Im Zuge der Regel-Revolution in der DTM sind sie schon fast etwas untergegangen: Die neuen Rennautos für die Saison 2017. Tatsächlich haben Audi, BMW und Mercedes ihre Boliden komplett überarbeitet, mehr als 70 Prozent neue Teile haben ihren Weg an die Autos gefunden.

Vor allem die Aero der 2017er-Generation ist interessant zu betrachten. Das Ziel über den Winter lautete, rund 20 Prozent weniger Abtrieb zu generieren. Ein Fünftel weniger Downforce ist es allerdings nicht geworden. Intern heißt es, dass das Abtriebsniveau der neuen Autos denen der alten ziemlich ähnlich ist. Die Ingenieure haben wieder einmal (zu) gute Arbeit geleistet, wie sich an den Autos im Detail erkennen lässt.

Diesmal mussten die Hersteller wirklich kreativ werden. Denn: Laut Reglement mussten Audi, BMW und Mercedes auch noch einheitliche Frontsplitter, Unterböden und Heckdiffusoren verbauen. Zudem wuchs die Bodenplatte um 5 Millimeter an, was zu ebenso größerer Bodenfreiheit führte.

Noch mehr Einheitsteile? Das klingt erst einmal danach, als ob letztendlich nur noch die Logos der Marken sich an den Autos unterscheiden. Tatsächlich haben sich die Hersteller aber ganz verschiedene Lösungen einfallen lassen, um den reglementbedingten Abtriebsverlust so gut wie möglich zu vermeiden. Motorsport-Magazin.com hat sich den Audi RS 5 DTM, den BMW M4 DTM sowie das Mercedes-AMG C-Coupé beim Saisonauftakt in Hockenheim ganz genau angeschaut.

BMW zeigt das 2016er und das 2017er Auto im direkten Vergleich (links: 2017, rechts: 2016), Foto: BMW AG
BMW zeigt das 2016er und das 2017er Auto im direkten Vergleich (links: 2017, rechts: 2016), Foto: BMW AG

Die Frontpartie

Zwar wurden die Frontsplitter vereinheitlicht, aber an den Flanken der Stoßfänger durfte kräftig gebastelt werden. Vor allem am Mercedes sticht eine extreme Detailarbeit ins Auge. So filigran wie das C-Coupé tritt kein anderes Auto auf. Zahlreiche größere und auch kleine Flics sollen die Luft kontrolliert an der Seite vorbeiführen. Vor allem die kleinen Zusatz-Flics waren in dieser Form bisher eher unüblich in der DTM.

Ein kleines Aero-Meisterwerk an der Mercedes-Front, Foto: Motorsport-Magazin.com
Ein kleines Aero-Meisterwerk an der Mercedes-Front, Foto: Motorsport-Magazin.com

Mercedes ist an der Front ein kleines Meisterwerk gelungen - gleichzeitig aber ein anfälliges für Berührungen. Wenn in einem Zweikampf ein paar der Flics flöten gehen, dürfte sich das noch stärker auf der Aero auswirken als ohnehin schon.

Während Mercedes im Vergleich zum Vorjahr stark umgebaut hat, blieb BMW seinem Prinzip treu soweit es das Reglement zuließ. Wie schon 2016, dominieren zwei ausladende Flics die Seiten der Frontpartie. Neu sind ein Steg, der den unteren Flic mit dem Frontsplitter verbindet sowie ein kleiner Flic am Splitter. Auch auffällig: Entlang der vorderen Radhäuser setzt BMW jetzt auf zusätzliche Luftleitbleche als Verlängerung des oberen Flics.

BMW bleibt seinem bewährten Konzept an der Front treu, Foto: Motorsport-Magazin.com
BMW bleibt seinem bewährten Konzept an der Front treu, Foto: Motorsport-Magazin.com

Audi hielt es ähnlich wie BMW und behielt seine Grundlösung bei. Der große untere Flic ist mittels eines Stegs mit einer kleineren Flic-Variante direkt verbunden. Außerdem ist dieser nun nicht mehr direkt an der Stoßstange befestigt, sondern sitzt komplett auf dem unteren Teil. Der Steg aus dem Vorjahr zwischen Frontsplitter und unterem Flic ist nun weiter nach innen gerückt. Zudem haben zwei kleine diagonale Luftleitbleche ihren Weg an die vorderen Radhäuser des RS 5 DTM gefunden. Zwei weitere Bleche findet man beim zweiten Hinschauen auf der Rückseite des Radhauses - das hat kein anderer Hersteller.

So sieht die Front des neuen Audi RS 5 DTM aus, Foto: Audi
So sieht die Front des neuen Audi RS 5 DTM aus, Foto: Audi

Die Seiten

Die neuen Seitenspiegel sind das offensichtliche Beispiel für die verringerte Aerodynamik. Die 2017er Spiegel wirken im Vergleich zu ihren Vorjahres-Pendants schon fast plump und hinterlassen wieder den Eindruck, hauptsächlich für die Sicht verantwortlich zu sein - und nicht als Träger für noch mehr Aero-Komponenten. Die einfacheren Spiegel findet man bei Audi, BMW und auch Mercedes.

Um einiges filigraner geht es bei den Seitenkanälen zu. Mercedes bleibt seinem geschwungenen Kanal treu und hat auch die Flic-Anordnung von 2016 grundsätzlich übernommen. Zwei lange Leitbleche in der Mitte des Seitenkanals sowie zwei kleinere vorne und hinten prägen das Bild des C-Coupés.

Hier zu sehen: Der geschwungene Seitenkanal am Mercedes, Foto: Speedpictures.de
Hier zu sehen: Der geschwungene Seitenkanal am Mercedes, Foto: Speedpictures.de

"Es gibt unterschiedliche Details", sagte Mercedes-Chef Uli Fritz zu Motorsport-Magazin.com auf die Frage nach den Lösungen der einzelnen Hersteller. "Interessanter ist aber, dass sie bei den verschiedenen Formen unterschiedlich funktionieren. Wir haben manche Dinge probiert, die wir jetzt an anderen Autos sehen, die bei uns zum Beispiel nicht funktioniert haben."

Bei Audi hat sich an den Fahrzeugseiten im Vergleich zu 2016 einiges getan. Der Vorjahres-Bolide wirkte wegen zahlreicher Leitbleche extrem zerklüftet, der Nachfolger erscheint insgesamt aufgeräumter mit einem deutlich sichtbaren Seitenkanal.

Die Flanke des Audi wirkt aufgeräumter als beim 2016er Modell, Foto: Motorsport-Magazin.com
Die Flanke des Audi wirkt aufgeräumter als beim 2016er Modell, Foto: Motorsport-Magazin.com

BMW passte die Luftführung ebenfalls mit einem neuen Seitenkanal an. Das neue Design ist zusätzlich von drei Luftleitblechen umgeben, um für eine bessere Strömung zu sorgen. "Schön, dass es drei unterschiedliche Lösungen gibt", sagte BMW Sportdirektor Jens Marquardt zu Motorsport-Magazin.com. "Es ist deutlich filigraner geworden."

Komplett neue Seitenführung am BMW M4 DTM, Foto: Motorsport-Magazin.com
Komplett neue Seitenführung am BMW M4 DTM, Foto: Motorsport-Magazin.com

Die hinteren Radkästen

Rund um die hinteren Radhäuser ließ das neue DTM-Reglement den Technikern den größten Spielraum. Entsprechend wurden sie auf maximalen Abtrieb getrimmt. "Wir haben die Aerodynamik in vielen Bereichen im Detail weiter ausgelotet", bestätigte Audi-Projektleiter Stefan Gugger. Dabei schlugen die Ingolstädter eine komplett andere Richtung ein als BMW und Mercedes.

Hinter den Hinterrädern sind keine kleinen Leitbleche angebracht, stattdessen zwei große Luftöffnungen. Beim 2016er-Audi verlief lediglich ein kleiner Kanal an der unteren Seite der Heckschürze entlang.

Audi verzichtet auf Flics am hinteren Radkasten, Foto: Motorsport-Magazin.com
Audi verzichtet auf Flics am hinteren Radkasten, Foto: Motorsport-Magazin.com

Mercedes blieb seinem 2017er Flic-Konzept an der Front treu und verbaute gleich fünf kleine Luftleitbleche am hinteren Radkasten.

Mercedes setzt seine Flic-Offensive auch am Radkasten fort, Foto: Motorsport-Magazin.com
Mercedes setzt seine Flic-Offensive auch am Radkasten fort, Foto: Motorsport-Magazin.com

BMW entschied sich für ein ähnliches Konzept, wählte aber einen etwas dezenteren Weg mit kleineren Luftführungen. Beide Hersteller hatten schon 2016 auf das Leitblech-Konzept am hinteren Radkasten gesetzt.

BMW geht es mit den Flügelchen etwas dezenter an als Mercedes, Foto: Motorsport-Magazin.com
BMW geht es mit den Flügelchen etwas dezenter an als Mercedes, Foto: Motorsport-Magazin.com

Das Heck

Heckflügel und Diffusor sind Einheitsbauteile, drum herum durften sich die Ingenieure austoben. Das war vor allem am BMW M4 zu sehen, der 2017 auf ein ganz neues Konzept setzt - erstmals vertrauen die Münchner auf richtige Radhausentlüftungen. Der gesamte Diffusor ist zudem kürzer und flacher als im Vorjahr. Diese Lösung erinnert etwas an das Mercedes-Design von 2016, auch, wenn die Öffnungen länglich statt hoch designt wurden.

BMW setzt erstmals richtige Radhausentlüftungen ein, Foto: Motorsport-Magazin.com
BMW setzt erstmals richtige Radhausentlüftungen ein, Foto: Motorsport-Magazin.com

Das hat auch seinen Grund: BMW hat zunächst kaum sichtbar hinter den Entlüftungsöffnungen zwei kleine Leitbleche angebaut, die zudem den Luftstrom vom hinteren Radkasten in Richtung der Öffnungen führen. Dieses Konzept verfolgen weder Audi noch Mercedes.

Verstecktes Detail hinter den Öffnungen am BMW, Foto: Motorsport-Magazin.com
Verstecktes Detail hinter den Öffnungen am BMW, Foto: Motorsport-Magazin.com

Die Radhausentlüftungen von Mercedes wirken wie eine Evolution des letztjährigen Modells. In die ehemals länglichen, viereckigen Öffnungen hat nun ein Knick nach unten Einzug gehalten. Das wirkt zumindest von außen betrachtet filigraner als die 2016er-Lösung.

Mercedes hat seine Radhausentlüftungen weiterentwickelt, Foto: Motorsport-Magazin.com
Mercedes hat seine Radhausentlüftungen weiterentwickelt, Foto: Motorsport-Magazin.com

Audi hat sich ebenfalls etwas Spannendes einfallen lassen und sein früher schon zerklüftetes Heck noch weiter durchgestylt. Zwar hat der RS 5 DTM eine vergleichsweise kleine Entlüftung erhalten, setzt aber auf eine Art erweiterten Diffusorbereich mit zwei zusätzlichen Leitblechen. Der äußere Heckbereich des Autos kommt runder daher, wobei die Leitbleche noch stärker gezackt sind als 2016.

Audi geht beim Heck einen anderen Weg als BMW und Mercedes, Foto: Motorsport-Magazin.com
Audi geht beim Heck einen anderen Weg als BMW und Mercedes, Foto: Motorsport-Magazin.com

Die Maße im Überblick (in Millimetern)

AutoLängeBreiteHöhe
Audi RS 5 DTM5.0101.950 1.150
BMW M4 DTM4.7251.950 1.200
Mercedes-AMG C-Coupé5.0801.9501.250