

Norisring: Sheldon van der Linde gewinnt Samstagsrennen, Foto: DTM
Norisring: Sheldon van der Linde gewinnt Samstagsrennen, Foto: DTM

Hersteller-Meeting für Zukunft der DTM positiv verlaufen

Ein am Donnerstag vor dem Rennwochenende anberaumtes Hersteller-Meeting mit den involvierten Parteien soll positiv verlaufen sein, wie wir hören. Bei der Ausrichtung für die kommenden Jahre soll man sich weitestgehend einig gewesen sein, heißt es von unterschiedlicher Stelle.

Dabei soll der Norisring weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Der Erfolg des einzigen Stadtrennens im Rennkalender steht außer Zweifel, ist aber nicht ganz billig. Bis zu 1,4 Millionen Euro soll die Austragung kosten. Die Organisation ist ungleich größer im Vergleich zu einem Event auf einer permanenten Rennstrecke, allein für den Aufbau der temporären Tribünen werden mehrere hunderttausende Euro veranschlagt. Auch der Personalaufwand ist beträchtlich, wenngleich zahlreiche ehrenamtliche Helfer unterstützen.

Drei- bis viermal höher als auf einem klassischen Rennkurs soll der Aufwand sein. Voss: "Das ist deutlich aufwendiger. Wenn es aber machbar ist, die Behörden es zulassen und die Bevölkerung das möchte - das ist für mich das Wichtigste - dann sind wir gerne bereit, diesen Mehraufwand auf uns zu nehmen. Am Ende muss man das Ganze natürlich wirtschaftlich betrachten. Das können wir erst nach dieser Veranstaltung machen, weil die Erfahrung fehlt."

Der Norisring soll im DTM-Rennkalender bleiben, Foto: Gruppe C GmbH
Der Norisring soll im DTM-Rennkalender bleiben, Foto: Gruppe C GmbH

Nachhaltigkeit: Motorsport wird kritisch beäugt

Deutlich höher ist auch der organisatorische Aufwand, um ein Autorennen mitten in der City zu realisieren. Die Stadt Nürnberg und die Politik spielen dabei eine ganz entscheidende Rolle. Und es ist kein Geheimnis, dass der Motorsport heutzutage deutlich kritischer mit Blick auf die Nachhaltigkeit beäugt wird als in vergangenen Zeiten. Es gibt durchaus Gegenwind aus der Politik, der bislang allerdings nicht überwiegt. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) spricht sich seit längerer Zeit für ein Verbot des Norisring-Speedweekend aus, sogar Anträge wurden gestellt.

Der ADAC als zweitgrößter Automobilklub der Welt und auch der Nürnberger MCN sind sich dieser Konstellation bewusst. Zahlreiche Maßnahmen sind umgesetzt worden, um die Nachhaltigkeit und den Klimaschutz verstärkt in den Fokus zu rücken. So kommt in der DTM ein Kraftstoff zum Einsatz, der aus ca. 50 Prozent erneuerbaren zertifizierten Anteilen besteht und rund 20 Prozent CO2 gegenüber herkömmlichem Tankstellen-Treibstoff einspart. Schon 2024 könnte der Wechsel auf einen Sprit mit 100 Prozent erneuerbaren Anteilen erfolgen.

Zum weiteren Nachhaltigkeitskonzept zählen unter anderem Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel im Eintrittspreis, der Einsatz von Elektrostaplern während der Aufbauphase, ein Umweltbeauftragter zur Kontrolle der Richtlinien, Mülltrennung oder auch ein im Genehmigungsbescheid der Stadt Nürnberg verankerter Lärmschutz. Außerdem werden Gewerke aus der Region für den Aufbau bevorzugt, wenn es die Kosten zulassen.

Der Norisring gehört in der DTM längst zum Inventar, Foto: DTM
Der Norisring gehört in der DTM längst zum Inventar, Foto: DTM

Stören Klima-Aktivisten das DTM-Rennwochenende?

Derartige Maßnahmen halten Klima-Aktivisten allerdings nicht davon ab, auch gegen das DTM-Event auf dem Norisring zu demonstrieren. Schon 2022 gab es kleinere Fahrrad-Demos und eine Mahnwache rund um die Strecke. Der Ablauf des Rennwochenendes wurde allerdings nicht gestört. Darauf hoffen die Verantwortlichen auch in diesem Jahr. Am Samstag gab es keine Vorfälle auf der Strecke, Bedenken für den Renn-Sonntag bleiben. Die Anzahl der Sicherheitskräfte ist erhöht worden, auch die Polizei ist mit deutlich mehr Personal im Einsatz.

"Sorgen mache ich mir eigentlich nicht", sagt Voss. "Man muss sich aber bewusst sein, dass etwas passieren kann. Bei der Formel E in Berlin ist etwas passiert, auch wenn sich viele fragen, warum ausgerechnet dort. Natürlich muss man Vorkehrungen treffen, und wir sind vorbereitet. Ebenso ist es wichtig, auf die Leute zuzugehen und gegenseitiges Verständnis zu zeigen. Ich glaube, dann findet man auch einen Konsens. Und das gilt nicht nur für den Motorsport."