Pascal Wehrlein hat die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Formel 1 nicht aufgeben. Nach einer bislang enttäuschenden DTM-Saison geht er nun eigene Wege. Wohin die führen, ließ er am Freitag am Rande des vorletzten DTM-Events in Spielberg offen.

An den Red Bull Ring hat Wehrlein schöne und schlechte Erinnerungen. Das Skandal-Rennen in der DTM mit dem Thema "Schieb ihn raus", bei dem er das Opfer war, wird ihn genauso ewig begleiten wie sein erster WM-Punkt, den er vor zwei Jahren in der Königsklasse in Spielberg einfuhr.

Damals wähnte sich Wehrlein am Beginn einer schillernden Grand-Prix-Karriere. Wenn der 23-Jährige an diesem Wochenende mit dem Mercedes-AMG C 63 DTM über den idyllischen Kurs in der Steiermark rast, steuert er auf eine ungewisse Zukunft zu.

Wehrlein ging auf eigenen Wunsch

Es sei "an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen", sagte der Worndorfer, als er vor ein paar Tagen die Trennung mit dem schwäbischen Autobauer verkünden ließ - wie Motorsport.Magazin.com weiß, auf eigenen Wunsch. Und das, obwohl Wehrlein Optionen beim Stern hatte, wie nach Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nun auch Mercedes-AMG DTM-Teamchef Ulrich Fritz in Spielberg bestätigte. Warum also die Trennung?

Eine Option war ein HWA-Cockpit für die Formel E, die Mitte Dezember in Riad in ihre fünfte Saison startet. Offenbar wusste Wehrlein aber, dass damit nicht automatisch auch ein Cockpit für die sechste Saison verbunden ist, wenn Mercedes werksseitig in die Elektrorennserie einsteigt. Noch viel wichtiger war für den Schwaben allerdings die Feststellung, dass es für ihn keine Möglichkeit gibt, einen Formel-1-Platz beim Mercedes-Werksteam zu ergattern.

Formel E: Folgt Wehrlein auf Heidfeld?

Deshalb schaut sich Wehrlein nun auf eigene Faust nach Alternativen um. Mitte des Jahres hat er für die Formel-E-Teams Venturi und HWA getestet. Und in der zurückliegenden Woche für Mahindra bei deren privatem Test im spanischen Calafat.

Die indische Mannschaft will als Nachfolger von Nick Heidfeld erneut einen deutschen Fahrer verpflichten. Nach der Absage von DTM-Champion Rene Rast, der nach Informationen von Motorsport-Magazin.com weiter für Audi in der DTM an den Start geht, ist nun offenbar Wehrlein ein Wunschkandidat.

"Ich möchte am Ende des Jahres so viele Optionen wie möglich haben", verriet er in Spielberg. "Dabei könnte ich mir auch eine Doppelrolle vorstellen." Bei der Konstellation Formel 1 und Formel E gibt es allerdings zu viele Überschneidungen. Und ein Engagement für Audi oder BMW in der DTM sei "eher unrealistisch", meinte Wehrlein. Blieben noch die IndyCar-Serie oder ein Engagement in Japan, wenn es mit der Formel 1 nichts werden sollte.

Aussicht auf Formel-1-Cockpit erscheint minimal

Freie Arbeitsplätze in der Königsklasse für 2019 gibt es aber kaum noch. Toro Rosso sucht eher nach Fahrern aus dem eigenen Red-Bull-Fahrerkader. Haas hat enge Beziehungen zu Ferrari und setzt nach Aussage von Teamchef Günther Steiner als noch junger Rennstall ohnehin lieber auf ältere und erfahrene Piloten. Die öffentlich vollzogene Trennung von Mercedes soll Wehrlein helfen, sich völlig frei auf dem Markt zu positionieren. Weil er aber wohl auch keine satte Mitgift einbringen kann, erscheint die Aussicht auf die Formel 1 minimal.

So hoffnungsvoll seine Karriere in der DTM gestartet ist, so bitter ist der momentane Ist-Zustand. Hinter Wehrlein liegen frustrierende Monate, die eigentlich für ihn zum zweiten Mal zum Sprungbrett in die Formel 1 werden sollten.

Als Achter der Gesamtwertung besitzt er vor den letzten vier Rennen nur noch theoretische Titelchancen. Seine britischen Teamkollegen Gary Paffett und Paul di Resta, die an der Spitze nur zwei Punkte trennen, machen wohl die Meisterschaft unter sich aus. 2015 war das noch ganz anders. Damals fuhr Wehrlein als bis heute jüngster Fahrer zum DTM-Triumph.

Kein Vertrauen von Mercedes in das Können von Wehrlein?

Es folgte der Aufstieg in die Formel 1, zunächst zum Außenseiter Manor, dann zum Schweizer Sauber-Rennstall, immer unterstützt von Mercedes. Doch die erträumte Beförderung in den Silberpfeil blieb aus, auch als Nico Rosberg nach seinem WM-Gewinn 2016 urplötzlich sein Cockpit räumte. Mercedes hatte offenbar nicht genug Vertrauen in den jungen Wehrlein, verpflichtete stattdessen für viele Millionen den Finnen Valtteri Bottas als Teamkollegen für Lewis Hamilton.

Als dann auch Sauber keinen Platz mehr für Wehrlein hatte, blieb nur der schwierige Schritt zurück in die DTM. Dort aber konnte er keine Argumente für neue Chancen sammeln, leistete sich Fahrfehler und ließ zudem seinen Frust bisweilen am HWA-Team und seinen Markenkollegen aus. So war die Trennung von Mercedes nur folgerichtig, zumal der Stuttgarter Autobauer zum Saisonende ohnehin die DTM verlässt.

"Der Weg an die Spitze verläuft nicht immer in geraden Bahnen", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zur Trennung von Wehrlein. Sein Noch-Schützling muss aufpassen, nicht in einer Sackgasse zu landen.